Soulpath - forever yours [LAUFEND]

16.Kapitel ~Helianthus annuus~ ✔

Bild: We heart it Anabellster

Lied: Sam Smith - Fire on Fire

Tim's P.O.V

Besorgt schaue ich mir dieses Mädchen an. Diese Frau, die so plötzlich in mein Leben getreten ist. Wie eine Sternschnuppe, die ohne Vorwarnung am Nachthimmel erscheint und gleich darauf wieder erlischt. Aber Mia ist keine Sternschnuppe. Sie verschwindet nicht einfach so, sondern scheint mit jedem weiteren Moment, in dem sie einen mit ihren olivgrünen Augen ansieht, immer heller zu leuchten.

Die Dunkelheit der Gegenwart zu durchbrechen und selbst bis in die Vergangenheit alle negativen in positive Empfindungen zu verwandeln. ,,Ich komme", höre ich sie angespannt sagen. Ihre Gesichtszüge verhärten sich. Wut, aber auch Angst spiegeln sich in ihnen wieder. Mit zittrigen Fingern lässt sie ihr Handy in der hinteren Hosentasche verschwinden und setzt ein gequältes Lächeln auf: ,,Es tut mir leid, aber ...", sie stockt.

Gebannt warte ich eine Antwort von ihr ab. Erlaube es mir, ihre makellose Haut zu bewundern, die in der Sonne wie helles Karamell leuchtet. ,,Es gibt einen Notfall, ich muss nach Hause", bringt sie durch zusammengepresste Lippen hervor und knetet ihre Hände. Ein ungutes Gefühl überkommt mich. Ihre Mutter.

,,Natürlich, ich fahre dich", entgegne ich gefasst, kann es allerdings nicht verhindern, dass mein Puls sich beschleunigt. Als meine Mutter damals an Eierstockkrebs erkrankt ist, ging es mir permanent so. Jedes Mal, wenn ich auch nur kurz weg gewesen war und einen Anruf erhielt, blieb die Zeit stehen. Ich traute mich irgendwann nicht einmal mehr, sie überhaupt noch alleine zu lassen. In einem trostlosen Krankenhauszimmer, das mein Vater und ich mit dutzenden von Sonnenblumen dekorierten, um ihr wenigstens ein Stückchen Zuhause zu schenken.

,,Nein! Nein.., das musst du nicht." Nervös streicht sie sich eine ihrer dunkelblonden Haare hinter das Ohr. Es wirkt beinahe so, als hätte sie etwas zu verbergen. Als stecke mehr hinter diesem Anruf, den sie soeben erhalten hatte. ,,Wenn du mich nur zu unserem Treffpunkt bringen könntest. Dieser Baum am Feldweg?", stößt sie hervor, nur um sicher zu gehen, dass ich weiß was sie meint. Wie könnte ich das nicht? Ihre Worte durchströmen meinen Körper mit Wärme. Diese Wärme, die ich in den letzten Tagen schon öfters gespürt habe.

,,Gerne", raune ich mit einem leichten Grinsen und sehe so etwas wie Erleichterung in ihren Augen aufblitzen. Wortlos führe ich sie von der Koppel weg, nehme Leo auf den Weg mit und begleite sie zurück. Keiner von uns durchbricht die Mauer aus Schweigen, die sich unaufhaltsam zwischen uns aufbaut.

,,Das sollten wir wiederholen", sage ich in die Stille und schaue sie kurz von der Seite aus an. Meine Gedanken schweifen zu dem Moment zurück, wo sie ihre zierlichen Arme um meinen Körper geschlungen hat, um mir Trost zu schenken. Sie hat mich nicht für das verurteilt, was damals geschehen ist. Ihr Blick war voller Mitgefühl, nicht kritisierend.

,,Unbedingt", fast schon engelsgleich dringt ihre beruhigende Stimme an meine Ohren. Ich kann es mir kaum vorstellen, das so ein zerbrechlicher Mensch auch irgendwann mal richtig wütend werden kann. Zumindest nicht ohne triftigen Grund. ,,Es tut mir wirklich leid, ich dachte wir hätten mehr Zeit. Irgendwie kommt immer etwas dazwischen", schmunzelt sie wehmütig und räuspert sich, als ob sie selbst nicht glauben könnte, das sie das gerade gesagt hat.

Ich denke an unser erstes Aufeinandertreffen. Wie sie dort stand, völlig eingesaut in Leos' Pferdeäpfeln. In ihrer schwarzen Jogginghose und diesem viel zu weiten, braunen Strickpullover. Ihre Wangen rot vor Scham. Und ich hatte trotz allem noch nie eine schönere Frau, wie sie gesehen.

9 Tage Hughes. Du kennst sie gerade einmal 9 Tage.

Schnell schüttele ich den Gedanken ab. ,,Du brauchst dich für nichts zu entschuldigen. Wir werden schon einen Tag ohne Unterbrechungen zusammen verbringen können. Spätestens, wenn wir tauchen gehen. Unterwasser funktionieren Handys üblicherweise nicht", antworte ich mit einem Zwinkern und beobachte, wie über ihre vollen Lippen ein schwaches Lächeln huscht.