21.Kapitel (Aaron)

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»Es ist mir total egal das du schwul bist und frisch verliebt und deine Zeit am liebsten mit Jason verbringen willst – aber heute bin ich dran«, verkündete Jack, als ich mich wie immer auf den Platz hinter ihm fallen ließ und ihn begrüßt hatte. Wahrscheinlich hatte er Recht, ich hatte die letzte Zeit so oft mit Jason zu tun gehabt, das ich ihn wahrscheinlich komplett links liegen gelassen hatte, was mir jetzt natürlich leid tat. Immerhin war er immer noch mein bester Freund.

»Es tut mir leid, wenn ich dich in letzter Zeit vernachlässig habe...«, murmelte ich und er verdrehte genervt die Augen.

»Schon gut, du bist eben verliebt. Und mir ist klar was ihr in eurer Freizeit so alles macht. Ist er wenigstens gut?« Ich wusste sofort was er meinte.

»Wir haben noch nicht...«

Sein Mund klappte auf und er schaute mich an, als würde er mich zum ersten Mal in seinem Leben sehen. Als wäre meine Aussage das unmöglichste was er je gehört hatte.

»Ihr seid seit zwei Monaten zusammen und du willst mir erzählen das ihr noch keinen Sex hattet?«

»Nicht so laut!«, zischte ich und trat ihm gegen das Bein.

»Eine Beziehung besteht nicht nur daraus. Da gibt's viel mehr«, meinte ich dann leiser und er schaute mich an, dann seufzte er.

»Das du nicht gerade der Draufgänger bist ist mir schon bewusst, aber das du so... unschuldig bist, hätte ich dann selbst von dir nicht erwartet.«

Ich verdrehte nur die Augen und wandte meine Aufmerksamkeit dem Unterricht zu. Als ob es nichts anderes gäbe als das... aber was zwischen mir und Jason war, war einfach mehr als nur eine körperliche Anziehungskraft und ich wollte bei ihm einfach alles richtig machen. Und wenn ich noch ein halbes Jahr warten müsste, wäre mir das auch egal. Außerdem war dieses Thema zwischen uns bisher noch nie wirklich zur Sprache gekommen... nicht das wir ihm gänzlich aus dem Weg gingen, das nicht, aber es schien einfach im Moment nicht im Vordergrund zu sein. Das fand ich um weiten besser als wenn unsere Beziehung fast nur daraus bestehen würde.

In der Mittagspause schleifte mich Jack wieder nach draußen, wo wir es uns unter einem Baum gemütlich machten. Das Schwimmtraining fiel heute aus und das hieß, dass wir beide also den ganzen Nachmittag verbringen konnten. Irgendwie freute ich mich sogar ein wenig darauf, früher hatten wir so oft etwas gemacht, das es mir schon irgendwie fehlte.

»Also was hast du heute vor?«, fragte ich und biss von meinem Sandwich ab.

»Wirst du sehen. Ach ja... ich habe übrigens auch nichts dagegen, wenn wir mal etwas mit Jason unternehmen. Mir ist zwar klar, das ihr eure Zeit zu zweit braucht, aber ich dachte das du vielleicht auch Angst hast, dass ich mich nicht mit ihm verstehen würde oder ihm gegenüber irgendwie anders wäre nur weil ich weiß das ihr zusammen seid. Ich hätte da nichts dagegen«, meinte er schulterzuckend. Bis zu diesem Moment war mir nicht einmal klar gewesen, dass er wahrscheinlich sogar recht damit hatte. Ich hatte nicht eine Sekunde in Betracht gezogen, dass man vielleicht etwas in einer Gruppe unternehmen könnte... einfach weil ich mir nicht vorstellen konnte, das sich irgendeiner meiner Freunde – oder von Jasons Freunden – mit dem Gedanken anfreunden könnten, dass wir immerhin zusammen waren. Auch wenn seine Freunde das wahrscheinlich nicht einmal wussten.

»Echt nicht?«

Er verdrehte die Augen.

»Als ob so was irgendetwas an einem Menschen ändert. Wo lebst du überhaupt? Wir sind hier nicht in irgendeiner Fernsehsendung, wo sie gegenseitig aufeinander losgehen weil sie wissen das irgendjemand im Freundeskreis oder der Familie schwul ist.«

»Es ist nicht nur in Fernsehsendungen so. Was meinst du, was passieren würde, wenn ich meine Beziehung öffentlich machen würde? Und Homophobie gibt's überall.«

»Etwa die Hälfte der Mädchen in unserem Jahrgang wären enttäuscht und Elaine würde wahrscheinlich ausrasten. Aber ich glaube nicht, dass es Jemanden gäbe, der es wagen würde dich oder ihn deswegen blöd anzumachen. Nicht solange du mich hast«, sagte er ziemlich von sich selbst überzeugt und ich lachte.

»Natürlich, weil sie vor dir ja alle Angst haben. Du siehst nicht einmal sonderlich stark aus«, gab ich zurück und fing mir einen beleidigten Blick von ihm ein.

»Du weißt genau was ich dir damit sagen will.« Natürlich wusste ich das. Er wollte mir sagen, dass er, egal was passieren würde, hinter mir und meinen Entscheidungen stehen würde. Ich seufzte wenn ich daran dachte, dass er ein so guter Freund war. Es sollte mehr solche Leute wie ihn geben, die so dachten.

Er stand auf und reichte mir die Hand um mich auf die Füße zu ziehen. Wir gingen ins Klassenzimmer zurück und ich ließ die restlichen Stunden über mich ergehen, bis ich mit Jack die Schule verließ.

Er wollte mir immer noch nicht sagen, wo wir hingingen, aber nach der Hälfte des Weges merkte ich, dass er Richtung Einkaufszentrum unterwegs war. Ich lief ihm einfach hinterher, im Glauben das er sich einfach nur etwas kaufen wollte, aber als er mir dann Kondome und Gleitgel in die Hand drückte, begriff ich erst was er wollte.

»Das...«

Sein Blick brachte mich allerdings wieder zum Verstummen. Aus dieser Nummer kam ich nicht mehr raus, das war mir klar.

Mit einem Gesicht, als hätte ich in eine Zitrone gebissen, gingen wir zu Kasse, wo ich die Sachen auf das Band fallen ließ und merkte, wie meine Gesichtsfarbe zu einem ungesunden Rotton wechselte. Gott, war mir das irgendwie unangenehm.

Jack packte noch zwei Schokoriegel daneben, als würde es die Sache weniger peinlich machen und schob mich dann nach vorn. Ich bezahlte und war heilfroh endlich da raus zu sein.

»Weißt du Jack, manchmal will ich dir den Hals umdrehen«, sagte ich und er schnappte sich einen der Schokoriegel.

»Glaub mir, du wirst mir noch dankbar dafür sein.«

»Hättest du mich nicht wenigstens vorwarnen können?«

»Du hättest es doch sowieso abgelehnt. Sei mir lieber dankbar, dass ich dich zu diesem unglaublich wichtigen Schritt bewegt habe. Spätestens, wenn ihr übereinander herfallt wirst du mich dafür lieben.«

»Du bist unmöglich, wirklich«, beschwerte ich mich und ließ die Dinge schnell in meiner Tasche verschwinden.

»Das ist was vollkommen normales, du übertreibst«, meinte er und wir gingen zu mir nach Hause, wo ich die Sachen schnell in einem Schubfach in meinem Nachtschrank verschwinden ließ. Jason musste das bei seinem nächsten Besucht nicht unbedingt sehen und fasch verstehen. Aber vielleicht hatte Jack ja trotzdem recht und es war gut diese Dinge zu besitzen... immerhin musste man ja auf alles vorbereitet sein.

Wir verbrachten den restlichen Nachmittag damit, unsere Zeit mit zocken zu vertreiben, ehe er nach Hause ging und ich mich bettfertig machte. Ich konnte nicht aufhören daran zu denken, was es bedeutete wenn es wirklich so weit kam. Mit Jason diesen entscheidenden Schritt zu gehen, der unsere Beziehung auch in diese Richtung verändern würde.  Wahrscheinlich würde ich mich total blöd anstellen. Unruhig wälzte ich mich im Bett umher, bis ich endlich einschlief.


You are my Light (BoyxBoy/Yaoi)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt