Das Lied von Eis und Feuer-die Geschichte der Lyanna Stark

~Kapitel 14~

Lyanna starrte Ned eindringlich in die Augen. Sie erkannte den Kampf von seinen Gedanken in Neds Kopf. Seine Stirn zeigte tiefe Furchen als er sagte: „Du bist es nicht wert, Roberts Frau zu werden. Er ist nicht perfekt aber er wäre dir ein guter Mann gewesen, er liebt dich Lya! Verdammt Lyanna wie konntest du das passieren lassen? Ich müsste sofort zu Robert laufen und ihm von deiner Untreue erzählen.", Lyanna schrumpfte die Hoffnung, sie ließ die Schultern hängen, „aber du bist meine kleine Schwester. Ich liebe dich und um der Mutter willen, die uns beide geboren hat, werde ich es niemanden erzählen. Aber ich warne dich: seid noch einmal so unbedacht und es wird ein Nachspiel haben. Das nächste Mal werde ich vielleicht nicht der Einzige sein, der diese Parallele sieht." Mit diesen Worten drehte sich Eddard um und ließ Lyanna allein im Hof von Harrenhal stehen.

Überall um sie herum wurden Zelte abgebaut und Gepäck auf Pferde geladen. Das Turnier war vorüber, alle Preise und Ehrungen erteilt, jeder war dabei, Harrenhal zu verlassen. Seufzend ging sie in den Stall, auf der Suche nach Balios, ihrem Pferd. Lyanna bemerkte aus dem Augenwinkel, das ihr Zelt gerade von Knappen zusammengelegt wurde, die Familie Stark würde noch an diesem Tag abreisen. Sie schritt auf Balios zu, griff nach dem Striegel und strich beruhigend über sein schwarzes Fell. Balios schnaubte, als ein Mann hinter Lyanna trat. „Mylady Stark." raunte eine tiefe Männerstimme in ihr Ohr. Auf Lyannas Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. Sie drehte sich um und blickte in zwei violette Augen.

„Mein Prinz." Rhaegar legte seine Hand auf ihre und verfolgte die gleichmäßigen Bewegungen auf Balios's Fell. „Dies ist das letzte Mal das wir uns hier sehen. Wir reisen ab. Ich kehre nach Hause zurück, nach Winterfell, und du nach Königsmund." sagte sie leise. „Es wird nicht für lange sein. Ich bin bald auf dem Weg zu dir, um dich zu holen." versicherte ihr Rhaegar. „Wenn du mich nicht vergisst." murmelte sie zweifelnd. Geschockt betrachtete Rhaegar Lyannas Gesicht. „Wie könnte ich dich je vergessen? Du bist die Einzige die ich liebe, meine eigene Winterrose, mein Wolfsmädchen. Ich werde dich nicht vergessen. Niemals." beharrte er bestimmt. Rhaegar beugte sich zu Lyanna hinunter um sie zu küssen, doch sie schob ihn von sich weg und hievte einen Sattel auf Balios's Rücken. Mit geübten Griffen zurrte sie die Gurte fest an den Pferdekörper. Lyanna verneigte sich vor Rhaegar.

„Mylord Prinz. Es war eine Ehre euch kennen zu lernen." Sie schwang sich mit einer fließenden Bewegung auf ihr Pferd und lenkte es aus dem Stall heraus. „Die viel größere Ehre liegt bei mir, Lady Lyanna." antwortete der Thronerbe galant. Draußen auf dem Hof warteten ihr Vater, Brandon und Ned, um sich auf den Weg nach Winterfell zu machen. „Wo ist Robert? Wird er nicht mit uns reisen?" fragte Lyanna verwundert. Ned schritt mit seinem Pferd auf Lyanna zu.

„Nein.", sagte er, „und ich werde euch auch nicht begleiten. Wir reisen zurück nach Hohenehr, aber wir werden uns bald wiedersehen." versprach Ned. Trauer erfasst Lyanna. Sie würde Ned vermissen, er war schon immer ihr Lieblingsbruder gewesen. Sie verabschiedete sich von ihrem Bruder und machte sich mit ihrer restlichen Familie auf den Weg nach Winterfell. Gerade als sie das Tor von Harrenhal passierten, hörte Lyanna einen Pfiff und drehte sich im Sattel um. Dort, in der Mitte des Hofes von Harrenhal, stand Rhaegar Targaryen, die Hand zum Abschied erhoben. Viel zu schnell ließ die Kolonne Harrenhal hinter sich.

Den gesamten Weg nach Winterfell war Lyanna in Gedanken versunken. Sie erinnerte sich an die vergangenen Tage und dachte an die Romanze mit Rhaegar. In Harrenhal war sich Lyanna sicher, das zwischen ihnen beiden sei Liebe gewesen. Doch je weiter sie sich von Rhaegar entfernte, desto mehr zweifelte sie an seinen Gefühlen. Für ihn bin ich nur ein Zeitvertreib. Er liebt mich nicht, und er wird mich nicht aus Winterfell holen. Es wird ein Wunder sein, sollte ich ihn jemals wiedersehen. Diese trüben Gedanken ließen sie auf den gesamten Weg nach Winterfell nicht los.