Kapitel 68

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James konnte sein Glück kaum fassen. Worte konnten nicht beschreiben, was er fühlte. Glück, grenzenlose Freude und maßlose Erleichterung überschwemmten seinen Körper. Dieser Moment war vollkommen, die Erfüllung all seiner Träume. Joy lag in seinen Armen! Endlich. Nach so langer Zeit. Er hatte es geschafft! Er hatte sie wieder.

Dankbar drückte er seine geliebte Tochter an sich. Nur mit halbem Ohr bekam er mit, wie Bryan die Anwesenden bat, für einen Moment den Raum zu verlassen und James und Joy wenigstens eine Minute der Zweisamkeit und Ruhe zu gönnen. Als letzter verließ auch Bryan den Raum.

James wollte diesen Augenblick am liebsten einfrieren. Joy war endlich wieder bei ihm, in Sicherheit! Wie oft hatte er in den letzten Tagen daran gezweifelt, Joy retten zu können, und war an der Angst beinahe zerbrochen, seine geliebte Tochter nie wiederzusehen. Jetzt war sie bei ihm und er bei ihr. Er würde sie nie wieder loslassen. Nie wieder. Und er würde nicht zulassen, dass ihr je wieder etwas zustieß.

Ihr zarter Arm lag auf seinem Rücken und hinterließ eine Spur voller Liebe. James hörte Joy in seinen Armen leise atmen und war so unendlich froh, dass er endlich für sie da sein konnte. Ihr endlich den Trost spenden konnte, den sie so dringend brauchte. Und die Liebe. James war unheimlich erleichtert, dass es nun vorbei war. Dass es ihm gelungen war, seine Tochter vor Henry zu retten.

Joy wurde ruhiger. Es tat gut zu wissen, dass sie durch seine Nähe zur Ruhe kommen konnte. Doch dann ließ der Druck ihrer Umarmung plötzlich nach. Langsam löste sich ihr schwacher Arm von seinem Rücken und fiel wie in Zeitlupe schlaff herab. Gleichzeitig sackte auch ihr Kopf nach hinten.

James' Herz blieb stehen. Die Welt hörte auf, sich zu drehen. Panisch hielt er Joys Kopf hoch, hielt seine Hand vor ihren Mund und fühlte nach ihrem Atem. Aber da war nichts. Da war nichts! Joy atmete nicht mehr!

Panik und Verzweiflung brachen über ihn herein. Joy hatte aufgehört zu atmen!

Die Erkenntnis schlug bei ihm ein wie eine Bombe: Joy hatte aufgegeben. Sie hatte den Kampf letztendlich aufgegeben. Vermutlich hatte sie nur noch auf diesen Moment gewartet. Darauf, ihren Dad noch einmal wiederzusehen. Es war ihr letzter Wunsch, der Wunsch, der sie am Leben gehalten hatte. Nun war er in Erfüllung gegangen. Für Joy bedeutete das, dass sie endlich gehen konnte. Dass sie den Kampf aufgeben und alle Qualen hinter sich lassen konnte.

In vollkommener Schockstarre hielt James seine Tochter in den Armen und sah sie einen Moment lang nur an – bis endlich ein Teil seines Verstandes wieder einschaltete und ihn zum Handeln drang.

„Hilfe!", schrie er. „Hilfe!"

Verdammt, seine Tochter war am Sterben! Sie atmete nicht mehr. Vielleicht war es für sie in Ordnung, zu gehen. Aber er war damit nicht einverstanden. Er hatte noch Pläne für sie und war ganz und gar nicht bereit, sich von ihr zu verabschieden.

Nein, er würde sie nicht sterben lassen, egal wie sehr sie es sich wünschte. Das mochte egoistisch sein, aber er hatte nicht so lange gekämpft, um sie nach einer Minute der Zweisamkeit wieder zu verlieren. Auch Joy sollte nicht umsonst gekämpft haben. Verdammt, sie hatte eine Woche lang die Hölle überlebt, nur um eine halbe Stunde nach ihrer Rettung zu sterben? Das würde James nicht zulassen.

Hektisch legte er Joys Oberkörper zurück ins Bett. Sie atmete immer noch nicht!

„Das kannst du mir nicht antun, Joy!", warf er ihr vor, während im Hintergrund die Tür aufgerissen wurde. Er achtete nicht darauf, achtete nur auf seine Tochter, verlor keine weitere Sekunde und stemmte seine Arme auf ihren Oberkörper. „Das lasse ich nicht zu. Komm zurück, Joy! Komm zurück!"

Voller Verzweiflung begann er mit der Herzdruckmassage.

„Was ist hier los, was ist passiert?"

„Joy, wach auf!", stieß er panisch aus, ohne die Person wirklich wahrzunehmen, die mit ihm sprach. „Joy!"

Im Strudel der Zeit - Auf Leben und TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt