Primrue Mellark 3 | Kapitel 16

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Draußen angekommen, hatte ich mich eigentlich schon wieder besser gefühlt, aber natürlich hatte Finn mich nicht herunter gelassen, wodurch ich erneut auf der Krankenstation gelandet war. 

Wie immer schaute mich der Arzt nur streng an; sagte mittlerweile aber nichts mehr. Immerhin konnte ich eine neue Pillendose abstauben, was daraus sogar so etwas, wie einen kleinen Erfolg machte. 

Trotzdem war ich müde und erschöpft als ich endlich zurück zu meinen und Catos Quartier ging. 

Gerade als ich die Tür aufdrückte, schluckte ich noch eine Tablette herunter und schaute verwirrt auf, als das Licht noch an war. Ich war mir ziemlich sicher gewesen, dass Cato schon schlafen würde, so wie es meistens war, wenn ich heim kam. 

Doch das Licht war an und er saß mit hängenden Kopf auf den grauen Sofa. 

Argwöhnisch schaute ich ihn an. 

„Alles okay?", fragte ich vorsichtig. 

„Nein.", brachte er sofort heraus, als hätte er nur auf die Frage von mir gewartet. 

Anscheinend hatte er es auch, da er im nächsten Moment seine Finger öffnete und eine meiner halb leeren Pillendosen zum Vorschein kam. 

Mein Blick huschte kurz zum Nachtschränkchen, auf dem die andere stand. Die, von der Cato wusste... als einzige. 

Mist. 

„Willst du mir erklären, wofür du die hast? Oder die im Bad?"

„Wo hast du sie her?", stellte ich knurrend eine Gegenfrage. 

„Aus deiner Trainingstasche.", antwortete und gab mir damit Angriffsfläche. 

„Du wühlst durch meine Tasche?", schrie ich fast schon und nahm ihn die Dose wütend aus der Hand. 

„Sie ist runter gefallen.", erklärte er sich nun auch eindeutig lauter, „Ich wollte nur wieder alles rein tun, als ich das Ding in der Hand hatte." 

Damit hatte ich keinen Puffer mehr, obwohl ich wütend war. Fast wäre mir lieber gewesen, dass er gewühlt hatte, damit ich ein wenig dieser Anspannung, die in mir herrschte, durch schreien abbauen konnte. Deswegen seufzte ich nur frustriert und strich mir durch die Haare, ehe ich das Fläschchen wieder dahin tat, wo es hingehörte. 

„Früher war dies nie ein Problem.", erinnerte mich Cato wieder ruhiger und versetzte mir damit einen Stich im Herzen. Ich wünschte mir, es wäre noch früher. „Früher bist du zu mir gekommen, wenn du Probleme hattest."

„Es ist aber nicht mehr früher und ich habe keine Probleme.", erklärte ich barsch, ohne ihn anzusehen. 

„Schmerztabletten nennst du kein Problem?"

„Ich hab eben noch Schmerzen in der Schulter, na und?", meinte ich und wirbelte wieder zu ihm herum. 

Auch Cato war mittlerweile aufgestanden und schaute mich fast schon neutral an. 

„Dann solltest du nicht so viel Trainieren und kämpfen! Mach eine Pause."

„Der Krieg macht auch keine Pause!", konterte ich und sah ihn heraus fordern an, „Wenn es nach dir ginge, würde ich doch sowieso nur hier drinnen sitzen und nichts tun."

„Und das wäre auch besser!", rief nun er, eindeutig aufgebracht. Mit wenigen Schritten war er bei mir und griff nach meinen Oberarmen. Seine Hände waren bestimmt aber sanft. Trotzdem zuckte ich reflexartig zusammen. Nur kurz war der Schmerz darüber in seinen Augen zu sehen, ehe er wieder härter wurde, „Hast du dich da draußen mal beobachtet? Es scheint als versuchst du dich umzubringen!"

„Und wenn es so ist?", warf ich ihn an den Kopf und brachte ihn damit eindeutig aus dem Konzept, „Was ist wenn es mich nicht mehr interessiert, ob ich Lebe. Ich sollte schon seit einen guten Jahr tot sein und bin immer noch hier! Vielleicht aber eben nur, um noch ein paar Andere mit mir zu nehmen." 

„Denkst du auch mal an die Menschen die dich brauchen?", wollte er wissen und griff nach meinen Gesicht, was es nur um so schwerer machte. „Denkst du auch mal daran, dass ich dich brauche? Ich liebe dich!" 

Seine Worte trieben die Tränen in meine Augen. In seinen Griff gefangen, ließ ich sie einfach über meine Wangen laufen, denn wir wussten beide, dass dies nicht wirklich die Wahrheit war. 

„Du hast sie geliebt.", brachte ich leise hervor, „Die alte Primrue. Die Primrue, die Probleme hatte beim Regen zu schlafen; die ab und zu schwierige Momente hatte aber zum Teil immer noch sie war. Diese Primrue ist aber tot Cato."

Sein Blick brach mir das Herz, besonders als auch in seinen Augen Tränen traten und den Schmerz darin um so vieles verstärkten. Trotzdem wurde es Zeit die Wahrheit zu erfahren. 

„Und ich weiß, dass sie dich geliebt hat. Über alles. Mit dir konnte sie das Schlechte in ihren Leben vergessen."

„Und jetzt liebst du mich nicht mehr?", wollte er wissen und klang dabei mehr als bitter, weswegen ich kurz die Augen schloss. Sein Blick brannte sich jedoch in mein Hirn und ich wünschte, dass ich mich einfach an seine Brust werfen könnte und alles wieder so sein konnte, wie vor meiner Gefangenschaft. Ich wünschte es mir so sehr, aber ich war kein Kind mehr. Ich wusste, dass wünschte nicht wahr wurden, weswegen ich die Augen langsam wieder öffnete. 

„Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt noch kann oder ob Nio mir dies auch genommen hat. Aber für dich würde ich es versuchen. Für dich würde ich es heraus finden.", flüsterte ich und strich nun meinerseits über seine Wange. Ich hatte Angst vor meinen nächsten Worten; vor seiner Reaktion. „Aber kannst du diese neue Primrue lieben? Ich weiß, dass du es dir wünscht und hoffst, aber die alte Primrue kommt nicht mehr wieder. Ich bin kaputt. Kannst du das lieben?"

Sein Blick war mir eigentlich Antwort genug. 

Wenn es überhaupt möglich war, schien sich der Schmerz in seinen Augen sogar noch zu vergrößern. 

Er hatte wirklich gehofft. Er hatte sich daran festgehalten, dass ich wieder so werden würde, wie ich war. Wie die Primrue war, die sich Nio gegeben hatte, um die Anderen zu retten. 

Als er jedoch begriff, dass sie nicht wieder kommen wurde, sah ich die Unschlüssigkeit in seinen Blick. 

Es war dies, was mein Herz endgültig brach. Die Blicke bei unseren Mission; bei Besprechungen. Cato konnte nicht diese Primrue lieben. Hatte er nicht auch etwas besseres verdient als mich? Hatte er nicht selber genug durchgemacht?

Immer noch kamen keine Worte über seine Lippen, doch seine Augen entschuldigten sich regelrecht. 

Vorsichtig nahm ich seine Hände von meinen Wangen und hauchte einen letzten Kuss, in seine linke Handfläche. 

Ich wollte nicht gehen, aber es wurde Zeit, dass ich ihn los ließ; damit auch er endlich mein altes Ich gehen lassen konnte. 

Wie ich es zu Tür schaffte, war mir im nach hinein ein Rätsel. Ohne zu wissen, wo ich wirklich hinging, lief ich apathisch durch die Gänge, bis mir keiner mehr entgegen kam. Bis ich alleine war. 

Erst dann rutschte ich an der Wand hinunter und begann zu weinen. Ließ zu, dass der Schmerz über mich hinweg rollte und mich vollkommen einnahm. Ließ zu, dass ein weiterer kleiner Teil von mir starb.

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Wie wird Primrue ohne Cato klar kommen? Kann sie es überhaupt? Was denkt ihr? Was wird wohl als nächstes passieren? Ich freu mich über Sterne und Kommentare *.*

Primrue Mellark 3 | Ungewolltes VermächtnisOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz