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„Was ist los Harry?" murmelte Mama zwei Tage nach Weihnachten. Ich schüttelte leicht den Kopf. „Nichts." brummte ich & löffelte weiterhin mein Müsli. Ich spürte ihren Blick auf mir. Sie weiß, dass ich lüge. & auch Gemma weiß es.
„Harry hör auf zu lügen. Rede mit uns." sagte sie deswegen & legte ihre Hand auf meine Schulter.
Ich schüttelte nur wieder den Kopf. „Ich will nicht reden." sagte ich leise ohne auch nur meinen Blick von der Schüssel zu heben.
Ich hörte Mama ausschnaufen.

Ich versuchte es zu ignorieren.

***

„Wie geht es dir?" fragte mich Doc. Alex am folgenden Donnerstag. Ich sah auf meine verbundenen Hände. Eigentlich will ich garnicht reden. Deswegen zuckte ich auch nur mit den Schultern.
Doc. Alex brummte „Bist du heute nicht zum reden aufgelegt?" fragte sie sanft. Ich nickte etwas „Bin ich nie." nuschelte ich. Im Augenwinkel sah ich Doc. Alex nicken. „Ist okay. Antworte einfach mit nicken oder Kopfschütteln. & wenn du mir etwas erzählen willst kannst du das natürlich gerne machen."

Ich nickte.

„Geht es dir besser?" Kopfschütteln
„Geht es dir schlechter?" Nicken
„Gibt es einen Grund?" Kopfschütteln
„Hast du dich in der letzen Woche mit deinen Freunden getroffen?" Kopfschütteln
„Hast du Kontakt zu ihnen gehabt?" Kopfschütteln
„Schreiben sie dir?" Nicken
„Also ignorierst du sie?" Nicken
„Warum?"

Ich habe garnicht bemerkt, dass ich zu weinen begonnen habe. Doc. Alex hielt mir ein Taschentuch entgegen. Ich nahm es & putzte meine Nase.
„Ich k-kann nicht so tun als würde es mir gut gehen..." nuschelte ich unter Tränen. „& wenn du ihnen sagst was los ist? Sie würden es doch sicher verstehen."
Heftig schüttelte ich den Kopf. Ich will nicht, dass sie davon wissen.

***

Louis
Hi, wie geht's dir? Haben schon lang nichts mehr von dir gehört...
Willst du an Silvester zu mir rüber kommen? Die Jungs sind auch da & wir schießen ein paar Raketen ;)
Ich würd mich sehr freuen!

Mit Tränen in den Augen sah ich auf Louis' Nachricht. Ich kann nicht! Ich kann nicht!
Ich kann nicht zu ihm gehen, ich kann nicht zusagen, ich kann nicht auf die Nachricht antworten & absagen, ich kann garnichts.
Ich kann nicht mal mein Bett verlassen. Nichts kann ich.

Jeder Tag ist gleich. Ich liege in meinem Bett & weine. Dann stehe ich auf um was zu essen - sobald ich aber anfange vergeht mir der Appetit & ich lasse mehr als die Hälfte stehen. Dann höre ich Musik & weine. Vielleicht schaff ich es zu Mama ins Wohnzimmer - & wenn, dann weine ich dort mit Blick auf den Christbaum.

Ich will nicht mehr.
Wie soll ich noch einen einzigen Tag so überleben?! Ohne Ziel, ohne Freude, ohne wirklich zu leben. Es macht keinen Sinn.

***

„Harry komm mit raus, das Feuerwerk fängt gleich an." sagte Gemma grinsend als sie in mein Zimmer kam.
Ich sah auf & blickte auf die Uhr. 23:50
Ich will nicht raus gehen. Ich will nicht aufstehen.

„Komm schon Haz." Gemma nahm meine Hand & zog leicht daran. Nicht fest, da sie weiß ich habe noch frische Wunden unter dem Verband.
„Weißt du noch wie sehr du Feuerwerk an Silvester geliebt hast." sie lächelte liebevoll. „Als kleiner Junge bist zu immer herumgehüpft sobald eine Rakete in die Luft gestiegen ist."
Gemma setzte sich zu mir ans Bett. „& dann hast du immer Mama gezwungen mit dir zu tanzen." sie kicherte & strich mir durch die Haare.

Gemma hat recht. Ich hab Silvester geliebt als Kind. Ich war so ein fröhliches Kind. Papa hat mich oft Grinsekatze genannt.
Es tut weh, daran zu denken. Daran zu denken, dass es nicht immer so ist & dass es nie wieder so sein wird.
Ich werde nie wieder so glücklich sein.

give me some morphine - LSWhere stories live. Discover now