Primrue Mellark 3 | Kapitel 18

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Ohne mich zu rühren lag ich auf der Liege und starrte an die Decke über mir. Während der Arzt wieder einmal eine Wunde verarztete, spürte ich als einziges, die Kälte die durch meine Glieder rauschte und dort nun schon seit Wochen vorherrschte. 

Seit ich bei Shade eingezogen war. 

Ein eigenes Bett hatte ich schon am nächsten Morgen bekommen, jedoch war der schwierigere Gang, meine Sachen aus Catos Wohnung zu holen. Natürlich war ich zu einer Zeit gegangen, wo ich wusste, dass er nicht da war. Trotzdem hatte es geschmerzt in jeden der Gegenstände ihn zu sehen, weswegen ich nur schnell meine wenigen Sachen in eine Tasche geräumt hatte. Dabei versuchte ich so gut wie möglich zu ignorieren, dass der kleine Tisch, der immer beim Sofa gestanden hatte, nicht mehr da war. Dafür war eine deutliche Schramme in der Wand daneben was das Schicksal des Gegenstandes wohl deutlich machte. Schon damals wollte ich nicht darüber nachdenken, da jeder Gedanke an ihn schmerzte. 

Es war wieder Nex gewesen, der mich danach aus meinen erneuten Tief heraus geholt hatte, in dem er einfach mit mir sprach. Nicht unbedingt etwas, was er gerne tat, aber für mich strengte er sich an. 

Dadurch erfuhr ich immer mehr Einzelheiten über ihn selber. Unter anderem, dass er damals, ehe er gefangen genommen wurde und gefoltert, von hier unten abgehauen war. Er hatte das Leben in Schatten und Dervans Vorsicht einfach nicht mehr ausgehalten. Deswegen war er losgelaufen; einfach nur fort, genau in die Arme seines Vaters. Ein Fehler, den er bis heute nicht vergisst. Trotzdem war er um so vieles Stärker als ich und ich hoffte, dass meine eigene Folter mich irgendwann vielleicht ebenfalls stärken würde. Bis dahin musste ich mich einfach von meinen eigenen Problemen ablenken.

Ich arbeitete immer mehr mit Padax zusammen und auch Flax blieb oft bei uns, wodurch wir unser eigenes kleines Team waren. Nex belastete sich mit beiden Teams doppelt, aber er bestand darauf, an unserer Seite zu sein. Nachts schlief ich nicht wirklich, außer die Erschöpfung zwang mich dazu. Erholsam waren diese Nächte auch nicht, weswegen ich meine Tabletten nutze, um durchzuhalten. Offiziell war meine Schulter wieder ausgeheilt, aber irgendwie kam ich immer wieder an das Schmerzmittel, dass mich fit genug hielt, um zu funktionieren. 

Meistens zumindest. 

Heute hatte ich einen Moment nicht aufgepasst und schon hatte ich wieder Bekanntschaft mit einer Kugel gemacht. Dummerweise war der Schütze nur schlecht gewesen. 

Die Tür wurde aufgerissen, weswegen der Arzt und ich verwirrt aufschauten, als auch schon eine kleine Gestalt herein gehuscht kam.

„Henna?", brachte ich verwirrt heraus und setzte mich komplett auf. 

Das Mädchen schaute mit weit aufgerissenen Augen zu mir, ehe sie schluchzend zu mir gerannt kam und sich an mich klammerte. 

Meine Arme legten sich reflexartig um sie, da dies in letzter Zeit einfach viel zu oft passierte. 

„Hey ist doch alles gut.", versuchte ich sie zu beruhigen, jedoch schien es nicht wirklich zu helfen, wodurch ich hilflos zum Arzt schaute. 

Dieser zuckte jedoch nur mit den Schultern und ging aus dem Zimmer. Mein Arm war versorgt; für mehr war er nicht zuständig. Sehr hilfreich. 

„Henna...", begann ich erneut, doch endlich sprach sie von sich aus. 

„Es hieß du wärst angeschossen wurden. Ich hab an das letzte mal denken müssen... die Schulter.", schniefte sie immer noch. 

Vorsichtig schob ich sie ein Stückchen von mir und zeigte meinen bandagierten Oberarm. 

„Nur ein Streifer. Nichts schlimmes.", behauptete ich. 

Im ersten Moment betrachtete Henna mich nicht wirklich überzeugt, weswegen ich ihr sogar noch ein Lächeln schenkte.

Zwar erwiderte sie es, aber es konnte nicht einmal mich überzeugen. Seufzend sprang ich von der Liege. 

Ich hasste es, in den Augen der anderen immer wieder die Sorge um mich zu sehen. Niemand schien zu glauben, dass ich dies alles schaffen konnte. Cato nicht und auch Henna zweifelte. 

„Komm. Ich bring dich in dein Zimmer.", murmelte ich deswegen etwas kühl aber ich brauchte diese Distanz, um nicht einfach daran zu zerbrechen, dass sie mir nicht einmal mehr vertrauten. Anscheinend dachten die Beiden, dass ich mich freiwillig in die nächste Kugel werfen würde, die meinen Weg kreuzte. 

Ein nicken war alles was ich bekam, aber es war mir egal. Ich konnte mich gerade nicht auch um ihre Probleme kümmern. Sie war hier sicher, alles andere war erst einmal unwichtig. 

Mit fast schon schnellen Schritten ging ich voraus. Trotzdem holte Henna mich ein und wir liefen schweigend nebeneinander her. Ihren Kopf hielt sie gesenkt und ich fragte mich, was in ihren Kopf vor sich ging. Wieder einmal. 

Es frustrierte mich, nicht zu wissen, was los war, gleichzeitig zwang ich mich selber dazu, mich mehr auf mich selber konzentrieren. Irgendwie kollidierten diese zwei Seiten jedoch immer wieder und sorgten für ein reines Gedankenwirrwarr in meinen Kopf, wodurch nun auch noch Kopfschmerzen hinzu kamen. 

Fast war ich sogar froh, als wir bei Hennas Zimmer ankamen, jedoch ging das Mädchen nicht einfach rein. 

„Ich mach mir Sorgen Primrue."

„Musst du nicht.", beschwor ich sie, doch sie schüttelte nur den Kopf. 

„Du siehst müde und erschöpft aus.", beharrte Henna hartnäckig. 

„Wir sind im Krieg. Da ist nun mal nicht viel Zeit für Schlaf.", erinnerte ich sie. 

Trotzdem starrte sie mich weiter an und ihr Blick bohrte sich regelrecht in mein Hirn. 

„Ich hab doch bereits alles verloren. Trotzdem stürzen du und Nex euch ständig da draußen in Gefahr.", erklärte sie leise, „Ihr seit doch die letzten Beiden die ich habe. Ich kann euch nicht auch noch verlieren."

Immer noch ruhte ihr Blick auf mir, weswegen ich die harte Schale, die ich seit Wochen wie einen Panzer um mich trug erneut für sie kurz fallen ließ und sie wieder an mich zog. 

„Du verlierst uns nicht. Nex und ich passen auf uns auf." 

„Er schaut nur nach dir.", meinte Henna fast schon trotzig was mich schmunzeln ließ. 

„Und ich eben nach ihm. Also passen wir eben aufeinander auf.", konterte ich sofort. 

Seufzend gab sie darauf hin nach und löste sich langsam aus der Umarmung. 

„Du passt auf dich auf. Versprochen?"

„Versprochen.", gab ich zurück und entließ sie in ihr Zimmer. 

Sie war viel zu jung um bereits so viel Angst auszustehen. Vielen Kinder ging es so und die Schuld daran lag bei mir. 

Dieser Druck machte mich noch wahnsinnig. Ich spürte die Erschöpfung in jeden Muskeln meines Körpers. Die Tränen brannten erneut in meinen Augen und es kostete mich mehr Kraft, als ich hatte, um sie zu unterdrücken. Alles schmerzte nur noch und ohne Cato gab es keinen Ort an den ich mich zurück ziehen konnte, um mich auszuruhen. 

Er schaut nur nach dir

Hennas Worte kamen mir wieder in den Sinn. Sie hatte Recht. Nex schien sich immer erst zu vergewissern, ob es mir gut ging und ich in Sicherheit war, ehe er nach Padax oder Flax schaute. Mir ging es dabei jedoch nicht anders. Wir hatten uns schon gegenseitig in der Arena beschützt, taten es auch jetzt noch. Dazu verstand kein Andere so sehr wie Nex, was ich durchgemacht hatte. 

Vielleicht gab es also doch einen Ort, an dem ich zumindest für ein paar Stunden vergessen konnte.


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Primrue Mellark 3 | Ungewolltes VermächtnisWhere stories live. Discover now