Primrue Mellark 3 | Kapitel 27

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Ich rannte so schnell, wie ich konnte durch die Hallen, als es endlich klar war, dass die beiden Teams zurück gekehrt waren.
Alles was ich wollte, war zu Cato zu kommen und keiner würde mich davon abhalten.
Nur noch eine Tür trennte mich zur Krankenstation, als genau diese Aufging und ich in Nex rannte.
Seine Arme schnellten nach vorne, um mich aufzufangen, wodurch ich auch nicht hinfiel. Jedoch konnte ich mich gerade nicht auf ihn konzentrieren.
„Lass mich durch. Ich muss zu ihm.", bat ich energisch, während ich mich schon beinahe aus seinen Händen riss.
„Primrue beruhige dich, die Ärzte kümmern sich gerade um ihn."
„Dann lass mich rein!", verlangte ich noch einmal und schaute ihn nun fest in die Augen.
„Sie operieren gerade Primrue.", erklärte er mir und erneut wurde Eiswasser durch meine Adern geflutet.
Ich spürte Nex Blick auf mir, weswegen ich mich zwang weiter zu atmen und die Tränen, die entstehen wollten, weg zu blinzeln.
„Wie schlimm ist es?", wollte ich wissen und war selber fasziniert, wie fest meine Stimme dabei klang.
„Durch die Explosion wurde er durch die Gegend geschleudert und Splitter haben sich in seine Brust gebohrt. Genaues konnten sie nicht sagen.", gestand er und ich nickte.
Es war wie in dem Moment, in dem ich die Explosion auf dem Bildschirm gesehen und innerlich gespürt hatte, dass irgendetwas nicht mit Cato stimmen konnte.
Ich wollte stark sein, konnte es aber nicht. Zwar versuchte ich die Tränen zurück zu halten, jedoch waren sie zu übermächtig und bahnten sich ihren Weg in die Freiheit.
Mit ihnen kam das Schluchzen und am liebsten wäre ich wieder einfach in mich zusammen gesunken, wenn nicht Nexs Finger nach mir gegriffen hätten. Er zog mich in seine Arme und drückte mich fest an sich, während er beruhigende Worte murmelte. Sein Kopf ruhte auf meinen und seine Hand strich immer wieder über meinen Rücken.
Einerseits tat dies unglaublich gut, andererseits fühlte ich mich ihm gegenüber dadurch nur noch schuldiger. Ich hatte mich nicht für ihn entschieden und trotzdem war er immer noch für mich da.
Trotzdem konnte ich auch nicht aufhören zu weinen, während ich mich in sein Shirt klammerte. Immer stark sein war nicht mehr meine Devise. Sollte doch jeder sehen, dass ich schwach war und Angst hatte. Ich lebte noch, trotz alldem was mir wieder fahren war. Wer dies nicht verstand, hatte auch kein Recht, dass ich mich um seine Meinung sorgte.
Erst als ich mich wieder ein wenig beruhigt hatte, schaute ich vorsichtig zu Nex auf.
„Du bist wegen mir rein gelaufen oder?", fragte ich, woraufhin Nex mich verwirrt anschaute. Er verstand nicht, was ich meinte, weswegen ich noch einmal ansetzte, „Als die Halle explodiert ist, warst du draußen. Du bist rein gegangen, um Cato zu holen, obwohl du nicht einmal wusstest, wie beschädigt da drin alles war. Das Ding hätte über deinen Kopf einstürzen können." Er antwortete nicht, jedoch bestätigte sein Blick meine Vermutung. „Du kannst dich doch nicht einfach so in Gefahr bringen Nex. Nicht für mich! So unglaublich dankbar ich dir dafür bin, ich kann nicht nur an mich denken. Die Leute hier unten brauchen dich. Vielleicht bin ich für einige ein Symbol, wie es meine Eltern einmal waren, aber für die Menschen hier unter dem Kapitol bist du es. Für die Kämpfer auf unserer Seite, bist du nun einmal der Anführer, ohne den es nicht geht. Dein Leben ist zu wertvoll."
„Mein Leben ist nichts Wert, wenn ich nicht ich bleiben kann Primrue.", erwiderte er fast sanft. Er legte seine Stirn gegen meine und ich ließ es zu, da ich das Gefühl hatte, dass er es brauchte. „Ich wollte nie ein Symbol oder ein Anführer sein. Genauso wenig wie du. Vielleicht sind wir es, aber was wäre ich für ein Mensch, wenn ich dies den Grund sein lasse, nicht so zu handeln, wie ich es für richtig erachte. Cato ist dein Leben. Ich musste einfach versuchen ihn da Leben herauszuholen, weil ich sonst nie mehr in den Spiegel hätte schauen können. Ich werde dich immer beschützen, ob du willst oder nicht und dazu gehört halt nun mal auch Cato. Und wir wissen beide, dass wenn die Situation umgekehrt gewesen wäre und ich in der Halle gelegen hätte, dass er nicht einmal eine Sekunde gezögert hätte. Ich hatte drei Monate, um diesen griesgrämigen Kerl kennen zu lernen und auch wenn es ihn immer nur darum ging, dich zu retten, hat er nicht einmal einen von uns im Stich gelassen. Und er würde es auch nicht, wenn du dich anders entschieden hättest. Alles was ich versuche, ist mir daran ein Beispiel zu nehmen."
Erneut zog er mich sanft an sich und ich lehnte mich seufzend an ihn.
Ich wusste nicht wirklich, wie lange ich so mit ihm dastand, aber er beschwerte sich nicht.
Meine Eltern kamen und nahmen mich Nex ab, da Dervan ihn dringend brauchte, ich aber selber mich nicht lösen konnte. Ich hatte nicht einmal mitbekommen, dass sie gekommen waren und nun führten Peeta und Katniss zu einer Reihe Stühle, wo sie mich zwischen sich setzten. Schweigend hielt jeder von ihnen meine Hand während wir weiter warteten.
Trotzdem schienen Jahre zu vergehen, ehe die Tür endlich erneut aufging und ich dadurch regelrecht aufsprang.
Ich rannte den Arzt fast über den Haufen, wodurch er zusammen schreckte.
„Wie geht es ihm?", wollte ich jedoch sofort wissen.
Einen Moment musterte er mich und ich hätte es am liebsten aus ihm heraus geprügelt, während mein Gehirn sich alle schrecklichen Szenarien auf einmal ausmalte.
„Gut.", meinte er endlich und ich atmete erleichtert auf, „Es geht ihm gut soweit. Er müsste bald aufwachen."
Weiter hörte ich gar nicht zu, als ich auch schon durch die Tür verschwand, auch wenn ich nicht wirklich wusste, wo ich hin musste.
Nur halb wusste ich, wo ich selber aufgewacht war, als ich angeschossen wurde, weswegen ich diese Richtung versuchte.
Ich stolperte fast in die Arme eines weiteren Arztes, der mich ebenfalls verwirrt musterte, jedoch dann verstand wo ich hinwollte und mir den Weg sagte.
Als ich endlich das Zimmer erreichte, schmerzte jeder Atemzug vor Anspannung.
Cato wirkte immer noch groß und stark, jedoch war mir nun seine Verletzlichkeit umso bewusster.
Seine Augen waren geschlossen und seine Haut unglaublich blass, weswegen ich so leise wie möglich zu seinem Bett ging, damit er nicht aufwachte.
Es schien jedoch, dass er trotzdem merkte, wie ich kam, denn sowie ich neben ihn stand öffneten seine Augen sich flatternd.
Sein Blick fand meinem und sofort liefen wieder Tränen über meine Augen.
„Hey Kleines.", flüsterte er und hob seine Hand nur wenige Millimeter.
Sofort war ich da und nahm sie in meine eigene.
„Hey.", brachte ich hervor, ehe auch das Schluchzen wieder über meine Lippen brach.
Ich hatte ihn fast verloren und erst jetzt ließ mein Gehirn es zu, dass ich dies komplett realisierte.
Schwach zog Cato mich an sich und ich versuchte ihm nicht wehzutun als ich mich an seine Schulter kuschelte.
„Alles gut Primrue. Alles gut.", versuchte Cato mich zu beruhigen, doch es brachte nur noch mehr Tränen hervor.
Doch es waren eher Tränen der Freunde. Er lebte; er würde wieder gesund werden. Ich hatte ihn nicht verloren, wie ich Haymitch, Dillian oder auch Karlic verloren hatte.
„Ich hatte solche Angst.", gestand ich, „Ich kann dich nicht verlieren."
„Du verlierst mich nicht.", versprach Cato und hauchte mir einen Kuss in die Haare, „Ich bleib bei dir mein Engel. Für immer."

Primrue Mellark 3 | Ungewolltes VermächtnisWhere stories live. Discover now