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ALESSIA

Die kommende Woche nach der Party des Bürgermeisters verlief ereignislos. Zweimal habe ich mich mit Maria getroffen, jeden Abend in der Bar geschuftet und froh morgens erschöpft ins Bett gefallen. Neue Medikamente aus der Apotheke besorgt, mir Blut abnehmen lassen, um meine Werte zu checken, dessen Ergebnisse ich nächsten Montag bekommen werde.
Donnerstag schließlich, habe ich Romeos Angebot angenommen, nachdem ich ausführlich mit Maria darüber gesprochen hatte. Sie ist der Meinung, dass ich es mir wenigstens anhören soll. Hat er das verdient? Nein. Trotzdem habe ich mich bereiterklärt. Mag sein, dass es ist, weil er mir versichert hat, dass er mich danach endlich in Ruhe lässt. Allein die Aussicht darauf löst ein Kribbeln in mir aus. Ich will ihn endlich vergessen. Wenn ich ihn loswerden kann in dem ich dieses eine treffen über mich ergehen lassen bei dem er mich mit lahmen Entschuldigungen und ausreden zutextet, dann ist es wohl so. Danach habe ich immerhin meine Ruhe.

Romeo weiß ja, wo ich wohne, und so hat es mich nicht überrascht als eine schicke schwarze Limousine vor der Tür auf mich gewartet hat. Wohin es geht, weiß ich noch nicht, aber ich erahne es, als wir zum Hafen abbiegen und mir seine Worte von letzter Woche zurück ins Gedächtnis kommen. Er hat etwas von seiner Yacht erwähnt.
Sein Onkel, auch ein Parisi, baut diese Dinger. Er ist extrem erfolgreich und angesehen in ganz Europa. Auch Romeos Ungetüm von Boot, an das ich mich schwach erinnern kann, stammt aus der Parisi Werft seines Onkels. Ausgestattet mit allem möglichen Luxus und Schnickschnack.
Überraschenderweise finde ich jedoch keine Yacht an ihrem Ankerplatz im Hafen vor, sondern ein Beiboot mit der Aufschrift Siren of the Sea. Dafür bin ich nicht passend gekleidet... Das schlichte Kleid, was ich trage, muss ich festhalten als eine Windböe kommt. Zwei Männer warten Board. Einer hilft mir, indem er mir die Hand ausstreckt und der andere steht hinter dem Steuer. Sie sprechen kein Wort mit mir. Nicht als ich mich fragend zum Auto umdrehe, dass in dem Moment den Steg verlässt und auch nicht, als der Captain Gas gibt und wir den Hafen verlassen und mit einer hohen Geschwindigkeit hinaus in die Bucht fahren. Meine Haare wehen im Fahrtwind, ich umklammere meine Tasche auf meinem Schoß, wippe aufgeregt mit meinem Fuß und betrachte unser immer größer werdendes Ziel.
Die Sonne steht tief am Horizont im goldenen Schein der Abendstunde erkenne ich das polierte vierstöckige Ungetüm im Wasser treiben, weit draußen von der Stadt entfernt, dort wo uns niemand, nicht mal mit dem Fernglas vom Strand aus, beobachten könnte. Über diesen Fakt bin ich recht erleichtert, da ich mich nun mit beruhigterem gewissen auf diesen Abend konzentrieren kann.

Die Wellen hier draußen werden sanfter als am Hafen, das Boot schaukelt nur wenig im blauen Wasser.

Von weitem erkenne ich Romeo an der Reling des ersten Deck stehend. Die Hände in den Taschen seiner Hose. Der Blick, der auf seinem Gesicht sitzt als er uns entdeckt, macht mir ein mulmiges Gefühl. Zwei Mitarbeiter machen das Beiboot am Heck der Yacht fest, sie wechseln wenige Worte mit den anderen Männern, die mich hergefahren haben. Sie tragen alle dieselbe Uniform – ein Poloshirt mit Aufschrift der Yacht samt Logo und eine schwarze kurze Cargohose, die überm Knie endet.
Romeo schlendert die Treppe hinunter auf uns zu auf die Schwimmplattform, gerade, als einer der Mitarbeiter mir die Hand reicht und ich aus dem Beiboot auf den Teakboden hilft. Bevor ich das Gleichgewicht verliere, weil meine Sicht sich für wenige Sekunden trübt, fängt er mich. »Vielen Dank«, murmle ich peinlich berührt etwas unbeholfen. Gott, meine Wangen färben sich bestimmt bereits rot. Ich schultere meine Tasche, drehe mich zu Romeo, der sich ein nonchalantes Lächeln aufzwingt und sich durch die Haare fährt, die locker zurückgekämmt auf seinem Kopf liegen. »Willkommen auf der Serendipity«, begrüßt er mich. Neben ihm prangt der beleuchtete Schriftzug auf der Yacht, die ich schon lang nicht mehr betreten habe. »Hat sich ja nicht viel verändert«, merke ich, mich umschauend an. Romeo schnaubt. »Hm, ich mag es so.« Ich auch, würde ich am liebsten sagen, aber ich verkneife es mir, um ihn nicht denken zu lassen, dass hier würde einfach werden. Ich werde es ihm nicht einfach machen.

King of Palermo | 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt