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 „Hey.", sagte ich lächelnd, als ich den Vorraum des Kampfkunstvereins am nächsten Tag um 10 Uhr morgens betrat. Der Mann mit den schwarzen Haaren sah von einigen Zetteln vor sich auf dem Tisch zu mir. Fast augenblicklich trat ein breites Grinsen auf sein Gesicht, welches nicht den Anschein machte, dass es in den nächsten Minuten wieder verschwinden würde.

Wie konnte ein Mensch nur so viel lächeln? Wenn ich das machen würde, würde ich nach einer Minute einen Krampf in meinen Mundwinkeln bekommen. Schnell schüttelte ich diesen Gedanken ab, ging auf ihn zu und zog mir dabei meine schwarze Lederjacke aus.

„Gut das du da bist. Erik hat sich gerade was gezerrt und ich muss nach hinten.", sagte er schnell und deutete mit seinem Finger in den Gang, welcher zu dem großen Trainingsraum führte. Schnell nickte ich und er deutete mit seinem Finger auf die Blätter und Unterlagen vor sich.

„Das hier ist die Buchhaltung. Einfach ans Telefon gehen wenn es klingelt und die Menschen nach ihrem Namen und Ausweis fragen.", erklärte er die lange Liste vor sich und verschwand dann schnell nach hinten, wo ich ihn sofort einige andere, wegen einer unsicheren Übung, zurechtweisen hörte.

Langsam stellte ich mich an seinen Platz und ließ meinen Blick über die vielen Dokumente schweifen. Alle von ihnen waren bis zur letzten Reihe mit Namen beschrieben.

Irgendwo, tief in meinem Inneren, erinnerte mich diese Listen an die Listen der hochrangigen Hydra Mitglieder. Ständig liefen sie mit solchen durch die kalten und leeren Gänge, um sich mit anderen über die Namen, die Missionen, auszutauschen.

Die Namen von der Liste, welche nach solch einer Diskussion noch standen wurden entweder von Bucky oder mir nach und nach aufgespürt und eliminiert. Doch diese Listen gab es nicht lange, bis ihnen auffiel, dass der ständige Tot und das ständige Morden selbst uns beinahe in den Wahnsinn getrieben hatte.

Normalerweise hätte es sie nicht gekümmert, aber in Sekunden der Klarheit hatte ich mich selbst so sehr mit diesem Wissen zerstört, dass ich für Tage nur reglos in meiner Zelle saß. Sie hatten versucht mich durch Folter zu meiner Arbeit, zu meinem Fluch, zurück zu bringen, aber nichts hatte funktioniert.

Bis sie eine neue Methode der Folter ausprobiert hatten. Selbst wenn ich jetzt daran dachte stellten sich meine Nackenhaare auf und schnell versuchte ich das Bild des Laborraums aus meinem Kopf zu verbannen, welchen ich nur mit Schmerz in Verbindung brachte.

Ich war nicht mehr bei Hydra und diese Namen waren keine Ziele.

Immer und immer wieder hämmerte ich mir diesen Satz in mein Gedächtnis, bis ich anfing mich selbst dadurch zu manipulieren. Nach und nach beruhigte sich mein Geist wieder und ich konnte mich komplett auf das hier und jetzt fokussieren.

Auf den Vorraum mit den Bildern von Kampflegenden an den Wänden, mit dem grauen Sofa an der gegenüberliegenden Wand und der geschlossenen Ladentür aus Glas. Mit meiner rechten Hand strich ich mir einige herausgefallene Strähnen hinters Ohr, welche sich aus meinem geflochtenen Zopf gelöst hatten.

„Alles in Ordnung?", hörte ich den Mann mit den schwarzen Haaren, Charles, fragen und sah schnell von der Namensliste zu ihm auf. Vermutlich waren meine Augen noch ein wenig geweitet und schnell nickte ich.

„Ja, alles gut. Ich habe mich nur etwas mit den Namen vertraut gemacht. Ich wusste gar nicht, dass hier so viele Menschen herkommen.", log ich ohne mit der Wimper zu zucken und er schien sofort darauf anzuspringen.

Die meisten Menschen waren so naiv. Sie brauchten nur eine Lüge um das große Problem zu vergessen und weiter in ihrer kleinen Traumvorstellung einer zerstörten Welt zu leben.

„Oh ja, die meisten kommen aber nicht regelmäßig. Im Prinzip ist es hier sehr leer, seit dem die Hälfte weg ist. Unser Arbeitstag ist nicht mehr so stressig wie vorher.", sagte er lächelnd und schnell ahmte ich seine Mimik nach.

Steve könnte den Unterschied erkennen und Bucky hätte mir in die Seele gucken können. Charles hingegen glaubte meiner Illusion und sein Blick wurde mit jeder Sekunde unachtsamer. Er fokussierte sich nicht mehr so stark auf mich und sah stattdessen zurück in den Raum, aus welchem er gekommen war.

„Ich gehe dann wieder zurück. Falls du irgendetwas brauchst... ruf einfach.", sagte er lächelnd und verschwand wieder, während ich ihm nachdenklich hinterher sah. Seine Freundlichkeit verwirrte mich und langsam wurde mir klar, dass er nicht zu jedem Menschen so sein konnte.

Vermutlich wollte er etwas von mir, ich wusste nur noch nicht was. Kopfschüttelnd wandte ich meinen Blick von dem Gang ab und setzte mich auf den Hocker hinter dem Tisch. Es würde vermutlich nicht lange dauern bis ich heraus fand warum er so war und bis dahin musste ich mich darauf konzentrieren nicht aufzufallen.

Unter dem Radar sein. Ich musste durchschnittlich bleiben, um nicht zu viel Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, denn ich war mir sicher, dass meine Vergangenheit bei niemandem so gut ankommen würde.

Wahrscheinlich würden sie mich rausschmeißen und meine Anwesenheit würde schneller bekannt werden als ich ahnen könnte. Neben Steve gesehen zu werden war etwas anderes.

Die Menschen vertrauten Captain America und wenn ich mit ihm gesehen wurde vertrauten sie darauf, dass er mich im Auge behält. Überwacht oder sogar gefangen hält, so genau konnte ich das nicht sagen.

Wenn ich allein gesehen wurde konnten sich die Menschen alles mögliche denken. Der schlimmste Fall wäre, dass ich versuchen könnte jemanden umzubringen. Wenn ich in die letzten 3 Jahre zurückblickte war diese Angst gar nicht unberechtigt.

Der Rest des Tages verging ruhig. Es kamen nur wenige Menschen hinein und zum Ende verließen sie alle gemeinsam den Trainingsraum. Keiner von ihnen sah mich wirklich an und diese Umstände ließen mich zum Ende sehr entspannen.

Keiner von diesen Menschen erkannte mich. Die Meisten ließen mich in Ruhe und eben diese Ruhe wirkte auf mich fast wie eine Art Therapie. Ich war mit meinen Gedanken konfrontiert und konnte sie nicht nach hinten schieben. Ich musste mich mit ihnen auseinandersetzen und auf eine seltsame Art und Weise schien es mir sogar zu helfen.

„Wir sehen uns morgen wieder?", fragte Charles, als er die Ladentür neben mir abschloss und sah mich erwartungsvoll an.

„Klar. Immerhin arbeite ich jetzt hier.", sagte ich leicht verwirrt, woraufhin er mich mit einer Mischung aus Fröhlichkeit und Enttäuschung musterte.

„Wohin musst du?", fragte er und ich wusste, dass er mit mir kommen wollte. Warum? Ich wusste es nicht. Vielleicht wollte er sicher gehen, dass ich sicher ankommen würde. Vielleicht wollte er irgendetwas anderes.

Feststehend war nur, dass ich es nicht wollte.

„Wohin musst du denn?", fragte ich lächelnd und er deutete in die ungefähre Richtung, in welcher meine Wohnung lag. Vermutlich hatte er sich gemerkt wohin ich laufen musste.

„Perfekt. Ich muss da lang. Man sieht sich.", sagte ich und deutete in die andere Richtung, während ich mich schon umdrehte und los lief, ihm über den Rücken noch zuwinkend. Ich wusste, dass er mir in diesem Moment enttäuscht hinterher sah, aber es war mir egal.

Tatsächlich musste ich nicht in meine Wohnung. Ich hatte mich mit Steve verabredet, welcher mit zu Natasha mitnehmen würde. Ich wusste noch nicht ganz, wie dieses Treffen ablaufen würde. Das einzige was ich wusste war, dass sie genauso schwer mit all dem umgehen konnte wie ich.

Wenigstens ein Mensch der nicht will, dass ich alles positiv sehe.


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Ich muss nur eben sagen, dass ich die steigenden Temperaturen super finde. Endlich wird es wieder wärmer als 10 Grad und auch, wenn ich den Winter liebe. Einfach nur graues Regenwetter ist ziemlich langweilig und demotivierend.

Habt ihr gutes Wetter?

Sarah    

The Story of Winter III / Bucky FFWhere stories live. Discover now