Kapitel 5

3 1 0
                                    

NERO

Wien! Sarah hatte mir zwar bereits erzählt, dass sie schon immer mal nach Wien gewollt hatte, aber dass das ausgerechnet jetzt und so kurzfristig sein musste, fand ich dennoch sehr verwirrend. Gleichzeitig wusste ich aber auch, dass ich keine Chance gegen meine sturköpfige Mitbewohnerin hatte, also blieb mir keine andere Wahl, als zuzustimmen. Mein Chef würde zwar nicht begeistert sein und ich hatte auch keine Ahnung, wie Sarah einen Flug und ein Hotel bezahlen wollte, aber wenn sie sagte, dass ich mir darüber keine Gedanken machen musste, dann war das auch so. Ich wusste, dass ich ihr vertrauen konnte und wenn sie mir sagte, dass sie das regelte, dann war das definitiv auch so. So viel Vertrauen hatte ich zu Sarah, sie hatte mir schließlich mehr als ein Mal den Arsch gerettet und sie war die Einzige, auf die ich mich jederzeit verlassen konnte. Zumindest hier in Málaga. Zuhause in Südtirol hätte ich mich auf Fin und Jonas verlassen, aber hier... Hier gab es nur Sarah und mich, niemanden sonst. Ich sah auf mein Handy, als dieses vibrierte. Ich musste gleich zur Arbeit. Ich hatte mir extra einen Wecker gestellt, damit ich wegen Jonas' Ritt nicht die Zeit vergas. Na gut, dann würde ich mir noch seinen Ritt ansehen und danach gehen. Und dann bald mit diesem verrückten Huhn in den Urlaub fahren. War das zu fassen? Wien! Und so, wie ich Sarah kannte, würde es nicht bei Wien bleiben. Wenn dieses Mädchen unterwegs war, endete alles in einem Roadtrip! Ich schlief ja leider bei längeren Autofahrten sofort ein, schon nach einer Stunde war ich meistens weg, aber dieses Mal würde ich wach bleiben müssen, damit Sarah nicht auf die dumme Idee kam, nach Sterzing fahren zu wollen. Das würde ich ihr ausreden müssen und dafür würde ich im Auto wachbleiben müssen. Hoffentlich bekam ich das auch hin.

Eine Woche später standen wir am Flughafen und ärgerten uns mit dem Personal herum. Unser Flug nach Wien war gestrichen worden, aber Sarah bestand dennoch darauf, Urlaub zu machen und versuchte nun, irgendeinen anderen Flug zu bekommen und unser Auto, sowie Hotel vor Ort umzubuchen. Ich stand währenddessen nur neben ihr, weil ich keine Ahnung hatte, was ich sonst tun sollte. Sarah redete gleichzeitig auf die Frau am Schalter der Fluggesellschaft sowie auf jemanden am Telefon ein, von dem ich keine Ahnung hatte, wen sie da genau am Telefon hatte. Schließlich begann sie zu lächeln und nickte, bevor sie ein viel zu höfliches "Danke" von sich gab und auflegte. Nur wenig später sah sie die Frau am Schalter an.
"Ein Flug nach Salzburg bitte. So schnell wie möglich", sagte sie, worauf ich sie verwirrt ansah.
"Salzburg? Sarah, was zum Teufel hast du gerade mit deiner dunklen Magie raufbeschwört? Wieso fliegen wir jetzt nach Salzburg?", fragte ich verwirrt nach, sie lachte amüsiert.
"Glaubst du ernsthaft, dass ich meinen Urlaub wegwerfe, weil die meinen Flieger streichen? Vergiss es! Ich wollte sowieso einen kleinen Roadtrip machen, also wieso beginnen wir den nicht in Salzburg? Ich hab das Auto und das Hotel umgebucht, die nette Dame hat es gerne für mich getan. Und jetzt brauchen wir nur noch einen Flug", antwortete sie mir, als wäre das alles selbstverständlich. Ich konnte sie nur verwirrt anblinzeln.
"Also, ich...", brachte ich schließlich hervor, aber Sarah hörte mir bereits nicht mehr zu und nahm die zwei Tickets entgegen, die die Mitarbeiterin am Flugschalter ihr entgegenhielt.
"Dankeschön!", rief Sarah ihr fröhlich trällernd zu, bevor sie mich bereits in Richtung des Gates zog.
"Wieso um Gottes Willen willst du so unbedingt in den Urlaub fahren, egal wohin?! Wir hätten doch unser Geld wiederbekommen und irgendwann etwas anderes buchen können!", fragte ich perplex nach, während wir durch den großen Flughafen Málagas liefen, um noch rechtzeitig zum Gate zu kommen.
"Hätten wir, aber wir brauchen beide diesen Urlaub! Also fliegen wir eben nach Salzburg, na und? Ich wollte sowieso ein bisschen durch Österreich fahren! Wen interessiert es denn, wo wir starten? Hauptsache ist, dass wir unterwegs sind!", antwortete sie mir wie selbstverständlich und zuckte die Schultern. "Und Salzburg liegt näher an Deutschland! Vielleicht fahren wir auch dahin, wer weiß?"
"Mir egal, Hauptsache, du kommst nicht auf die dumme Idee, nach Italien fahren zu wollen", brummte ich genervt, sie grinste.
"Keine Sorge, auf so dumme Ideen komme ich schon nicht!", beeilte sie sich zu sagen und zeigte bereits irgendeiner Frau unsere Tickets vor, damit wir ins Flugzeug gelangen konnten.
"Doch, das wäre genau deine Wellenlänge. Du kommst immer auf solche Schnapsideen", konterte ich brummend, während wir ins Flugzeug gingen, um uns auf unsere Plätze fallen zu lassen.
"Ach was, erzähl keinen Mist!", wehrte Sarah ab, als wäre das eine vollkommene Neuigkeiten. "Freu dich doch einfach auf den Urlaub und meckere nicht immer, du Nervensäge!"
"Du weißt doch genau, dass ich bei Roadtrips immer einschlafe! Ich will nur nicht den ganzen Urlaub verschlafen!", wandte ich ein.
"Ich wecke dich schon, keine Sorge", beruhigte sie mich, als mein Handy vibrierte. Fin. Mal wieder. Sie schrieb mir ständig, mit der Bitte, sie doch endlich anzurufen, damit wir das alles klären konnten, aber ich antwortete ihr nicht. Sie sollte mich vergessen, ich hätte ihr nie schreiben dürfen. Jetzt machte sie sich durchgehend Hoffnungen, das war nicht fair. Ich hatte echt Mist gebaut. Zum Glück musste ich das Handy jetzt ohnehin ausschalten, im Flugzeug konnte und wollte ich es schließlich nicht anbehalten.
"War das etwa Fin?", fragte Sarah neugierig, während sie auf meinen Bildschirm sah. Ich verdrehte die Augen und steckte mein Handy wieder ein.
"Du bist echt nervig, wenn du neugierig bist, weißt du das?", brummte ich genervt, sie grinste amüsiert.
"Ja, weiß ich. Danke für das Kompliment", erwiderte sie unbekümmert und lehnte ihren Kopf gegen meine Schulter. "Deswegen hast du mich doch schließlich auch lieb, oder?" Ich seufzte. Wo sie recht hatte, hatte sie nun einmal recht.
"Stimmt", gab ich zu.
"Wusste ich es doch. Ich hab dich auch lieb, du kleine Nervensäge", sagte sie grinsend, ich lachte und zog sie an mich.
"Ich weiß, du verrücktes Huhn. Ich hab dich auch lieb."

Südtiroler Problem - Das Wiedersehen Where stories live. Discover now