Kapitel 36

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Maria p.o.v

Einige Tage später sah ich endlich meine Freundinnen wieder. Es war zwar noch nicht so lange her, dass sie bei mir waren, aber es fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Gleichzeitig musste ich aber mit meiner Zusage zu dem Treffen warten, bis ich abschätzen konnte, wann man meine eingefärbten Augen nicht mehr sehen konnte. Der Stich war jetzt so minimal, dass man genauso gut auch denken könnte, ich hätte einfach nur Durst.

Wir hatten uns viel zu erzählen. Gut, dass Thalia ihre Verwandlung schon abgeschlossen hatte. Wie ich mich über Joshua aufgeregt hatte. So wütend war ich schon lange nicht mehr gewesen. Thalia blieb mit unseren Männern Zuhause. Das hatte schon im Voraus zu Problemen geführt, da ich mich weigerte, Demetri mit ihr allein zu lassen. Sie hatte bereits ihr Interesse an Demetri bekundet und ich wollte dabei sein, falls sie zu weit ging.
Die anderen überzeugten mich dann aber davon, dass sie bleiben musste. Außer ich wollte ein Massaker riskieren. Widerwillig reiste ich dann mit meinen Frauen.

Die Demetri, Alec und Vladimir wollten ausgedehnt auf die Jagd gehen. Thalia blieb mit Joshua im Haus. Er würde sie aufhalten, falls sie es verlassen wollte.
Bisher hatten wir Thalias Gabe nicht erkannt, wenn sie überhaupt eine hatte. Wenn ich noch ein Mensch gewesen wäre, wäre sie nicht meine Freundin gewesen. Sie war launisch und zeterte dauernd. Ihr passte dies nicht und das nicht. Doch ich versuchte, mich höflich zu zeigen. Mit Kiara hatte sie nichts gemeinsam, fand ich. Auch wunderte ich mich nicht, dass sie keinen Freund abbekommen hatte. Wenn sie sich noch einmal an Demetri heran machen würde,...

Ich könnte für nichts garantieren und ich war wesentlich besser ausgebildet als sie. Ich könnte sie schneller töten, als sie blinzeln konnte. Allein durch meine Gabe.

Tanya und ihre Schwestern holten uns vom Bahnhof ab. Sie sahen traurig aus und sprachen nicht viel.
,, Was ist mit euch?'', fragte ich, als wir im Auto saßen.
Dieses Verhalten passte so überhaupt nicht zu ihnen. Kate sah Tanya an, wie als wollte sie um Erlaubnis fragen, doch Tanya schüttelte den Kopf.
,, Es ist nichts'', sagte Carmen. Zwar sah man nicht, wenn Vampire logen, aber ich brauchte nicht, Maggie zu sein, um zu erkennen, dass sie nicht die Wahrheit sagte. Irgendwas war passiert, seit wir uns das letzte Mal gesehen hatten.

Als wir bei den Denalis Zuhause waren, hielt ich es nicht mehr aus. Ich fragte nochmal und erhielt die gleiche Antwort. Maggie zuckte zusammen, wieder ein weiterer Beweis, dass sie logen.

Tanya verließ das Haus und ich folgte ihr. Meine Neugierde war geweckt. Die anderen waren so in ihr Gespräch vertieft, dass sie es nicht bemerkten.
,, Tanya, du kannst mir nichts vor machen'', sagte ich leise,,, Was ist nur aus unserer Freundschaft geworden? Vertraust du mir nicht?''
Erschrocken drehte sie sich um.
,, Doch, doch. Ach, weißt du, die Volturi haben Irina getötet. Sie hat zu dicht an Volterra gejagt'', erwiderte sie traurig.
Ihr Blick ging ins Leere. Ich wusste, dass sie seit dem Vorfall bei den Cullens kaum noch Kontakt zu ihrer Schwester hatte. Aber trotzdem musste sie der Verlust schwer treffen. Ich wusste nicht so richtig, wie ich sie trösten konnte. Eine Stille trat ein. Tanya klopfte nachdenklich mit den Fingern einen Rhythmus auf das Holz des Balkongeländers.
,, Das tut mir sehr leid. Doch Trauer vergeht. Glaub mir'', sagte ich schließlich.
Plötzlich blitzte in ihren Augen blanke Wut.
,, Du weißt überhaupt nichts davon. Lass mich bloß in Ruhe.''
Verletzt sah ich sie an.
,, Wer weiß etwas davon, wenn nicht ich?'', fragte ich sie und drehte ich mich um.
Sie hatte meine Schwachstelle getroffen. Mir war die Lust auf das Treffen vergangen.

Ich suchte nach Sara, Kiara, Jane und Helena. Als ich sie alle zusammen hatte, sagte ich:,, Ich gehe. Kommt mit oder nicht.''
Jane und Kiara wollten mitkommen, auch Sara. Helena blieb noch länger bei den Denalis. Auf ihre Fragen, was passiert war, ging ich nicht ein. Wir liefen schnell zum Bahnhof, um unseren Zug nicht zu verpassen. Sie ließen die Fragen, sobald sie merkten, dass ich nicht antworten würde. Jane legte mir die Hand auf die Schultern. Zwar wusste sie nicht, was passiert war, aber dieses Mal war sie da.

Erst, als wir in unserem Haus waren, sprach ich wieder. Als die Haustür ins Schloss fiel, waren wir sofort von Demetri und Alec umringt.
,, Was ist passiert?'', fragte Demetri besorgt,,, Warum seid ihr so früh wieder da? Und wo sind die anderen?''
Ich umarmte ihn und schluchzte in sein Hemd. Er streichelte meinen Kopf. Mir war es egal, ob die anderen es sahen. Mir konnte jetzt nur noch seine Nähe helfen. Er hielt mich fest und verschaffte mir Linderung.
Es kam alles wieder hoch. Gott, wie leer ich mich nach Lias Tod gefühlt hatte. Wir hatten uns nie ausgesprochen. Es konnte mich auch nicht beruhigen, dass sie und meine Mutter jetzt im Himmel waren.

Bis(s) der letzte Hauch von Leben uns verlässt | Abgeschlossen Dove le storie prendono vita. Scoprilo ora