6. Kapitel ~Das Dorffest~ ✔

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Lied: •Madeline Juno - Like Lovers Do•

Mit einem Lächeln auf den Lippen schließe ich die Haustür hinter mir und lehne mich mit einem leisen Seufzen an. Tims' Angebot habe ich mir definitiv zu Herzen genommen, auch wenn es aus einer Lüge her entstanden ist. Viel dazu sagen konnte ich nicht. Einzig und allein ein heiseres Danke hat meinen Hals verlassen, ehe ich schnurstracks davon gelaufen bin.

,,Mia Charlotte Green", die liebevoll strenge Stimme meiner Mutter reißt mich aus meinen Gedanken. Völlig angewidert mustert sich mich und rümpft ihre kleine Stupsnase. ,,Wie siehst du denn aus? Da lässt man dich schon alleine weg und dann sowas. Ist dir etwas passiert mein Schatz?", sofort macht sie ein paar Schritte auf mich zu, hält jedoch wenig später wieder inne.

,,Sind das etwa Pferdeäpfel?", fragt sie nicht gerade begeistert und hält sich die Hand vor ihr Gesicht. Derweil beobachtet Adam das Schauspiel klamm heimlich um die Küchenecke herum und kichert laut. Ich werfe ihm einen spielerisch beleidigten Blick zu und streife mir die Chucks von den Füßen. ,,Kann sein", erwidere ich auf die Frage meiner Mutter hin und räuspere mich kurz.

,,Dann werde ich mal duschen gehen", hänge ich noch schnell hinten dran und stürme die Treppen hinauf ins Badezimmer. Noch länger hätte ich mich selbst auch nicht mehr riechen können. Wenig später sitze ich frisch eingekleidet am Frühstückstisch und beiße genüsslich in mein Brot mit Spiegelei darauf.

Dabei denke ich die ganze Zeit an Tim. Er mag mir einfach nicht aus dem Kopf gehen, was eigentlich total bescheuert ist. Schließlich ist er ein Fremder für mich. ,,Erde an Mia", die Hand meines Dads' wedelt langsam vor meinen Augen herum. ,,Hm?", murmele ich und klimpere mehrmals mit den Wimpern.

,,Was ist da draußen passiert? Du bist die ganze Zeit über schon so abwesend. Hat dich die Natur so beeindruckt oder etwa doch die Pferdeäpfel, sodass du dich gleich dazu entschieden hast ein Bad in ihnen zu nehmen?", neckt er mich und handelt sich sofort einen Schlag auf seine Schulter ein. ,,Sehr witzig!". Zwar versuche ich ernst zu bleiben, kann es allerdings nicht verhindern leicht zu lachen.

Auch Adam und Mom stimmen mit ein. Warum muss auch immer mir so etwas passieren? ,,Da du es scheinbar nicht gehört hast; wir gehen heute Abend auf das alljährliche Sommerfest in Kaikoura. Deshalb solltet ihr euch vielleicht noch etwas schlafen legen, bevor es losgeht. Um 17 Uhr fahren wir."

Ich verschlucke mich beinahe an meinem Brot. Ein Fest? Gott meint es heute anscheinend echt nicht gut mit mir. Seit einiger Zeit habe ich die Lust an solchen Veranstaltungen verloren. Sie bieten keinen wirklichen Anreiz mehr für mich. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass sie mich zu sehr an David erinnern. Sobald er nur die Möglichkeit dazu hatte ein Festival zu besuchen, schliff er mich direkt mit.

Man muss alles mitnehmen was geht, hatte er immer gesagt. Leider wurde mir dieses Gefühl schneller als erwartet wieder genommen.

,,Ich bleibe lieber hier", sage ich unbeeindruckt und würge auch das letzte bisschen Ei herunter. Der Appetit ist mir soeben vergangen, denn sofort schießen mir wieder die Bilder durch den Kopf, die ich nie mehr vergessen kann.

Mein Vater versteht sofort und rutscht nervös auf seinem Stuhl rum. Dieser eine Tag schwebt wie ein scharfes Schwert über unseren Köpfen herum. Befestigt an einer dünnen Schnur, die durch nur ein falsches Wort jede Sekunde reißen könnte. ,,Danke fürs Essen, ich lege mich etwas hin", mit einem dicken Klos im Hals richte ich mich auf und drücke meinem Dad einen Kuss auf die Wange.

Ich kenne ihn. Er wird sich noch tagelang schlecht fühlen, nur weil ich Davids' Tod nicht verarbeitet habe. Weil ich ihn nicht verarbeiten kann.

Oben angekommen schmeiße ich mich auf mein Bett und unterdrücke die herannahenden Tränen. Meine Hand wandert wie von selbst zu den Tabletten auf meinem Nachttisch. In solchen Momenten will ich nur noch schlafen.

Soulpath - forever yours [LAUFEND]Where stories live. Discover now