21. Edgar

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Deprimierend, wenn man so in den sternenbesetzten Himmel starrt und sich wieder mal schmerzlich bewusstwird, wie klein und unbedeutend man eigentlich ist.

Andererseits werden es diese kleinen, unbedeutenden Wesen früher oder später schaffen, ihren eigenen Planeten zu zerstören. Vollkommen ohne die Hilfe irgendeines Asteroiden oder der Supernova der Sonne.

Gleichzeitig hat es auch etwas befriedigend die vielen fernen Lichtpunkte zu betrachten, die zu fünfundneunzig Prozent aus Satelliten bestehen. Man fühlt sich frei, wenn man in unendliche Weiten blicken kann. Man ist nicht mehr eingeengt, man hat Raum, man hat wieder Luft zum Atmen.

Mit der Monotonie und Gleichgültigkeit einer billigen Plastikstatue für den Garten, sitze ich auf der äußersten Kannte des Geländers. Ambers laute Musik ist hier nur noch ein dumpfes Murmeln, die einzigen Grellen Lichter, sind die Neonfarbenen Werbeschilder außerhalb der Mauer, welche den Star-Park umgibt. Es ist herrlich einsam und abgeschottet hier oben – ich sollte öfter herkommen.

Das letzte Mal, dass ich hier war, war an dem Abend von Lolas pompöser, auf reißerischer Film-Premieren-Party im Gift-Shop. Ironisch. Damals bin ich auch vor dem Lärm und der erdrückenden Fröhlichkeit der Leute geflüchtet... und auch damals hat Colette neben mir gesessen.

Ich schaue zu ihr. Ihr Blick hängt immer noch in den Sternen. Sie hat sich wieder zurückverwandelt und baumelt mit den Beinen. Einzelne Strähnen haben sich aus ihrem Haar Turm gelöst und bedecken wie immer eines ihrer Augen. Sie lächelt.

Sachte lege ich meinen Arm um sie und ziehe sie näher zu mir. Stumm legt sie ihren Kopf auf meine Schulter und ihre Hand auf mein Knie, während ihre Augen immer noch im Himmelszelt fixiert sind.

Aber mich kann sie nicht täuschen. An ihrer Halsschlagader kann ich fühlen, wie schnell ihr Herz gerade pumpt, außerdem wird dieses Mädchen innerhalb von drei Sekunden zur Tomate. Eigentlich brauche ich sie gar nicht mehr anzusehen, um zu merken, dass ich ihre vollkommene Aufmerksamkeit habe.

Colette ist seltsam. Und so unergründlich süß.

Ein lautes Vibrieren schreckt uns auf. Es dauert einen Moment, bevor ich begreife, dass das diesmal nicht Colettes Mikro, sondern mein Handy war. Normalerweise habe ich sämtliche Kanäle auf stumm gestellt, außer den von Griff, meinem Boss, Colette, meiner Freundin, Bull, meines Vaters und...

Eilig krame ich es heraus und werfe einen Blick auf den Nachrichtensender. Tatsächlich!

„Hm?", mein Teufel sieht mich fragend an.

„Rate mal, wer sich ab sofort in eine Schlange verwandeln kann.", grinse ich sie an und zeige ihr die Nachricht.

„Was wirklich?! Das Update ist doch noch gar nicht heraus!!! Der Brawl Talk war doch erst eben! Unglaublich, wie schnell sie dieses Mal sind! Hast du denn schon alle Einstellungen unternommen? Ist das wirklich schon der letzte Aktivierungscode, für deinen Schal?! Das ist so cool! Unglaublich! Unfassbar! Un-"

Augenrollend lege ich Col einen Finger auf die Lippen und angle mir mein Handy wieder zurück. Die Arten und Weisen, wie wir Brawler uns neue Skins zu eigen machen, sind höchst vielfältig und unterschiedlich. Manche setzen sich Giften, Strahlen oder Rosas Pflanzen aus, andere lassen sich von Byron etwas experimentieren, wieder andere werden Opfer eines Fluches, eines misslungenen Experimentes oder einer Juwelenexplosion. Manche schneidern sich auch tatsächlich noch ihre Skins, die man dann, wie normale Kleidung tragen kann. Meiner Meinung nach eine sehr schlaue Idee, die es unbedingt in Erwägung zu ziehen gilt, ehe man sich in einen Tank des alten Ziegenbartes begibt.

Gut, bei Colettes Trixie-Skin war das unausweichlich, da dieser gewissermaßen genetisch veranlagt war. Und in meinem Fall, habe auch ich einige Experimente über mich ergehen lassen, in welchen ich kurzzeitig sogar in ein Videospiel gesogen wurde! Alles, was ich jetzt noch brauche, um mich in Orochi zu verwandeln, ist dieser spezielle Aktivierungscode, welchen ich soeben per Handy erhalten habe.

„Wann wirst du ihn ausprobieren? Wann wirst du ihn ausprobieren???"

Gerade will ich ihr antworten, da dringen Schreie zu uns rauf. Panische Schreie! Eilig laufen wir zur Dachluke, winden unsren Weg durch den Speicher und erreichen nach weiteren zwei Treppen und Luken außer Atem das obere Geländer des Verkaufsraumes.

Feuer!

Die Halle brennt! Flammen steigen überall auf. Die Papierdeco fackelt lichterloh, Rauch steigt auf und bildet tückische Wolken an der Decke.

Wir müssen schleunigst etwas tun, sonst fackelt uns der ganze Laden ab! Ich kann Griff schon jetzt vor Entsetzen tot umfallen sehen.

„Wie wär's mit jetzt sofort?", sage ich kühl, aktiviere den Code und springe übers Geländer in die Tiefe.


Drei teuflische Engel auf Mission - ein Brawlstars AdventkalenderWhere stories live. Discover now