Der neue Eulenmann - Kapitel 49

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Ein wenig erstaunt sah er in die Gesichter der Vorfahren. Sie strahlten Weisheit und Liebe aus, ihre Anwesenheit ließ ihn lächeln und als ihre Gedanken zu seinen Gedanken wurden, machte ihn das glücklich. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft waren alles eins. Klar konnte er in jede Richtung sehen. Ein tiefes Glücksgefühl und Freude durchströmten ihn.

Doch Bärentatze wusste, dass er nicht ewig in dieser Vision verweilen konnte. Mit Bedauern zog er seinen Blick aus der Vergangenheit zurück und richtete ihn in die Zukunft. Dort sah er die Kohmát als ein großes Volk. Sie beherrschten das Grasland und kein anderes Volk konnte ihnen das Wasser reichen.

Mit Freude im Herzen sah Bärentatze die Krieger der Kohmát, wie sie auf ihren schnellen Pferden dem wilden Büffel hinterherjagten. Er sah sie in heroischen Kämpfen mit anderen Stämmen, aber auch die Schönheit des Graslandes, wie er es noch nie zuvor wahrgenommen hatte. Nur kurz erhaschte er einen Blick auf sich selbst. Als sehr alten Mann sah er sich in seinem eigenen Zelt sitzen.

Die Insignien des Eulenmannes hatte er zwischen sich und einen jungen Mann gelegt. Er würde also nicht nur selbst ein Eulenmann werden, sondern dieses Amt auch an die nächste Generation weitergeben. Mit einem breiten Lächeln genoss er den Moment.

Doch dann war es ganz plötzlich vorbei. Mit einem Mal stand er wieder neben seinem großen Braunen und wunderte sich für einen Augenblick, weil er noch immer so jung war wie vor seiner Vision, in der er sich selbst als alten Mann gesehen hatte. Was für eine Reise! Was würde Adlereule staunen, wenn er ihm davon erzählte!

Noch immer breit lächelnd, suchte er Rabe auf und erzählte ihm von seinem Plan, die Stachelschweine zu besuchen. Doch er sagte Rabe nicht, was er bei ihnen wollte. Mit keinem Wort erwähnte er seine Vision. Diese Enthüllung wollte er sich für Adlereule aufsparen. Er sollte der erste Mensch sein, dem er davon erzählen würde. Ebenso wollte er sich die Überraschung aufsparen, wenn er als echter Eulenmann zu den Kohmát zurückkehrte.

Rabe war ein wenig besorgt. Nur selten ging ein Mann ganz allein in das Grasland. Zudem, was wollte er bei den Stachelschweinen? Doch diese Frage wollte Rabe dem Freund nicht stellen. Irgendwann würde er ganz sicher selbst mit der Sprache herausrücken, was ihn dorthin trieb. „Willst du wirklich ganz allein gehen?", fragte er nur.

Immer noch lächelnd sah Bärentatze ihm vollkommen offen in die Augen. „Ja, ich will allein gehen. Noch heute werde ich mich auf die Reise machen. Doch meinen großen Braunen kann ich auf diese Reise nicht mitnehmen. Er ist hier bei euch gut aufgehoben. Ich will nicht, dass Schlangenhand oder ein anderer Krieger mir dieses Pferd unter dem Hintern wegschießt. Deshalb gehe ich zu Fuß, so wie sonst auch."

Rabe war ein wenig erleichtert, dass Bärentatze sein Pferd hier bei ihnen ließ. Jetzt war er sich vollkommen sicher, dass er nicht bei den Stachelschweinen bleiben würde. „Willst du nicht wenigstens Wilde Kröte mitnehmen?"

Doch Bärentatze schüttelte den Kopf und grinste. „Es würde ihm wohl schwerfallen, solange auf sein Pferd zu verzichten. Außerdem kann ich allein am besten nachdenken. In zwei runden Monden werde ich zurück sein. Wo kann ich euch dann finden? Wo werdet ihr dann sein?"

Nur einen Moment überlegte Rabe. „Du kennst doch den Bach der Klapperschlangen. Folge ihm, bis er auf den großen Fluss trifft. Dort werden wir auf dich warten."

Nur mit seinem Bogen, einem Köcher voller Pfeile, einem Fell für die Nacht und einem Marderbalg voller Wasser machte Bärentatze sich auf den Weg.

Schon damals, an dem Tag als Rabe und Stab von ihrer großen Reise zurück waren und den Stachelschweinen von der Büffeljagd zu Pferd erzählten, war Bärentatze sich vollkommen im Klaren darüber, wie wertvoll die Pferde eines Tages sein würden. 

Wie der Große Geist den Indianern das Pferd schenkteWhere stories live. Discover now