Kapitel 6

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SARAH

Nero und ich kamen nur einige Stunden später in Salzburg an. Am Flughafen dauerte es eine ganze Weile, bis wir unser Mietauto bekamen und damit zum Hotel fuhren. Nero und ich waren schließlich mittlerweile achtzehn und hatten unseren Führerschein im Eilverfahren gemeinsam in Málaga gemacht, sodass wir uns auch ein Auto mieten durften. Wir waren zwar beide nicht die besten Fahrer, aber es hatte gereicht, um die Prüfung zu bestehen und nun fuhr ich mit Nero durch die Stadt, um zu unserem Hotel zu gelangen. Dieses lag noch etwas weiter außerhalb der Stadt, in Richtung Innsbruck, ganz in der Nähe der deutschen Grenze. Ich hatte schon immer viele Kontakte gehabt und die hatte ich in Málaga am Flughafen bemüht, um uns ein neues Hotel und ein neues Mietauto zu besorgen. Zum Glück hatte das geklappt, sonst hätte ich Finja sagen müssen, dass wir nicht nach Sterzing kommen würden! Und das konnte ich diesem armen Mädchen wirklich nicht antun. Nero hatte ich davon natürlich nichts erzählt, aber Finja und ich hatten uns immer wieder geschrieben und ich hatte sie dazu ermutigt, es immer weiter bei Nero zu versuchen, dem ich es definitiv nicht durchgehen lassen würde, dass er Fin immer noch ignorierte. Ich wusste, dass sie ihm vor dem Start noch einmal geschrieben hatte, aber Nero hatte es natürlich abgewürgt und ihr nicht geantwortet - wie erwartet. Also hatte ich Fin noch einmal geschrieben, dass ich weiter daran arbeiten würde und dass wir nun nach Salzburg fliegen würden, weil unser anderer Flug gestrichen worden war. Das war allerdings für mich umso besser, schließlich lag Salzburg näher an Sterzing als Wien, zwei Stunden näher sogar, also war es mir beinahe recht, dass wir unsere Pläne hatten ändern müssen. Nero dachte immer noch, dass wir einen Roadtrip machen würden, ich ließ ihn in dem Glauben, das war nur besser so. Er lehnte mit dem Kopf am Fenster und sah nach draußen, während ihm immer wieder die Augen zufielen. Ich musste schmunzeln. Er war wirklich goldig, das musste ich ihm lassen. Ich fand es süß, dass er beim Autofahren beinahe sofort einschlief, wenn er nicht selbst fuhr, er wirkte beinahe wie ein kleines Baby, wenn er dann so schlief. Und mir kam das ebenfalls gelegen, denn dann konnte ich in aller Ruhe nach Sterzing fahren, ohne, dass Nero mir dazwischenfunken konnte. Er schlief nämlich immer nach einer knappen Stunde ein und wachte erst wieder auf, wenn wir länger standen oder ich ihn weckte. Beinahe schon perfekt für mein Vorhaben.
"Na? Müde?", fragte ich grinsend und stupste Nero sanft gegen die Schulter. Dieser sah mich aus müden Augen an.
"Du bist doof", murmelte er müde und drehte sich wieder um. "Fahr bitte einfach schneller, bevor ich wirklich noch einschlafe."
"Schon mal was von Tempolimit gehört, du Genie? Ich darf nicht schneller fahren", wandte ich grinsend ein und sah wieder auf die Straße.
"Mach's trotzdem, ich zahle dir den Strafzettel. Ich bin müde, ich will ins Bett", brummte er genervt, ich lachte.
"Schon gut, mein kleines Baby, ich beeile mich", stimmte ich schmunzelnd zu und drückte noch etwas aufs Gas.

Eine knappe halbe Stunde später hatten wir unser ganzes Gepäck auf unser Zimmer gebracht und während Nero seelenruhig auf dem großen Doppelbett schlief, ging ich auf den Balkon und nahm mein Handy aus der Hosentasche. Finja hatte mir bereits geschrieben, ob wir gut gelandet waren, ich antwortete ihr allerdings nicht auf ihre Nachricht. Stattdessen würde ich sie anrufen, das hatte mehr Sinn. Ich musste ohnehin mit ihr sprechen und sie darüber informieren, dass wir morgen Mittag in Sterzing sein würden. Dank unserer kurzfristigen Planänderung waren wir ja nun näher an Sterzing, als es geplant gewesen war. Also drückte ich auf die grüne Kamera bei WhatsApp für einen Videoanruf. Vielleicht konnte ich Finja dann zeigen, wie süß Nero schlief und dass es ihm gutging. Hoffentlich hatte sie auch Zeit um zu telefonieren. Diese Sorge wurde mir allerdings kurze Zeit später genommen, denn es baute sich eine Verbindung auf und nur kurze Zeit später erschien Finja auf dem Bildschirm und ich sah den Schwarm meines besten Freundes zum ersten Mal. Jetzt konnte ich verstehen, dass Nero auf sie stand, Finja war wirklich hübsch. Wenn nur ihr trauriges Lächeln nicht wäre...!
"Hey", sagte sie aufgeregt.
"Hey", erwiderte ich. "Willst du Nero kurz sehen? Er schläft, er bekommt es nicht mit."
"Ja, bitte", bat sie. "Ich muss sehen, dass es ihm gutgeht. Zeig ihn mir, bitte. Er ist mein einziger Freund, ich muss ihn sehen."

Südtiroler Problem - Das Wiedersehen Onde histórias criam vida. Descubra agora