Kapitel 31 Die Befreiung

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Maria p.o.v

Es waren Tage vergangen und ich wurde, wenn es überhaupt möglich war, noch rasender vor Durst. Milan stand draußen Wache. Allein, weil Amy und Helena gerade getrunken hatten und nun vermutlich anderen Aufgaben nachkommen sollten. Zumindest hatte er ihnen das ausgerichtet, als er sie abgelöst hatte.

So langsam begann ich, zu halluzinieren. Manchmal sah ich ein kleines Mädchen, Sara nicht unähnlich, das an meinen Gitterstäben stand und mir ihre Hand hinstreckte. Es sprach nicht. Deshalb wusste ich nicht, ob es mich trinken lassen oder mich befreien wollte. Ein anderes Mal hatte ich ein Klopfen in der Wand gehört. Das konnte aber nicht sein. Die Zellen waren aus dem Stein geschlagen und selbst für einen Vampir in der Dicke unzerbrechbar. Vor allem für einen Ausgehungerten so wie ich. Um nicht komplett wahnsinnig zu werden, fing ich an, die Fußbodensteine zu zählen.
Danach malte ich mir aus, wie es wohl den anderen ergeht. Demetri war sicherlich außer sich. Vielleicht schmiedeten sie Fluchtpläne. Das heißt, wenn sie herausgefunden hatten, wo ich war. Ich wusste schließlich nicht, ob die Wachen Tanya ausgeschaltet hatten. Wenn ja, würde es sicherlich schwieriger werden, mich zu finden.
Aber vielleicht konnte ich auf Alices Visionen zählen.

Um mich abzulenken, gab ich mich dann gänzlich meiner Fantasie hin. Nur so war der Durst erträglich. Ich stellte mir vor, wie ich Demetri als Menschen kennengelernt hätte. In dieser Zeit. Vielleicht wären wir wie normale Menschen zusammen zur Schule gegangen und hätten uns dann verliebt. Dann hätte er nach ein paar Jahren mir ganz romantisch einen Antrag gemacht. Wir hätten dann im Kreise unserer Familien geheiratet. Wie wohl seine Eltern waren? Schade, dass ich sie nie kennen lernen würde. Dann hätten wir beide gearbeitet. Ein paar Kinder bekommen, drei vielleicht. Er wäre ein toller Vater. Sie sähen alle drei unterschiedlich aus. Ein kleiner Mini Demetri, der unfassbar süß wäre. Dann zwei kleine Mädchen. Sie sagten ihre ersten Worte, wurden eingeschult, entdeckten ihre Hobbies und Leidenschaften. Wir feierten Geburtstage und Weihnachten zusammen. Sie waren absolut goldig. Später würden sie ausziehen und wir würden im hohen Alter mit unseren Enkelkindern spielen, während wir unseren Ruhestand genossen. In einem Haus ganz in der Nähe unserer Kinder, damit sie uns immer besuchen konnten. Schließlich schliefen wir beide gemeinsam ein und starben friedlich.
So hatte ich mir mein Leben vorgestellt. Auch ohne Demetri, mit einem normalen menschlichen Mann, hätte ich das bei meiner Vorgeschichte niemals haben können.

Das Verschwinden meiner Geschwister und der Tod meiner Mutter würde immer über allem hängen. Zudem noch meine Gabe, mich in einen Leoparden zu verwandeln, was ich an eines der Kinder weitergeben würde. Das gestörte Verhältnis zu meinem Vater. Außerdem hätte ich dann auch die Cullens nicht kennenlernen dürfen. Ohne die Cullens hätte ich aber den Tod meiner Mutter kaum verkraftet. Ich hätte nie meine ganzen Freunde kennen gelernt oder Carlisle. Die Zwillinge und Lia wären verschwunden geblieben.

Auch wenn ich es mir manchmal anders wünschte, war es so vermutlich am besten.

Plötzlich hörte ich ein knackendes Geräusch vor der Tür und ich glaubte schon, dass Milan mich ärgern wollte. Es passte eigentlich nicht zu ihm. Für gewöhnlich war es nur Afton.

Eine Stimme, die ich nur zu gut kannte und nach der ich mich so gesehnt hatte, fragte:,, Maria? Geht es dir gut? Weißt du, wo die Schlüssel sind?''
,, Ja, in der Hosentasche'', antwortete ich.
Kurz hörte ich das Wühlen in einer Tasche und dann das Klimpern von Schlüsseln. Die Tür wurde aufgeschlossen.

Ich stand auf und sprang in seine Arme. Er umarmte mich und vergrub die Finger in meinen Haaren. Wir küssten uns und ich genoss seine Nähe. Uns würde nicht mehr viel Zeit bleiben. Trotzdem küsste ich ihn innig. Ich war mir nicht sicher, ob ich ihn mir vor Durst vielleicht einbildete. Es wäre nicht die erste Halluzination.
,, Bist du real?"
,, Komm'', sagte Demetri sanft und ignorierte meine Frage,,, Wir müssen schnell zu den anderen.''
,, Wie viele sind denn noch da?'', fragte ich verwundert.
,, Wir sind sieben, mit dir acht", antwortete er liebevoll.
Ich nickte und mein Mann zog mich schnell aber sanft nach oben. Ich fauchte ihn wütend an.
,, Fass mich nicht an! Oh, Gott. Es tut mir leid.''
Ich hatte nur so einen Durst! Er lächelte nur, berührte mich aber nicht nochmal. Meine Güte, ich hätte fast Demetri angegriffen. Meinen eigenen Mann. Er war den ganzen Weg gekommen, um mich zu retten, und ich wollte ihn angreifen. Was war denn falsch mit mir? Aber ich konnte nur an Blut denken. Der Durst ließ mich rot sehen.

Oben warteten Tanya und Jane auf uns. Sie hatten uns offenbar Deckung gegeben. Die beiden wollten mich umarmen. Demetri hielt sie aber auf und warnte sie. Schnell wichen sie zurück.
Wir gingen zu viert weiter. An der nächsten Ecke stand Jasper. Auch sie hielten Wache. Wir mussten durch den Saal, um nach draußen zu kommen.
Ich erschrak. Uns bot sich ein grausames Bild.

Dort waren Alec, Zafrina, Garrett und die gesamten restlichen Volturi. Afton und Zafrina kämpften gerade, genauso wie Garrett und Fynn.
Alec wurde von Corin angegriffen. Als ich das sah, kam ich ihm zu Hilfe. Niemand würde meinen Bruder berühren. Der Durst machte mich impulsiver und verstärkte meine Emotionen. Ich rannte zu ihm hinüber und packte Corin, rasend vor Zorn.

Ich hätte Corin den Kopf abgerissen, wenn Aro nicht gesagt hätte:,, Also, wenn ich du wäre, Maria, würde ich mir das gut überlegen.''

Ganz langsam drehte ich mich um. Caius und Aro hielten Demetri fest. Aro hätte ihm mit einem Schlag den Kopf abtrennen können, doch er tat es nicht.
,, Und von Corin wegtreten'', sagte Aro ruhig.
Ich ging ein Schritt auf Aro zu, blieb dann stehen und sagte leise:,, Aro, du hast etwas vergessen. Du bist hier nicht der Einzige mit einer Gabe.''

Als Aro und Caius das komplette Ausmaß der Wörter erfassten, wurden ihre Augen groß. Damit riss ich Beiden mit meiner Gabe die Arme ab, sodass sie Demetri nicht mehr festhalten konnten. Ich feierte mich selbst, weil es so badass war. Normalerweise fiel mir sowas immer erst nach der Konversation ein.

Demetri stürzte zu Boden und sofort war ich da. Es ging ihm aber gut. Ich hätte am Liebsten Aro und Caius noch weiter bestraft. Aber ich wollte die Volturi nicht auslöschen. Mit dem Tod beider wären sie es sicherlich.

Bis(s) der letzte Hauch von Leben uns verlässt | Abgeschlossen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt