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„Wir sehen uns ja?" flüsterte mir Louis an der Tür zu. Ich nickte, machte aber keine Anstalten ihn loszulassen. Ich will ihn nicht loslassen.
Er war den ganzen Tag hier & trotzdem will ich nicht, dass er geht.

Wenn Louis bei mir ist, ist es okay. Meine Depressionen sind okay - zumindest aushaltbar. Ich konzentriere mich auch Louis & nicht darauf wie schlecht es mir geht. Doch wenn er jetzt geht, wird mir bewusst wie schlimm es doch eigentlich ist, wir schlecht es mir eigentlich geht.

Ich will nicht, dass er geht.

„Pass auf dich auf Harry." flüsterte er & küsste dann kurz meine Haare. Mein Herz machte einen Sprung.
Louis löste sich leicht & griff nach meinen Händen „Ich brauch dich noch." fügte er noch hinzu & schenkte mir ein leichtes Lächeln. Ich zwang mich ihm ein Lächeln zu schenken. Das hat er verdient!
Langsam löste er sich von mir & ging aus dem Haus.

Es schien als würde mir sofort kalt werden. Als würde er plötzlich alles gute in meinem Leben mitnehmen & mich im Dunklen zurücklassen.
Schnell schlang ich meine Arme um mich, in der Hoffnung, dass mir wärmer wird.

Ich sah Louis zu wie er zu seinem Auto ging & einstieg.
Bleib hier dachte ich.
Bitte bleib, bei mir Lou...

Aber ich sagte nichts. & deswegen fuhr Louis auch nach einem letzten Winken davon.

Mein Blick flog auf den Boden.
Er ist weg.

Es fühlt sich an als würde er nie wieder kommen.
Es fühlt sich alles plötzlich schrecklich an.

Ich bin müde & leer. Louis hat alles was ich noch hatte mitgenommen. Weil alles gute von ihm kommt nicht von mir...
Ohne Louis bin ich nichts. Nur ein Klumpen voller Trauer, Selbstzweifel & Schmerz.
Louis strahlt mich an wie die Sonne. Wenn er bei mir ist, kann ich mehr sein. Vielleicht die Erde, die ohne Sonne nicht funktioniert & sich nur um die Sonne dreht.
Aber wenn er weg ist, bin ich wie Pluto. Ganz weit weg. Abgeschottet von allem & so unbedeutsam, dass ich nicht mal mehr als Teil des Sonnensystems gelte.

„Harry?"

Ich schreckte auf & drehte mich um. Mama stand in der Tür vom Vorraum & sah mich verwirrt an. „Was machst du denn da? Du wirst ja noch krank wenn du länger in der Kälte stehst." sagte sie schnell, zog mich mehr in den Vorraum & schloss die Haustür. „Ähm..." wie lange stand ich dort?
„Louis ist gerade gefahren..." erklärte ich leise. Mama sah mich immer noch verwirrt an. „Aber doch schon vor 20 Minuten oder nicht?"
Oh...

Ich sah sie leicht verwirrt an. Bin ich wirklich so lang dort gestanden & hab über Louis philosophiert?
„Komm Schatz, du bist ja ganz ausgekühlt." Mama zog mich mit sich ins Wohnzimmer. Sie verfrachtete mich auf die Couch & deckte mich zu.
Es war mir schon vorher bewusst, dass sie mich nun übermäßig bemuttern würde. Nach dem was Louis ihr erzählt hat ist es kein Wunder.

„Willst du was schauen?" fragte sie leicht lächelnd & zeigte auf den Fernseher. Ich nickte leicht.
Eigentlich will ich nicht. Ich will zurück in mein Zimmer, Musik hören & weinen. Aber, ich weiß, dass Mama das jetzt braucht. Sie muss sehen, dass es mir - mehr oder weniger - gut geht. Eher weniger...
Mama setzte sich neben mich & legte ihren Arm um mich. Ich griff nach der Fernbedienung & septe durch das Programm.

„Morgen erzählst du Doc. Alex von heute ja?" murmelte Mama. Ich weiß, dass es ihr schwerfällt das ganze anzusprechen. Aber sie muss. & das verstehe ich. Auch wenn ich lieber nicht darüber reden will...
„Ja." sagte ich leise.

Was wird wohl passieren wenn ich Doc. Alex davon erzähle? Komme ich in eine Klinik?! Oh nein!
Nein das kann ich nicht!

„Versprochen?!" sie hielt mir ihren kleinen Finger hin. Ich harkte ein „Aber...was passiert dann?" murmelte ich mit zittriger Stimme. „K-komme ich in eine Klinik?!" Tränen sammelten sich in meinen Augen. Mama sah mich mit großen Augen an bevor sie mich fest umarmte.
„Nein..." flüsterte sie in die Umarmung. „Nein Schatz. Du bleibst bei mir keine Sorge."
Ich umarmte sie fest & begann plötzlich lautstark zu weinen.

„Es tut mir so leid." weinte ich. Ich klammerte mich so fest ich nur kann an sie. „Es tut mir so leid Mama." Mama wog mich sanft hin & her. „Ist okay Harry." flüsterte sie sanft & leise. „Es ist okay. Du bist okay..." ich nickte, auch wenn ich weiß, dass es nicht okay es.

Es ist nichts okay.
Ich bin nicht okay!

Aber vielleicht bin ich es wenn ich es mir einrede.

„Es wird alles gut Harry." flüsterte sie weiter. Ich konnte nicht aufhören zu weinen. Es geht nicht.
„Es tut mir leid."
Ich flüsterte es ihr immer & immer wieder zu. Ich sagte es so oft ich nur konnte, aber das schlechte Gewissen in mir ging trotzdem nicht weg. Genauso wenig der Drang es nochmal zu machen...

***

Mein Kopf brummte als ich das nächste Mal aufwachte. Wahrscheinlich vom vielen weinen. Ich kann mich nicht mal erinnern gestern noch aufgehört zu haben. Ich bin anscheinend gestern noch weinend eingeschlafen.

Müde setzte ich mich auf. Mein Blick fiel auf mein vibrierendes Handy auf meinem Nachttisch.

Louis.

Louis rief an.

Ich seufzte. Alles in mir wehrt sich dagegen den Anruf anzunehmen. Aber es ist Louis. & Louis hilft.

Also griff ich nach meinem Handy & hob ab.
„Louis?" fragte ich leise. „Harry!" kam sofort von der anderen Leitung. Sofort wurde mein Herz größer. Mir wurde warm & ich wünschte Louis wäre jetzt wirklich bei mir.
„Hi..." sagte er - ich konnte sein Lächeln hören. „Ich...ich wollte...ich wollte nur wissen wie es dir geht."
Es ist offensichtlich, dass Louis nervös war zu fragen. Wie sollte es mit denn schon gehen...

„Ähm...naja...nicht wirklich besser." murmelte ich. Ich hörte Louis seufzen. „Okay..." sagte er nur. Ich legte mich zurück ins Bett. „Erzählst du mir was?" fragte ich.

Er soll mit mir reden. Er soll bei mir sein. Er soll mir helfen.

„Was willst du denn hören? Ich bin gerade von der Schule nachhause gekommen..." ich hörte einige Stimmen im Hintergrund. Bestimmt seine Schwestern...
„Ich weiß nicht...irgendwas." murmelte ich. „Ich will nur noch nicht...auflegen." gab ich dann zu.
Ich hörte Louis kichern. „Ich auch nicht." flüsterte er. Sein Grinsen war nicht zu überhören.

„Also...." fing er an. „Heute Morgen fing schon mal gut an..." sagte er sarkastisch. „Ich war schon fix fertig & kurz davor zu fahren, als Doris meinte sie muss sich auf mir übergeben."
Ich verzog mein Gesicht. „Also musste ich mich wieder umziehen. Dann bin ich draußen ausgerutscht weil es so nass vom Regen war. Also hab ich mich nochmal umgezogen."
Ich kicherte leicht. „Hey lach nicht!" kam sofort von ihm. Natürlich hörte ich dadurch nicht auf sondern lachte noch mehr.
„Jedenfalls..." er grinste „Rate mal was dann in der Schule passiert ist!"
Ich biss mir auf die Unterlippe „Weiß nicht." nuschelte ich. „In der Cafeteria gab es heute Kartoffelpüree was sich Niall natürlich genommen hat. Nur ist dieser dumme Idiot über seine eigenen Füße gestolpert & hat das ganze Kartoffelpüree über mich geschüttet."

Ich lachte laut. „Nein..." flüsterte ich. „Doch Harry!" lachte Louis. „Weißt du eigentlich wie schwer es ist Kartoffelpüree aus den Haaren zubekommen?!" fragte er offensichtlich schmunzelnd. Ich musste erneut lachen „Was hast du dann gemacht?" fragte ich.
„Erstmal mussten wir Niall beruhigen, weil er natürlich ganz aufgelöst war weil er kein Essen mehr hatte."
Wieder lachte ich „Das klingt nach Niall..." kicherte ich.
„Dann hatte ich gefühlt eine ganze Dusche auf den Schulklos. Musste dann die ganze Zeit mit nassen Harren & Shirt rumlaufen...war aber eigentlich ganz lustig."
Ich kicherte „Wieso bist du nicht nach hause gefahren?!" Louis' Lachen drang durch meine Ohren. Es ist das schönere Geräusch was ich je gehört habe. Ich liebe es.
„Es war lustig. Du hättest die Blicke der Lehrer sehen sollen!"

Ich schmunzelte & wünschte mir Louis wäre hier. Ich wünschte er wäre jetzt bei mir & ich könnte nicht nur sein Lachen hören, sondern auch sehen. Ich will, dass er mich wieder hält bis es mir besser geht.

„Erzähl mir mehr..." flüsterte ich, gespannt darauf mehr von Louis' Stimme zu hören. „Du hast Glück, dass ich so viele Story auf Lager hab." kicherte er durchs Handy.

give me some morphine - LSWhere stories live. Discover now