Kapitel 16

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SARAH

Nachdem Nero und Fin verliebt lächelnd nach draußen verschwunden waren, hatten Jonas und ich die Pferde fertig gemacht und waren dann gemeinsam auf die große Koppel gegangen, um dort etwas das Reiten zu üben. Ich hatte bisher nur ein einziges Mal auf einem Pferd gesessen, da war ich acht Jahre alt gewesen und hatte auf einem Weihnachtsmarkt eine Runde auf einem Pony drehen dürfen und dementsprechend war ich nun auch nervös, dass mein erster, richtiger Ritt auf einem Weltklasse-Pferd stattfinden sollte. Oasis war mit Sicherheit bessere und erfahrenere Reiter gewöhnt, aber andererseits hatte Jonas mir auch erzählt, dass Nero sie geritten hatte, also sollte es für sie kein Problem sein, noch einen unerfahrenen Reiter auf sich zu haben. Zumindest hoffte ich das. Jonas lief neben mir her, noch war ich nicht aufgesessen, aber das würden wir mit Sicherheit gleich tun. Ich war froh, dass Jonas damit einverstanden war, mir das Reiten beizubringen, denn ich fand ihn sehr nett und fand es schön, etwas mit ihm zu unternehmen. Außerdem musste ich mich ja irgendwie beschäftigen, während Nero mit Fin beschäftigt war und eine neue Tätigkeit zu erlernen, würde wohl keineswegs schädlich sein, eher im Gegenteil. Jonas hielt in der Mitte der Koppel an, nun standen wir uns gegenüber, jeder hielt dabei sein Pferd am Zügel.
"Also, was jetzt?", fragte ich neugierig nach und streichelte Oasis, die mich sanft am Arm anstieß.
"Jetzt steigen wir auf", antwortete Jonas mir. "Du stellst den Fuß in den Steigbügel, drückst dich dann ab und schwingst dich dann über Oasis' Rücken. Und dann komme ich und stelle dir die Steigbügel ein, ja?"
"Na klar", stimmte ich zu und schaffte es irgendwie, mich etwas umständlich auf den Rücken des großen Tieres zu schwingen.
"Na also, das hat doch prima geklappt!", lobte Jonas mich grinsend und kam zu mir, um mir die Steigbügel einstellen zu können. "Du könntest ein Naturtalent sein."
"Liegt wohl an meinem herausragenden Lehrer", konterte ich grinsend und zwinkerte Jonas zu, der daraufhin erneut leicht rot wurde und zu Boden sah.
"Na ja, also... Du hast aber auch einfach ein sportliches Talent", wandte er ein. "Wie dem auch sei. Ich sitze jetzt auch auf, dann zeige ich dir die richtige Zügelhaltung und dann reiten wir einige Runden über die Koppel, ja? Wenn du das gut hinbekommst, können wir gerne eine Runde ausreiten gehen."
"Das klingt toll. Dann mal los, ich kann es kaum erwarten, von einem Champion Unterricht zu bekommen", stimmte ich zu, worauf Jonas lächelte und dann spielend leicht auf Quincy aufsaß. Er begann mir zu erklären und zu zeigen, wie ich die Zügel zu halten hatte, bevor er neben mich ritt.
"Ok, das machst du schon einmal sehr gut. Wollen wir losreiten? Dazu musst du nur vorsichtig mit deinen Fersen in Oasis' Seite drücken und dann läuft sie vorwärts. Keine Sorge, ich bleibe direkt neben dir und greife ein, falls du es willst", lobte er mich, ich nickte und drückte Oasis vorsichtig meine Fersen in die Seiten, worauf sie sich sofort in Bewegung setzte. Überrascht lachend klammerte ich mich an die Zügel und versuchte, auf dem wackeligen Rücken des Tieres meine Balance zu halten. "Halt die Zügel lockerer, das macht es Oasis leichter." Jonas ritt neben mir her und löste meine verkrampften Hände etwas.
"Ok, tut mir leid. Ich wollte sie nicht belästigen", sagte ich und ließ die Zügel lockerer, bevor ich Jonas ansah. "Was soll ich machen, wenn ich sie anhalten oder die Richtung ändern will?"
"Wenn du die Richtung ändern möchtest, dann ziehst du sanft mit dem Zügel in die Richtung, in die du möchtest und drückst mit dem entgegengesetzten Bein gegen ihren Bauch. Und wenn du anhalten möchtest, machst du dich schwer, lehnst dich leicht im Sattel zurück und ziehst sanft an den Zügeln. Aber nicht zu stark, ja? Oasis ist sehr empfindlich", erklärte er mir und lächelte mich an. "Du machst das sehr gut für den Anfang. Jetzt probieren wir mal am Zaun nach links abzubiegen, ja?" Ich nickte.
"Geht klar, Boss", stimmte ich lächelnd zu und zog am linken Zügel, während ich vorsichtig mit dem rechten Bein gegen Oasis' Bauch drückte. Diese schnaubte und schüttelte den Kopf, bevor sie tatsächlich nach links abbog. Ich lachte. "Ich habe es geschafft! Sie ist abgebogen! Wow, ich kann reiten! Wer hätte das gedacht?" Jonas lachte.
"Wenn du eine ehrliche Antwort willst - ich. Du bist ein Naturtalent, du machst das wirklich toll", antwortete er mir. "Wenn du möchtest und dich dem gewachsen fühlst, können wir später gerne noch eine kleine Runde ausreiten gehen."
"Wie gesagt, das würde ich gerne", stimmte ich zu, während Jonas neben mir her ritt und seine Zügel locker in einer Hand hielt. "Diese Gelassenheit bei dir kommt wahrscheinlich durch Übung, richtig?"
"Richtig", antwortete er lächelnd und nickte. "Da kommst du aber auch ganz schnell hin, da bin ich mir sicher. Na ja, zumindest, wenn du das willst."
"Das würde ich sehr gerne", erwiderte ich begeistert und rutschte wieder richtig im Sattel hin.
"So, wie ich Fin kenne, wird dieser Spaziergang sowieso etwas länger dauern, sie braucht ewig auf ihren Spaziergängen", sagte Jonas.
"Nero auch. Ist doch aber super, dann haben wir mehr Zeit füreinander", meinte ich lächelnd, Jonas sah daraufhin kurz zu Boden.
"Ähm... Ja, natürlich", murmelte er. Ich lachte.
"Was ist los? Bist du etwa nervös?", fragte ich amüsiert lachend nach und zwinkerte ihm zu.
"Ich? Was? Nein, nein, überhaupt nicht!", wehrte Jonas peinlich berührt ab. "Wieso sollte ich denn überhaupt nervös sein?" Quincy schüttelte daraufhin den Kopf und Oasis wieherte, als wollten die beiden Jonas widersprechen. Ich musste daraufhin ebenfalls lachen.
"Keine Ahnung, aber anscheinend merken selbst die Pferde, dass du lügst", antwortete ich grinsend.
"Nein, ach was, alles gut. Ich bin nicht nervös, ich... bin nur begeistert, wie gut du schon reiten kannst", wehrte er ab. "Komm, lass uns mal antraben." Noch bevor ich etwas dazu sagen konnte, trabte er bereits an, ich lachte. Er war nervös. Und ich nebenbei bemerkt auch. Ich mochte Jonas sehr und ich war froh, Zeit mit ihm verbringen zu können. Es war eine gute Idee gewesen, hierher zu kommen. Allein schon wegen Jonas.

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