24.Kapitel (Jason)

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»Hast du Freitag schon etwas vor?«, fragte mich Aaron an diesem Montag, als er mich vor der Schule abfing um noch einmal kurz mit mir zu sprechen bevor der Unterricht beginnen würde. Das tat er neuerdings immer, weil er meinte, dass er es lieber hatte wenn er mich noch einmal kurz sah bevor er sich im Unterricht abmühte.

»Nein ich glaube nicht, wieso?«

»Jack kam auf die wunderbare Idee, dass wir mal etwas in einer Gruppe zusammen machen könnten und du sollst deine Freunde mitbringen. Er hat mir versichert, dass wir nicht feiern gehen«, sagte Aaron und gähnte. Ich hatte weder Sam noch Liam davon erzählt, das ich schwul war, aber spätestens Freitag würden sie es ja mitkriegen. Seufzend nickte ich.

»Okay, ich frag Sam und Liam heute mal...«, murmelte ich, verabschiedete mich von ihm und ging in mein Klassenzimmer, wo ich mich auf meinen Platz fallen ließ. Der erste Block ging recht schnell vorbei und in der Frühstückspause blieb ich sitzen, während die Hälfte der Klasse sich zum Rauchen auf die „Raucherbank" verdrückte, eine Bank die direkt neben dem Schulgelände stand und sie somit dort rauchen konnten, ohne das es auf dem Schulgelände war. Ich fand dieses stinkende Zeug ekelhaft und würde nie verstehen wie man so abhängig davon sein konnte.

Die Pause näherte sich langsam einem Ende, als das Getuschel im Zimmer urplötzlich erstarb und sich eine unangenehme Stille ausbreitete. Ich hob meinen Kopf, verwundert was wohl diese Ruhe verursacht hatte und starrte direkt in den Ausschnitt von irgendeinem Mädchen. Mein Blick glitt sofort höher und ich erkannte Elaine, die sich zu mir runter beugte. Was wollte sie in meiner Klasse? Sie war zwei Stufen über mir und ich hatte bis auf diesen Reinfall von Diskobesuch nie mit ihr zu tun gehabt, außerdem bezweifelte ich das sie sich noch an meinen Namen erinnern konnte, so wie sie auf Aaron fixiert gewesen war.

»Hallo mein Süßer«, hauchte sie, beugte sich noch mehr nach vorn, sodass ich praktisch mit der Nase schon fast in ihren Brüsten steckte und küsste mich dann. Einfach so. Auf den Mund. Vor den Augen der gesamten Klasse.

Bevor sie noch zur Zunge kommen konnte, löste ich mich hastig von ihr und wischte mir mit dem Ärmel über den Mund. Aarons Küsse waren um weiten besser und fühlten sich auch viel angenehmer und berauschender an.

»Wir sehen uns«, sagte sie mit einem aufreizenden (aber mich ziemlich kalt lassenden) Lächeln und stolzierte aus dem Zimmer.

»Jason... Wer war das denn?! Und warum sagst du uns nicht, dass du eine so verdammt scharfe Freundin hast?!«, ertönte auch schon der erste Mitschüler und ehe ich auch nur blinzeln konnte standen mehrere Leute um mich herum und bombardierten mich mit Fragen.

Ich versuchte mich irgendwie herauszureden und dieser Situation zu entfliehen, aber sie ließen mich natürlich nicht und ganz egal wie oft ich auch betonte dass sie nicht meine Freundin war, sie glaubten es mir nicht sondern bildeten sich ihren eigenen Teil der Geschichte. Jede Wette, dass es bald die Runde machen würde...

Hastig kramte ich mein Handy aus der Tasche um Aaron zu schreiben – ich wollte nicht, dass er es von jemand anderem erfuhr und es war ja auch nicht mein Fehler gewesen.

In einer kurzen Nachricht berichtete ich ihm davon und er bat um ein Treffen in der Mittagspause, dem ich sofort zustimmte. Die beiden Stunden bis zum Mittag saß ich wie auf glühenden Kohlen und kaum dass es geklingelt hatte, sprang ich auf und rannte zu dem Baum, wo er manchmal mit Jack zu Mittag aß.

Jack war auch dort und musterte mich, als ich auf sie zu kam.

»Aaron«, sagte ich. Er zog mich sofort an sich und küsste mich, nicht so kurz wie er es sonst in der Öffentlichkeit tat, sondern etwas länger.

»Was ist wenn uns jemand gesehen hat?«, fragte ich.

»Ihr steht hinter dem Baum, vom Eingang aus hat euch keiner gesehen«, murmelte Jack der demonstrativ in eine andere Richtung schaute.

»Tut mir leid, aber ich mochte den Gedanken nicht, dass da die Lippen von jemand anderem waren...«, meinte Aaron schulterzuckend und Jack neben ihm schaute ihn überrascht an, als hätte er etwas Seltsames gesagt.

»Also Jason du bist nun das Gesprächsthema der Schule, wie wirst du mit der Sache umgehen?«, fragte Jack und ich seufzte. Ich hatte es doch gewusst, dass super gutaussehende Mädchen küsst irgend so einen total unbekannten und unbedeutenden Typen zwei Klassen unter ihr. Könnte fast aus einem Liebesroman entspringen nur war es da umgedreht, da waren die Mädchen meistens die unbekannten Niemande, die dem Mädchenschwarm der Schule hinterher rannten... keine Ahnung warum dieses Prinzip in diesen Bücher immer funktionierte, ich sollte bei Gelegenheit mal Alice danach fragen.

»Woher weiß sie das mit uns überhaupt?«

»Keine Ahnung, vielleicht weiß sie es ja auch gar nicht und hat das nur gemacht um mich eifersüchtig zu machen weil sie weiß das wir viel Zeit verbringen? Oder sie hat uns irgendwann einmal zusammen gesehen und sich das dann zusammen gereimt?«

»Nun ja, ihr könnt entweder so tun als wäre nichts und warten bis sich das Thema wieder erledigt hat oder ihr outet euch in der Schule«, meldete sich nun auch wieder Jack zu Wort.

Ich starrte ihn an, als wäre ihm ein dritter Arm gewachsen. Outen? Öffentlich? Niemals. Zwar an sich keine ganz so schlechte Idee, immerhin müssten wir dann nicht mehr so aufpassen, aber trotzdem... es war keine Sache, die man gleich so hinaus posaunte.

»Ich glaube wir sollten erst einmal abwarten, ob sich die Sache beruhigt und danach können wir weiter sehen«, meinte Aaron und ich nickte.

Die Mittagspause ging langsam zu Ende und ich ging wieder in mein Zimmer. Nach dem Unterricht machte ich mich auf den Weg zum Schachclub, wo Liam und Sam bereits auf mich warteten. Die anderen beiden waren zum Glück noch nicht da, worüber ich mehr als nur froh war.

»Also Jason du und diese... wie heißt sie? Elaine?«, war das erste was Sam sagte, als ich das Zimmer betrat und meine Tasche neben dem Stuhl fallen ließ.

»Nein. Sie ist nicht meine Freundin, ich kenne sie eigentlich auch gar nicht«, meinte ich.

»Ach ja und sie hat dich einfach so geküsst? Komm schon ergreif doch die Chance, sie sieht echt gut aus«, meinte Sam aufgeregt und ich unterbrach ihn seufzend.

»Ich bin aber schon in einer Beziehung, also nein.« Ihm klappte die Kinnlade runter und er schaute mich an.

»Was? Mit wem? Seit wann? Warum wissen wir davon nichts?«

»Es ist kompliziert...«, antwortete ich und schaute Liam an der mir zunickte.

»Also es ist ein Junge, anders gesagt ich bin schwul...«, murmelte ich und Liam kritzelte etwas auf seinen Block.

Ich habe es irgendwie gewusst.

Nichts anderes hatte ich von Liam erwartet. Er bemerkte auch alles.

»Wirklich? Cool! Wer ist es? Geht er auf unsere Schule? Wie alt ist er?«, löcherte Sam mich gleich weiter und ich seufzte.

»Ja er geht auf unsere Schule... wenn ihr wollt könnt ihr ihn Freitag kennenlernen, etwas in einer größeren Gruppe unternehmen?«, fragte ich und beide nickten. Erleichtert atmete ich aus. Jetzt blieben nur noch meine Eltern übrig, denen ich das irgendwie beibringen musste.


You are my Light (BoyxBoy/Yaoi)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt