[ Newt ]

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Für: @xSilberwolfx

× × ×

Wutentbrannt schlage ich gegen den rauen Baumstamm, immer und immer wieder. Die Rinde kratzt meine Haut auf und meine Handgelenke knacken protestierend, doch das ist mir egal. Auch meine geschwollenen Fingerknöchel sind mir egal. Mir ist einfach alles so scheißegal gerade, ich könnte, ich könnte... arrrgh!

Schwer atmend sinke ich zu Boden und lege den Kopf in den Nacken, spähe durch die Blätter des hohen Baumes hindurch in den Nachthimmel. Bis auf das gedämpfte Gemurmel der Lichter am Lagerfeuer ist es still, nicht einmal meinen eigenen Atem höre ich. Es ist, als wäre ich tot; kein Blutrauschen im Ohr, kein Geschrei, kein Knurren und Fauchen und Fluchen; all das, was ich in meiner Situation für gewöhnlich getan hätte.

Stattdessen sitze ich einfach nur stumm da, bewege mich nicht. Die Stimmen werden mit der Zeit leiser, das Flackern des hellen Feuers erlischt und taucht die gesamte Lichtung in Dunkelheit. Obwohl es warm ist, bekomme ich eine leichte Gänsehaut und schlinge fröstelnd die Arme um meinen Körper. Doch ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Kälte von innen heraus kommt, von meinem vereistem Herzen, dass nur sehr mäßig vor sich hinpocht, zerquetscht zwischen Ärger und Enttäuschung.

Es ist nicht okay, über jemanden zu wetten.
Schon gar nicht auf solch eine Art.

Als ich von Gally erfahren habe, dass Minho und Newt einen Deal hätten, wer mich zuerst küsst, hat gewonnen, wollte ich ihm erst gar nicht glauben. Ich habe ihm den Vogel gezeigt und gemeint, er habe sich dass doch nur ausgedacht, um meine tiefe Freundschaft zwischen mir und den Zweien zu zerstören. Doch dann kam mir der Zweifel und ich habe einen Versuch gestartet; ich habe Minho geküsst. Nur ganz kurz, aber das genügte: Ich war ihm hinterhergeschlichen und hatte die Jungs voll dabei erwischt, wie sie den Wettenlohn ausgehandelt haben. Als sie mich bemerkten haben sie herumgestottert und sogar der vorlaute Asiate wurde etwas verlegen, sie beide konnten mir nicht erklären, was das sollte.

Und jetzt sitze ich hier, koche innerlich über und zerschmettere unschuldige Bäume zu Kleinholz. Welch ungerechter Mensch ich doch bin!

Schwere Schritte ertönen und ehe ich reagieren kann, taucht Newts Gesicht in der Dunkelheit auf. Fauchend schleudere ich einen Stein nach ihm, dem er jedoch geschickt ausweicht und mit erhöhtem Tempo auf mich zugelaufen kommt. Ich hole schon zum zweiten Wurf aus, da packt er mich an den Handgelenken und drückt sie zu Boden. Erschrocken quieke ich auf und winde mich unter seinem Griff, doch er ist eindeutig zu stark für mich und presst mich unnachgiebig in die kühle Wiese.

"Lea, bitte! Hör mir zu..."
Seine Stimme klingt ungewohnt weinerlich und für einen Herzschlag lang halte ich inne. Stumm blicke ich ihm in seine dunklen Augen, die mich voller Reue und Sorge mustern, doch dann knurre ich wieder auf und reiße an meinen Handgelenken.
"Ich will nichts mehr von dir wissen!", spucke ich ihm schon förmlich ins Gesicht, erfolglos zappel ich unter ihm wie ein Fisch an Land.
Newt schüttelt verzweifelt den Kopf und lehnt sich mit seinem gesamten Gewicht aud mich, sein Körper presst sich komplett gegen meinen, kein Blatt hätte mehr zwischen uns gepasst.
"Lea, hör mir zu! Ich kann das erklären. Wirklich!"
Wieder lasse ich mich kurz von seiner schwachen Stimme betören, fasse mich aber schnell wieder und funkel ihn von unten herauf wütend an.
"Ach ja?", gifte ich und er nickt heftig.
"Ja. Schau mal..."
"INTERESSIERT MICH NICHT!"

Nun bin ich echt auf 180. Wie kann der Strunk es wagen zu behaupten, er könne solch eine Kinderei vernünftig erklären? Meine Kiefer mahlen aufeinander und beinahe meine ich schon meine Zähne knirschen zu hören. Der Blonde seufzt resigniert und legt plötzlich seine Stirn an meine, sodass nur mehr wenige Millimeter unsere Gesichter trennen.

Mir bleibt vor Schreck das Herz stehen, nur um dann wie ein gehetztes Huhn weiterzuflattern. Ein Kribbeln schießt durch meinen Nacken als Newts warmer Atem gegen meine erhitzten Wangen prallt und seine braunen Welpenaugen sich in meine bohren.
"Lea... es war... keine Wette. Also, irgendwie schon, aber... ich..."
"Was du?!", versuche ich ihn anzufauchen, doch es wird nur ein leises Piepsen daraus. Was passiert hier gerade??

"Minho wollte wetten, wenn er dir ein Liebesgeständnis macht, wie du darauf reagieren würdest. Und ich... ich wollte... also..."

Er holt tief Luft, als koste es ihm all seine Kraft, diese Worte auszusprechen.

"Ich... ich wollte wissen, was du über mich denkst. Und so hab ich die Wette umgeformt, wer dich als erstes küsst. Dann... also anhand wen du eher auswählst..."

Seine Stimme bricht, er rollt sich plötzlich von mir herunter und steht ruckartig auf. Stumm sehe ich ihm zu, wie er sich immer wieder aufgelöst durch sein verstrubbeltes Haar fährt und dabei leise vor sich hin flucht.
"Es war so feige, verdammt! Aber... aber wie man sieht... bin ich ja alleine mit meinen Gefühlen..."

Die Bitterkeit in seinen Worten versetzt mir einen Stich und als er sich umdreht und Anstalt macht abzuhauen, packe ich ihm am Ärmel. Verwirrt blickt er zu mir herunter und gebauso ratlos sehe ich zurück.
"Äh...", mache ich, dann rappel ich mich hoch und schupse ihn vor mich her. Newt sieht mich irritiert an, wehrt sich aber nicht gegen mein Tun.

"Was machst du?", fragt er dann doch und ich grinse still in mich hinein.
"Baden gehen", murmel ich undeutlich und da sehe ich auch schon das Glitzern der spiegelglatten Wasseroberfläche des Sees. Der Blonde starrt mich an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank, da sprinte ich auch schon los und springe - samt Gewand - ins kühle Nass. Eine Fontäne Schlammwasser spritzt hoch, schwappt über mir zusammen und dämpft abrupt jegliche Geräusche um mich herum. Einen Moment lang lasse ich mich in der blubbernden Welt der Untersee treiben, dann strampel ich mich wieder hoch und durchbreche luftschnappend die Wasseroberfläche. Newt steht am Ende des kleinen provisorisch Stegs und sieht mich stirnrunzelnd an.

"Was, äh...", stottert er, da klettere ich auch schon hinauf und packe ihn am Handgelenk. Ehe er reagieren kann, ziehe ich ihn kopfüber in den See und mit einem erstickten Schrei verschwindet er in der braunen Trübe.

Ich lache auf und beobachte die Luftblasen, die durch seinen ungewollten Fall aufgewirbelt worden waren, warte bis er wieder auftaucht.

Aber er taucht nicht auf.

Anfangs noch denke ich es ist ein dummer Scherz, doch langsam kommt mir der Zweifel. Kann er nicht schwimmen mit seinem steifen Fuß? Hab ich ihn gerade umgebracht?!
Mein Atem verschnellert sich hektisch und ich kralle mich mit einer Hand in die Holzplanke des Steges, da spritzt plötzlich Wasser direkt vor mir hoch und ich japse erschrocken auf. Mein Körper wird wieder zusammengepresst, diesmal ist es hartes Holz, dass sich in meinen Rücken drückt.
Zwei dunkle Augen stehen direkt vor mir, funkeln mich herausfordernd an.
"Das bekommst du zurück", haucht Newt tonlos, seine raue Stimme jagd mir einen angenehmen Schauer über den Rücken. Sein blondes Haar klebt ihm an der Stirn und lässt ihn noch jünger wirken.

Durch sein nasses Shirt kann icht die Hitze seines Körpers spüren, jeden seiner Atemzüge, jede Bewegung seiner Muskeln. Er beugt sich näher zu mich herunter, und ich schlucke schwer. Sein Blick gleitet hinunter zu meinen Lippen, in seinen Augen liegt etwas Hungriges, etwas Gieriges. Doch dann stoppt er und zuckt ein Stück zurück.
"Äh, ich... 'tschuldigu...", stottert er unsicher, doch ich lasse ihn gar nicht erst ausreden. Meine Finger krallen sich energisch in sein nasses Hemd, als ich ihn zu mir herunterziehe und den letzten Abstand zwischen uns überbrücke.

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Oneshots +Where stories live. Discover now