Büffeljagd und Strafgericht - Kapitel 39

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Mit weit aufgerissenen Augen stand Turcocos oder El Turco, wie die Spanier ihn nannten, auf einem Hügel und starrte zum Himmel. In der Ferne türmten sich schwarze Wolken auf, als würde sich die Natur in Schlachtordnung gegen die Spanier stellen. Das Unwetter zog fast genau in ihrer Richtung. Da kam etwas wirklich Bedrohliches auf sie zu und diese Spanier hatten keine Ahnung von dem, was sie erwartete.

Fast schon panisch schnappte sich El Turco seinen Grabstock und hackte damit in die Erde. Mit den Händen schaufelte er den Sand heraus und grub sich ein rundes Loch in den Boden. Wie ein Eichhörnchen rollte er sich in dieses Loch und war nicht zu bewegen, dort herauszukommen. 

Lachend standen die Männer daneben, bis sie in der Ferne einen merkwürdigen schwarzen Schlauch aus einer Wolke hängen sahen. Erstaunt wiesen sie einander darauf hin und wunderten sich. So etwas hatten sie noch nie gesehen. Trotzdem glaubten sie nicht an eine ernste Gefahr. El Turco wurde bei diesem Anblick ganz grau im Gesicht, aber die Spanier lachten über ihn und seine Furcht. Sie hatten schon Schlimmeres erlebt und wollten das Gewitter einfach aussitzen. Ihren Helmen konnten die Hagelkörner nichts anhaben. 

Doch als der Wind sich plötzlich aufbäumte, um sich dann mit brachialer Gewalt auf sie zu stürzen, mussten sich einige Spanier an ihren Pferden festhalten, während andere lieber dem Beispiel von El Turco folgten und sich auf den Boden legten. Der Wind peitschte das Wasser und die Hagelkörner aus den Wolken. Innerhalb von Sekunden waren die Männer klatschnass. Es war als würde der Zorn der Natur selbst auf sie niederprasseln.

Trotz allem waren die Spanier in ihren Rüstungen relativ gut geschützt, aber die Tiere wurden schwer getroffen. Die Eisgeschosse hatten die Größe von Kirschen, sie taten weh und machten sie fast wahnsinnig. Sie rollten mit den Augen, schrien vor Angst und wussten nicht, wohin sie fliehen sollten. Plötzlich begann der Himmel zu grollen, als ob die Götter selbst ihren Unmut heraus schreien würden.

Die Blitze, die aus den schwarzen Wolken heraus zuckten, zerrissen die Dunkelheit für einen flüchtigen Moment. Gleich darauf herrschte wieder pechschwarze Finsternis. Als ein Blitz mitten in die riesige Rinderherde fuhr und mehrere Tiere tötete, gab es kein Halten mehr. Sie brachen aus und rannten fast eine Stunde, so lange, bis ihnen die Kraft ausging. 

Dabei verteilten sie sich in der Weite der Landschaft und wurden nie wieder gesehen. Auch ein paar Pferde waren ausgebrochen, aber es waren nicht mehr als einhundert Tiere. Insgesamt hielt sich der Verlust in Grenzen und weil es hier Büffel geben sollte, war der Verlust der Rinder und Pferde zu verschmerzen.

Nach dem Gewitter hatte man Coronado berichtet, dass Pater Diego verschwunden war. Obwohl man bereits nach ihm gesucht hatte ließ Coronado noch einmal nach ihm suchen. Aber nach diesem Unwetter war es unmöglich, seine Spur zu finden. Er wurde genau wie Don Carlos als verschollen von seinem Schreiber in die Rolle eingetragen. 

Von El Turco hatten die Männer erfahren, dass es einen Fluss im Osten geben sollte und Coronado hatte die Richtung geändert. Ohne voneinander zu wissen, zogen die Spanier und die Teyas zwei Tage lang in die gleiche Richtung. Die Sonne stand am strahlend blauen Himmel und es sah so aus, als hätte es diesen fürchterlichen Sturm nie gegeben.

*

Ein Geräusch wie Donnergrollen näherte sich und Hernando de Alvarado preschte nach vorn zu Coronado.

„Das sind die Büffel, von denen ich euch erzählt habe! So viel Fleisch habt ihr in eurem ganzen Leben noch nicht gesehen!"

Linker Hand tauchten die ersten Büffel am Horizont auf. Nur einen Augenblick später waren sie überall und sie kamen näher. Wie ein tobendes Meer aus braunem Fell und aufgewirbeltem Staub näherte sich die Büffelherde wie eine Naturgewalt. Das Donnern der Hufe vermischte sich mit dem Gebrüll der Tiere zu einer bedrohlichen Symphonie der Zerstörung.

Wie der Große Geist den Indianern das Pferd schenkteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt