Kapitel 13 - Eine Legende

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Kapitel 13 - Eine Legende

"Guten Abend ihr zwei." Geschockt fuhr ich hoch und bereute es noch im selben Augenblick. "Auuu!" Entfuhr es mir durch den verursachten Schmerz und etwas Pelziges sprang vor meine Augen mit einem tiefen Knurren in der Kehle.

Ich wich entsetzt an den Rand meines Bettes und stieß mir heftig den Kopf an der Anliegenden Wand an.
"Alles klar bei euch? Sorry ich wollte niemanden erschrecken. Johnson wir brauchen dich unten und dann wollte ich noch nach Lucys Wunde schauen. Wenn das natürlich okay ist, Alpha."
Ich war noch so verschlafen, dass ich Alex nicht erkannte. Zu dem musste ich auch sagen das der Raum nur mit dem hereinfallendem Licht aus der Tür erhellt wurde und Alex somit in einen Schatten tauchte. Ich zitterte und mein Kopf schmerzte. Ich fühlte mich sicher bei dem Wolf vor mir und wollte nicht das er ging. Das sie ihn Alpha nannte entging mir vollkommen.
"Bleib da." Japste ich.
"Lucy, ich bin es Alex. Es ist alles okay."
Der Wolf drehte sich zu mir um.
*Du weißt doch noch wer Alex ist oder?*
Ich rieb mir die Augen und das Licht wurde eingeschaltet. Nun erkannte ich auch ihr
Gesicht aber meine Augen mussten sich zuerst an das grelle Licht gewöhnen. "Alex...?" Sie nickte.
Erneut rieb ich mir die Augen und war dann wieder vollkommen wach. *Ich bin nur unten im Versammlungsraum. Wenn etwas ist ruf mich und ich werde sofort bei dir sein.*
"Okay." Erwiderte ich während ich noch immer leicht verschlafen klang.
Alex machte Johnson Platz und er verschwand aus der Tür.
"Soll ich zu machen oder ist es dir lieber wenn die Tür offen ist?" Fragte sie liebevoll. Sie dachte wohl, dass ich noch immer Angst vor ihr hatte. Naja bis vor kurzem stimmte das auch irgendwo aber sie wirkte für mich schon von Anfang an nicht wirklich furchteinflößend.
"Mach sie ruhig zu." Meine Stimme klang einigermaßen sicher und ich hielt mir den Kopf. Er pochte schmerzhaft.
"Weißt du wer mich angeschossen hat?"
Sie schüttelt den Kopf und schloss dabei die Tür.
Dann hob sie einen Erste Hilfe Koffer vom Boden hoch und trat zu mir ans Bett.
"Wie geht's dir?"
"Meine Seite und mein Kopf schmerzen ziemlich. Was wissen wir über den Schützen?"
"Nur das er aus einer erhöhten Position geschossen haben muss, da er deine linke Flanke erwischt hat. Zum Glück ist es lediglich ein Streifschuss. Sie ist auch so gut wie verheilt, die Wunde.  Zum Glück. Das hat ziemlich lange gedauert."
Sie öffnete meinen Verband nachdem sie mir half vorsichtig mein T-Shirt auszuziehen. Ich fühlte mich unwohl dass meine Narben so offensichtlich zum Vorschein kamen, da selbst mein Verband einige zuvor bedeckt hielt und nun entfernt wurde. Ich hasste dieses Schutzlose Gefühl. Sie waren ein Zeichen von Schwäche, sonst nichts.
Ich selbst konnte die wohl grausame Wunde nicht sehen und war irgendwo auch froh darüber. Das bedeutete nämlich ebenfalls, dass ich diese Narbe niemals zu Gesicht bekommen würde, sollte ich nicht unbedingt darauf aus sein, die Verunstaltung meines Körpers genauer zu erforschen. Einfach nicht mehr in den Spiegel schauen.
"Sieht gut aus. Wie es aussieht wird es auf jeden Fall in ein paar Tagen komplett geschlossen und damit verheilt sein."
Hörbar atmete ich aus. Sie Verband mir erneut meine Wunde, dabei nahm sie Sachen aus ihrem Erste-Hilfe Koffer und half mir in mein T-Shirt zurück.
"Danke Alex. Woher weißt du so viel über Wundversorgung?"
"Mein Vater ist Arzt." Ich nickte leicht. "Ist er auch einer?" Sie schaute mich komisch von der Seite an, während sie ihren Koffer wieder schloss. Wusste sie ehrlich nicht was ich damit meinte? "Ein was?" Ich schluckte. Mir fiel es schwer das Wort Werwolf auszusprechen und keine andere Beleidigung dafür. "Ein Werwolf?" Sie lachte. "Ach so. Ja er ist auch ein Teil von der Gemeinschaft. Leider ist er momentan Auswärts unterwegs und erledigt ein paar Dinge für die Meute..." Sie räusperte sich. "Sonst hätte er dich bestimmt behandelt. Mein Vater ist offiziell der Rudelarzt." Sie wirkte auf einmal eigenartig nervös. "Ich würde echt gerne weiter mit dir reden, aber ich muss in den Versammlungsraum. Hier aber Trink das noch." Sie reichte mir ein Glas mit einer trüben Flüssigkeit. Sie hatte es zuvor auf dem Tisch neben meinem Bett gestellt. "Es wird dir gut tun. Ein Tipp von meinem Vater." Kurz lächelte sie. Die Flüssigkeit schmeckte eigenartig nach Zitronen und damit stand sie plötzlich auf und ließ mich alleine zurück. Ob etwas passiert war? Eigenartig.
Ich versuchte nicht weiter darüber nachzudenken und setzte mich auf die Kante meines Bettes. Ich fühlte mich besser. Als hätte ich einen Schub bekommen.
Ich war so Energiegeladen, dass ich die Versuchung verspürte erneut aufzustehen. Vielleicht war es nicht die beste Idee, aber Alex meinte auch, dass die Wunde schon gut verheilte. Ich stützte mich mit meinen Händen an der Wand ab, als ich mich vom Bett erhob, um das Gleichgewicht zu wahren.
Meine Beine zitterten ein wenig. Ich könnte womöglich nicht lange stehen, aber bis zu der Tür dürfte es reichen. Etwas trieb mich aus dem Haus raus auf die Veranda zu. Ich zweifelte, ob ich es soweit schaffen würde. Denn nun nachdem ich das erste Hindernis, damit meinte ich die Tür, überwunden zu schien hatte gab es schon wieder ein zweites. Vor mir erstreckte sich eine lange Holztreppe, zudem auch noch extrem steil.
Welcher Idiot hatte sich denn das ausgedacht? Die Krankenstation direkt vor eine gefährliche Treppe zu platzieren. Wollte er, dass die Kranken nie gesund wurden und sich die Beine brachen? Oder wollten sie vielleicht damit verhindern, dass sie vorzeitig abhauten? So wie ich es gerade versuchte?
Sollte ich es riskieren? Ich beschloss mich lediglich auf eine der Oberen Treppenstufen zu setzen. Schon das gestaltete sich als durchaus schwer. Ich lehnte meinen Kopf gegen die kühle Wand und genoss das Geflüster, welches sich an mein Ohr zu schleichen begann.
Dabei schnappte ich Wörter wie "Richard" auf. Ob das vielleicht Alex Vater war? "Anderes Rudel, verreist, Krieg, Ritual..." ganze Sätze konnte ich nicht verstehen. Manche Wörter beunruhigten mich mehr als andere. Ich musste unbedingt Johnson darauf ansprechen. Plötzlich kam mir ein eigenartiger Gedanke auf: ging mich das überhaupt etwas an? Offiziell gehörte ich ja gar nicht zum Rudel und offensichtlich war dies hier ein internes Rudel treffen. Privat also. Zu dem ich auch nicht eingeladen wurde. Vielleicht sollte ich mich einfach raushalten? Wollte ich überhaupt ein Teil hiervon werden? Klar die Leute wirkten nett vor allem Johnson schien überaus Freundlich zu sein, aber machte so etwas ein Rudel aus? War der Alpha immer so nett zu seinen ...Was war ich denn hier? Ein Gast? Ein Mitglied auf jeden Fall mal nicht, dafür müsste ich erst ein Ritual vollziehen und das ließ mich Johnson noch immer nicht durchführen. Was hatte das also zu bedeuten? Wollte er mich nicht dabei haben? War ich für ihn eine zu große Last? Das Rudel ist immer so stark, wie das schwächste Mitglied. Und ich war schwach, auch wenn ich das nicht wahrhaben wollte. Meine Unwissenheit machte mich schwach. Sollte ich vielleicht diesen Leon aufsuchen? Nein er hieß nicht Leon... Johnson wollte doch jemand holen um mich in der Ursprungsgeschichte unterrichten zu lassen. Wie war sein Name doch gleich nochmal? Janis! Stimmt sein Name war Janis gewesen. Den musste ich also aufsuchen um mehr zu Erfahren. Nun gut aber er war bestimmt noch bei diesem wichtigen Rudel treffen, das hieß es musste noch warten. Verdammt. Es war so langweilig krank zu sein. Mein Erster Tag hätte ja nicht schlimmer laufen können oder? Ich seufzte und ließ den Kopf hängen. Plötzlich hörte ich das aufgehen einer Tür und Stimmen die sich laut und zunehmend aufgeregt zu unterhalten schienen. Ich schloss die Augen um das Gewirr an Stimmen geistlich zu trennen und mich auf ein interessantes Gespräch fokussieren zu können. Was mir wirklich Aussichtslos erschien. Es war fast unmöglich überhaupt etwas zu verstehen, ausschließlich dem immer leiser werdenden Gemurmel. "Was wird das?" Ich riss meine Augen auf und schrie vor Schreck. "Mein Gott wieso musst du mich so verdammt nochmal erschrecken!? Willst du, dass ich an einem Herzversagen sterbe?!" ich atmete aufgebracht und starrte Johnson fassungslos an. "Hm... wenn du stirbst dann nicht an einem Herzversagen, glaub mir." Was sollte das denn bedeuten? "Wie ich sehe schaffst du es aus deinem Bett zu kommen? Wer hat dir das erlaubt?" Okay sein Verhalten wurde zunehmend komischer. "Erlauben?" Oder es war einfach nur der Johnson den ich kennen gelernt habe. Eigentlich weiß ich ja nicht so viel über ihn. "Ja erlauben. Beim letzten mal hattest du ja nicht einmal Kraft um wieder aufzustehen. Wieso hast du es also noch ein zweites mal versucht?" "Entschuldige mal, aber ich hatte nicht vor den Rest meines Lebens in diesem Bett zu bleiben. Und dafür werde ich auch keine Erlaubnis brauchen. Ich brauche eigentlich gar keine Erlaubnis schließlich bist du nicht mein Alpha!" Er knirschte mit den Zähnen, während er zu mir hinunterblickte und sich hinkniete. Dabei brachte er sein Gesicht nah an das von meinem und sprach mit leiser Stimme. "Du bist aber in meinem Territorium und auf meinem Grundstück. Tut mir leid dich enttäuschen zu müssen Prinzessin, aber hier hast du nach meinen Regeln zu leben. Ich dachte, dass hätten wir bereits geklärt. Dafür gewähre ich dir Sicherheit und Schutz." Ich schaute ihn Fassungslos an. "Sicherheit?" Er stand abrupt auf und wandte sich dem Geländer zu. "Ich wurde auf deinem besagten Territorium angeschossen! Das nennst du Sicherheit?" Ich stand ebenfalls auf und konnte ein keuchen durch den verursachten Schmerz nicht unterdrücken. Das hielt mich aber nicht ab zu ihm ans Geländer zu schlurfen, so aufgebracht wie ich war. Ich blieb nahe hinter seinem Rücken stehen. "Wenn ich also mich nicht vor deinen Leuten fürchten muss dann muss ich es also Fürchten wenn ich einen Schritt aus der Tür machen möchte?" "Du Fürchtest dich?" ich verstummte. Er drehte sein Gesicht so zu mir, dass ich es zur Hälfte sehen konnte. "Lass mich dich vom Gegenteil überzeugen, sobald du wieder richtig bei Kräften bist, in Ordnung? Ich will, dass du dich hier wohl fühlst." Er drehte den Kopf wieder ganz weg. Hatte dieser Kerl irgendwie Stimmungsschwankungen oder bildete ich mir das bloß ein? Eine kleine Stille breitete sich zwischen uns aus und ich begann meine Chance zu nutzen. "Wo kann ich Janis finden?" Dies weckte anscheinend seine Aufmerksamkeit. "Janis? Was willst du von ihm?" "Ich habe ein paar Fragen zu unsrer Ursprungsgeschichte. Ich will alles wissen was wichtig ist. Ich möchte lernen wie ich mich unter Menschen Frei bewegen kann, ohne diesen Hunger zu verspüren. Ohne diesen Hass. Ich meine Wölfe jagen normalerweise keine Menschen und wir sind auch keine Vampire. Wieso also dieser Hunger? Dieser Drang? Was soll das?" "Wie ich sehe hast du Fragen. Gut. Dann wirst du dich ja nicht weiter langweilen, während du dich weiter in Ruhe erholst und weiter solche versuche starten, wie aus deinem Bett zu schlüpfen wenn ich nicht gerade bei dir bin. Dich kann man auch nicht aus den Augen lassen oder kleine Prinzessin?" Ja und da war er wieder. Der cringe. Er seufzte kurz. "Ich werde ihn dir vorbei schicken." Er lief die Treppen hinunter. "Wo willst du hin?" "Ich muss noch ein paar Sachen erledigen." "Hat es etwas mit Richard zu tun?" Er erstarrte. "Woher kennst du ihn?" Er drehte sich zu mir um und seine Augen wurden schmal. "Ich habe seinen Namen gehört, als ihr unten im Versammlungsraum wart." "Ah also das hast du eben getan. Du hast versucht zu lauschen." "Ich- ich hab nicht gelauscht!" "Ist schon gut Prinzessin. Richard ist mein Cousin, mehr brauchst du vorerst nicht über ihn zu wissen. Solltest du ihm begegnen; vertrau ihm auf gar keinen Fall. Er wird dir nichts gutes wollen." "Warum?" "Geh ihm einfach aus dem weg." Er schaute mich eindringlich an. Es musste ihm wohl wichtig sein. War er gefährlich? "Ist er hier in der nähe?" "Wir wissen es nicht genau. Grenzer haben berichtet ihn gesehen zu haben. Das halte ich aber für sehr unwahrscheinlich. Es wäre dumm von ihm, sich so nah an unser Territorium zu wagen." "Hattet ihr einen Krieg mit ihm geführt oder sowas ähnliches?" Er schaute mich an und grinste leicht. "Zerbrich dir darüber nicht den Kopf Kleine. Erhol dich. Dann bring ich dir erstmal bei, wie man richtig und erfolgreich Gespräche belauscht." "Ich hab nicht gelauscht!" "Jaja..." er lachte und setzte seinen weg fort. Erschöpft über diese Unterhaltung schleppte ich mich zurück in mein kuschliges Bett. Bedauerlicherweise musste ich feststellen, das in allen Kissen und Decken Johnsons Duft sich niedergelegt hatte mitsamt seinen Wolfshaaren. Na super. Jetzt konnte ich diesen unverschämten Mistkerl noch die ganze Zeit riechen. Ich wusste gar nicht was ich von ihm halten sollte! Er machte mich verrückt, weil ich einfach nicht schlau aus ihm wurde. Einmal ist er überaus nett und macht auf Besorgt dann wiederum ist er wieder total eigenartig... Nein Lucy, du hörst jetzt auf dir weitere Gedanken darüber zu machen. Ich bekomme davon noch Kopfschmerzen. Er tut mir nicht gut, trotzdem hat er etwas an sich, was mich immer wieder fasziniert. Dabei konnte ich nicht einmal sagen, ob ich ihn wirklich leiden konnte oder woran ich bei ihm war. Ihn einzuschätzen wäre so als ob man einem wilden Tier gegenüber stehen würde und damit rechnete, dass es davonlief und einen dann doch noch überraschend angriff. Es ging einfach nicht! Seufzend kuschelte ich mich doch in meine Kissen und schwelgte in Johnsons Duft.

Wolfsblut (I) | WerwolfWhere stories live. Discover now