[ Minho ]

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Für: @_just_an_other_girl_

× × ×

Der Wind peitscht den Sand hin und her, wie tausend Nadelstiche bedecken die feinen Körner meine nackte Haut und lässt mich schmerzerfüllt aufzischen. Meine Hand verkrampft sich um das Handgelenk meines Vordermanns; keine Ahnung, wer es ist, doch ich will den Anschluss auf keinen Fall verlieren.

Wir waren gerade erfolgreich aus der Zentrale von WCKD ausgebrochen und irren nun in der Wüste herum, ziellos, wie es scheint. Warum hat Thomas uns nur hierher gebracht? Hat er überhaupt einen Plan, wo wir sind? Ich denke nicht. Man kann hier ja kaum die Hand vor Augen sehen.

"Da ist was!", brüllt Teresa plötzlich und im nächsten Moment hält mein Blindenhund an. Ich stolpere vorwärts und meine Schulter stößt gegen die glatte Oberfläche von Glas; ein Fenster, welches schräg aus der Düne ragt. Vage kann ich Teresas Umrisse erkennen, wie sie an der Scheibe entlang läuft, ihre Fingerspitzen bleiben stetig in Kontakt mit der Wand. Dann stoppt sie; kurz scheint sie zu zögern, doch dann winkt sie uns zu.
"Da kann man rein!", schreit Teresa gegen das Pfeifen des Sturmes an, denn verschwindet sie im Inneren des halb verschütteten Gebäudes, ohne eine Antwort abzuwarten.
"Teresa, warte mal!", brüllt Thomas erschrocken auf und rennt ihr hinterher, wir anderen folgen ihm gezwungenermaßen. Einer nach dem anderen rutscht durch ein großes Loch in der Glasfront, eine dunkle, klaffende Öffnung, wie der Rachen eines Ungetüms. Ich hole tief Luft, ehe ich mich nach vorne fallen lasse und ungeschickt einen Sandhügel hinunterrutsche, bis ich neben der Gruppe zu stehen komme.

Nun ist es noch düsterer als zuvor, aber wenigstens kann nun aufrecht stehen, ohne gleich umgepustet zu werden. Im Gegensatz zu vorher ist es gespenstisch still in dem Gebilde, was früher wohl mal eine Art Einkaufszentrum gewesen sein muss. Ich erkenne die einzelnen Räumlichkeiten der vielen Läden, breite Gehwege mit verzierten Geländern, alte Rolltreppen, die nun bewegungslos im halbdunkeln ruhen. Eine Anspannung liegt in der Luft wie knisternde Elektrizität, und ein mulmiges Gefühl breitet sich in meiner Bauchgegend aus.
Während Thomas auf Teresa einredet, sehe ich mich um. Doch so sehr ich auch suche und horche, ich kann kein Leben ausmachen. Nur Stille.
"Hier ist niemand", raunt mir plötzlich jemand ins Ohr und ich erstarre. Fast sofort rinnt mir eine leichte Gänsehaut über die Arme, als ich Minhos Stimme erkenne, deutlich kann ich seinen Blick in meinem Rücken spüren. Im Labyrinth waren wir uns unendlich nahe gekommen mit der Zeit, es hätte sicher nicht mehr lange gedauert, bis ich alle Vorsicht über Bord geworfen und ihn geküsst hätte, obwohl gerade wir wissen müssten, dass Liebe in dieser Welt keine Zukunft hat. Doch dann fanden wir den Weg hinaus; und seitdem sehen wir uns nicht mal mehr in die Augen. Ich weiß nicht, warum. Es war, als wären wir zwei Fremde, die einzig und allein dasselbe Schicksal teilten.

"Lasst uns mal die Lage auskundschaften. Vielleicht finden wir ja noch etwas brauchbares in der Nähe."
Ich kann deutlich die Unsicherheit aus Newts Worten heraushören, auch wenn er versucht, neutral zu klingen. Synchron nicken wir alle.
"Okay. Na dann..."
Thomas dreht uns den Rücken zu, ich höre ein leises Knipsen und kurz darauf fällt der schwache Strahl seiner Taschenlampe auf den staubigen Boden. Wir tun es ihm gleich und schalten ebenfalls unsere Lampen ein, danach trotten wir langsam den Weg entlang.
Es dauert nicht lange, da sticht mir schon etwas ins Auge.

"Seht mal!", rufe ich leise, meine Stimme wird von den hohen Wänden zurückgeworfen und echot leise vor sich hin. Mit meinem Licht deute ich auf einen Haufen Matratzen, daneben liegen verstreut Kleidung und anderes Equipment. Die Jungs schnappen leise nach Luft.
"Da hat wer gelebt?"
"Betonung auf hat."
Ich picke einen Stofffetzen vom Grund auf und hundermillionen Staubpartikelchen wirbeln auf, tanzen im bläulichen Lichtschein. Sofort ziehen sich alle Mundwinkel nach unten, nur Minho scheint noch recht enthusiastisch zu sein.
"Ich würde sagen, wir verteilen uns. Ich sehe mich einmal da hinten um. Wer kommt mit?"

Oneshots +Where stories live. Discover now