Primrue Mellark 3 | Kapitel 14

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Ich ging zurück in meine und Catos Wohnung. 

Das Zimmer war in gedimmtes Licht gehüllt, wie die meiste Zeit des Tages. Die Tür zu Bad war geschlossen, doch das rauschen der Dusche war zu hören, was mir zeigte, dass Cato da war. 

Es entspannte mich ein wenig zu wissen, dass er da war, auch wenn ich immer noch nicht wusste, wie ich auf ihn reagieren sollte oder wie er meine Anwesenheitannehmen würde. 

Um mich abzulenken, zog ich meine Kleidung aus, die immer noch vom Kampf voller Schmutz und Blut war. 

Da ich selber ebenfalls noch unter die Dusche wollte, beschloss ich nur einen Bademantel überzuziehen. 

Gerade als ich fertig war, ging die Tür zum Badezimmer auf und Cato kam heraus. 

Ich versuchte nicht auf seinen nackten Oberkörper zu starren, doch es viel mir wie immer schwer. 

Schnell schaute ich höher, um auf seine Augen zu treffen, aber es war nicht wirklich besser. Irgendetwas hatte sich zwischen uns geändert und ich konnte nicht sagen ob es schlimm war oder nicht. 

„Wie geht es Shade?", fragte er nach einer Weile des unangenehmen Schweigens und ich räusperte mich, ehe ich wieder weg schaute. 

„Gut. Er ist über den Berg. Sah wohl schlimmer aus, als es wirklich war.", erklärte ich schnell und überlegte, wie ich die Unterhaltung am Leben halten konnte. 

Früher war dies nie ein Problem gewesen. Wir hatten oft geschwiegen, doch war es nie unangenehm gewesen. Seine stille Nähe war oft alles gewesen, was ich gebraucht hatte und ich merkte wie sehr ich es vermisste. Immer noch hielt er mich und ich fühlte mich sicher, aber etwas fehlte. Ich wurde fast wahnsinnig, weil ich nicht wusste was. Dieses etwas stand unsichtbar zwischen uns. 

Am liebsten hätte ich ihn angeschrien, es mir einfach zu sagen, andererseits hatte ich Angst davor. 

Ich wollte einfach nur meine Ruhe, weswegen ich den Weg des Feiglings ging. 

Ich verschwand im Bad, ohne ein weiteres Wort. 

Seufzend blieb ich erneut länger als nötig unter dem Wasserstrahl stehen. Danach starrte ich in den Spiegel und versuchte in der Gestalt darin mich zu sehen. 

Ich hatte in den letzten Worten wieder zu genommen, doch das war auch das einzige positive. 

Unter meinen Augen waren Ringe zu sehen, die zeigten, wie schlecht ich manchmal schlief und das ich nicht wirklich zu Ruhe kam. Früher hatten die Menschen mir gesagt, ich hätte die Augen meiner Mutter. Mittlerweile sah man darin eine eigene, grausame Geschichte. Nicht nur die Narbe an meiner Schulter, waren Beweise davon. Überall waren weiße Striche auf meiner Haut; die meine Geschichte erzählten und mich selber daran erinnerte. Gerade jetzt, hier in diesem Licht, sah ich deutlich die Narbe, die mein Gesicht teilte. Von der Stirn über den Nasenrücken und auf die Wange verhöhnte sie mich. Sie zeigte mir mein erstes und schlimmstes versagen. Ein Versagen, dass meinen Bruder das Leben gekostet hatte. 

Frustriert, wie so oft, zog ich mich an und nahm eine weitere Tablette aus dem Fläschchen, welches ich hier im Bad hatte. 

Sie nahmen nicht nur den Schmerz, sondern schienen mich auch zu beruhigen. Zumindest hatte ich mich wieder besser unter Kontrolle, als ich aus dem Bad hinaus trat. Wirklich nötig war es jedoch nicht, da Cato bereits tief und fest schlief. 

Einen kurzen Moment starrte ich ihn verwirrt an. Er wirkte nicht einmal im Schlaf entspannt. Anscheinend half ihm meine Nähe nicht so sehr wie seine mir. 

Der Gedanke versetzte mir einen Stich, weswegen ich schnell zum Bett schlich. Ich wollte nicht darüber nachdenken. Ich wollte nur schlafen. Aber mit der Lücke zwischen uns, war dies gar nicht so einfach. 

Auch die nächsten Tage und Wochen veränderte sich nichts wirklich daran. 

Ich konzentrierte mich auf mein Training mit Shade. Als ich wieder besser wurde, trainierte ich auch oft mit Nex und auch Dervan. Ich mochte den nachdenklichen Mann an Nexs Seite. Man konnte sehen, dass die beide ein Band verband, was nur Menschen hatten, die viel mit einander durchgemacht hatten. Oft ging ich auch auf Missionen. Nicht nur mit meiner bekannten Mannschaft, sondern auch mit anderen. Ich war nie mit nur fremden Gesichtern unterwegs; darauf achtete Nex und auch besonders Shade. Es war immer einer der beiden dabei und später oft Padax. Wir hatten schnell festgestellt, dass er und ich gut harmonierten. Wenn er vorstürmte, hielt ich ihm den Rücken frei und anders herum. Zwischen drin waren die Aufträge auch kniffliger, aber jedes mal, wenn wir Nio ein wenig Näher kamen war das Erfolgsgefühl berauschend. In solchen Zeiten fühlte ich mich nicht so leer; wie sonst die meiste Stunden des Tages.

Natürlich gab es auch kleine Rückschläge. Meine Schulter wurde besser, aber ganz schien sie nie ausheilen zu wollen. Dank den Tabletten war es jedoch kein Problem damit klar zu kommen und trotzdem fit zu sein. Ich stand immer früh auf und kam spät heim. Cato und ich lebten mehr nebeneinander her, als mit einander aber es war auch nicht die Zeit dafür. Schließlich waren wir nicht zuhause in Distrikt Zwölf, sondern in einer trostlosen Umgebung ohne Fenster. 

Es war einfach nie genug Zeit für alles. Meine Eltern wollten mich regelmäßig sehen, besonders seit ich auf gefährlicheren Missionen waren. Sie schienen erst zu glauben, dass es mir gut ging, wenn ich vor ihnen stand. Navet sah ich fast nur, wenn er in den Gängen an mir vorbei rannte und meinen Namen rief. Henna hingegen war schwieriger. Am Anfang dachte ich, dass es ihr gut ging. Sie war nie vorbei gekommen, also dachte ich, dass sie sich gut eingelebt hatte. Doch das war nicht so. Eines Tages stand sie vor mir und brach weinend zusammen. Während sie sich an mich geklammert hatte, dachte ich selber daran, auch einfach zusammen brechen zu wollen, aber anscheinend gab es mehr Menschen die mich brauchten, als ich selber gewusst haben. Seit dem versuchte ich immer so viel Zeit wie möglich mit ihr zu verbringen. So konnte ich sie und mich ablenken, da hier unten sie alles an die Arena erinnerte. Ich musste nicht über meine Gefangenschaft nachdenken oder über meine toten Freunde. Wie mein Leben weiter gehen sollte, wenn dieser Kampf jemals zu Ende war, wusste ich nicht.

Vielleicht wäre ich bis dahin aber sowieso schon tot. 

Vielleicht wäre dies das einfachste...

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Schenkt mir Sterne und Kommentare. Was denkt ihr passiert als nächstes? Tut Primrue das Richtige? Wie lange denkt ihr, kann sie noch durchhalten? Wer bemerkt als erstes, dass etwas nicht stimmt?

Primrue Mellark 3 | Ungewolltes VermächtnisWhere stories live. Discover now