Kapitel 40

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Mit Hilfe meiner Fähigkeiten Kämpfe ich mich durch das Unwetter. Umgeben bin ich von einer blase aus Wasser, welche mich und meinen Rucksack abschirmt. So laufe ich am Himmel entlang und hoffe eigentlich nur, dass mich kein Blitz trifft. Mit Regen und Wind komme ich zurecht. Aber Elektrizität ist ohne Jace für mich nicht händelbar. Wie es ihm wohl geht?

Mühsam verdränge ich den Gedanken an ihn. Jace wird furchtbar wütend auf mich sein und nicht gewillt sein mit mir zu sprechen. Aber ich hoffe, dass sich das wieder gibt. Ich weiß nämlich inzwischen, was ich will. Ich will mich mit meinen Freunden vertragen und meinen Bruder Lukas sehen. Wir haben einiges zu besprechen. Ich will meine Familiengeschichte und die Sache mit den Urelementaren klären. Aber vor allem will ich Jace an meiner Seite haben. Ohne ihn fühlt es sich nicht richtig an.

Daher beeile ich mich durch den Himmel zu laufen und den Sturm und meine Eltern hinter mir zu lassen. Die Richtung ist mir erstmal egal, denn ich habe sowieso keine Ahnung, wo ich mich befinde. Daher gilt es erstmal eine Stadt zu finden und mich zu informieren. Anschließend muss ich mir einen Plan machen, wie ich nach Hause komme. Aber eins nach dem anderen. Das wird sich schon alles ergeben.

Die Nacht vergeht und ich komme schließlich am frühen Morgen ziemlich erschöpft am Rande eines Dorfes an. Allerdings scheint hier noch niemand wach zu sein. Daher bleibe ich etwas außerhalb und setze mich unter einen Baum. Es bringt zwar nichts, da von dem Sturm sowieso alles nass ist und es auch durch das dichte Blätterdach hindurch tropft, aber ich fühle mich dadurch irgendwie geschützter. Und da ich so lange gelaufen bin, tut es mir auch unglaublich gut, einfach mal zu sitzen. Schneller als mir klar geworden ist, bin ich auch schon eingeschlafen.

Wach werde ich von einigen Stimmen und davon, wie mich jemand in die Schulter tippt. Langsam öffne ich die Augen und schaue in das Gesicht eines Mädchens, welches nur einige Jahre jünger als ich sein kann. „Hallo.", gebe ich leise von mir, um sie nicht zu erschrecken, doch sie scheint mir kein ängstlicher Typ zu sein. Mit einem Lächeln hockt sie sich vor mich. „Schön, dass du nicht tot bist.", gibt sie locker von sich und bringt mich damit zum Lachen. Wann hatte ich zuletzt wirkliche Freude? Es ist eine Weile her.

„Ich wollte dich nicht erschrecken. Tut mir leid." Langsam setze ich mich etwas weiter auf und strecke mich etwas, um mich zu lockern. „Alles in Ordnung. Wer bist du und was willst du hier?", will sie wissen und mustert mich neugierig und mit schief gelegtem Kopf. „Ich bin Kayla. Ich bin nur auf der Durchreise. Kannst du mir sagen, wo ich mich befinde?" Kichernd holt das Mädchen ihr Handy aus ihrer Jackentasche. Es stimmt, heute ist es wohl etwas kühler als in den letzten Tagen. Der Sturm hat die warme Luft weggeweht, doch das stört mich nicht.

„Wie kann man auf der Durchreise sein, wenn man überhaupt keine Ahnung hat, wo man sich befindet?" Sie zeigt mir trotzdem auf der Karte auf ihrem Handy unseren Standort. Mit einem Stirnrunzeln tippe ich herum und suche den Standort meiner Schule, welchen ich schließlich auch finde. „Das ist ein ganz schönes Stück. Aber nicht so weit weg, wie ich dachte.", flüstere ich leise und vergesse etwas das Mädchen vor mir. „Wenn du das sagst.", kichert sie und ich schaue in ihre vergnügten Augen. Sie ist ein wahrer Sonnenschein.

Ich kann nicht anders als sie anzulächeln. Langsam stehe ich auf und orientiere mich kurz. Dann weiß ich, welche Richtung ich einschlagen muss. „Ich danke dir.", sage ich leise und gebe ihr ihr Handy zurück. „Keine Ursache. Ich helfe wirklich gerne." Ich nehme mir meinen Rucksack und mache mich bereit wieder aufzubrechen. Da werde ich noch einmal abgehalten. „Ich wünsche dir eine gute Reise.", flüstert sie und scheint besorgt zu sein. Doch das versuche ich mit einem Lächeln zu entkräften.

Kurz konzentriere ich mich und lasse am Boden meine Eisrose entstehen, welche ich pflücke und an sie überreiche. „Du brauchst dir keine Sorgen machen. Mir wird es gut gehen, wenn ich an meinem Ziel angekommen bin." Davon bin ich überzeugt. Staunend schaut das Mädchen die Rose an und hält sie in die Sonne. Das Glitzern der Rose und das Staunen im Gesicht des Mädchens erinnert mich an meine ersten Versuche mit dieser Kraft, welche nun inzwischen ein Teil von mir ist. Das Element Eis gehört zu mir und ich kann mir gar nicht vorstellen wie es wäre, das nicht mehr zu haben.

Nachdenklich schaue ich auf meine Hände. Wieso sollte meine Urelement denn eigentlich Wasser oder Luft sein? Ich hatte zu beiden Elementen nie den gleichen Bezug wie zu meinem Eis. Es war mein erstes Element, welche sich gezeigt hat. Wenn ich in Gefahr bin, greife ich automatisch darauf zurück. Mit einem Lächeln schaue ich in den Himmel. Meine Eltern haben einen Fehler gemacht.

Der Wind fährt mir durch meine noch immer klammen Haare und durch meine nasse Kleidung. Doch mir ist nicht kalt. Denn das Eis ist ein Teil von mir. Ich schließe die Augen und denke an meine Elemente. Der Wind, das Wasser und mein geliebtes Eis. Ich spüre die Elemente um mich herum und bin einfach nur glücklich, dass sie ein Teil von mir sind. Die Kraft, welche ich durch sie erhalten habe, ist ein Geschenk, welches ich nutzen will. Und dann spüre ich auf einmal eine Verbindung zu den Elementen, die ich vorher nicht hatte.

Endlich habe ich mein Urelement aktivieren können. Nicht durch Kampf oder Zwang, sondern durch einfache Wertschätzung. Wie können meine Eltern nur so engstirnig sein und glauben, dass man alles mit Gewalt lösen kann? Eigentlich muss man nur sich selbst treu sein und sich akzeptieren, wie man ist. Dafür habe ich lange gebraucht, doch nun sehe ich meinen Weg direkt vor mir.

„Ist alles in Ordnung bei dir, Kayla?", werde ich aus meinen Gedanken gerissen und schaue das Mädchen an, welches mich nun überrascht mustert. „Wieso leuchten deine Augen denn jetzt silbern?" Das wundert mich überhaupt nicht, daher winke ich lachend ab. Ihr das nun zu erklären, würde sie sicherlich überfordern. Daher verabschiede ich mich einfach mit einer kurzen Umarmung. „Mir geht es ganz hervorragend. Bleib wie du bist und lasse dich niemals von anderen davon abbringen.", rate ich ihr noch, dann laufe ich los und in den Himmel. Die Welt unter mir wird immer kleiner, doch ich winke noch einmal dem staunenden Mädchen unter mir, welche zögerlich zurückwinkt.

Dann wende ich mich ab und laufe so schnell ich kann los. Ich muss unbedingt zurück zur Schule. Zu meinen Freunden und Jace. Lachend laufe ich durch den Himmel und spüre meine Elemente durch mich hindurchfließen. Es ist eine unglaubliche Kraft! Und sie ist ein Teil von mir.

Der restliche Weg gestaltet sich noch als äußerst beschwerlich. Das Wetter hat mir noch ganz schön zu schaffen gemacht. Doch ich habe nur selten eine Pause gemacht. Daher bin ich auch sehr erschöpft, als ich endlich meine Schule im Dunkeln und noch aus einiger Entfernung sehen kann. Doch der Anblick treibt mich weiter und lässt mich trotzdem lächeln.

Ich lande auf dem menschenleeren Schulhof und atme erstmal tief durch. Hier fühle ich mich wie zuhause. Mein Weg führt mich direkt zum Wohnheim der Jungen. An der Wand lasse ich mein Eis empor klettern. Ich habe noch immer keine Ahnung, wo Jace sein Zimmer hat. Doch durch sein Feuer werde ich ihn sicherlich bald finden. Und dann spüre ich, wie meine Eiskristalle an einem der Fenster schmelzen. Lächelnd konzentriere ich mich darauf und lasse es kälter werden. Nach einigen Minuten geht endlich das Licht an und das Fenster wird aufgerissen.

Jace schaut mit großen Augen aus dem Fenster und unsere Blicke treffen sich. Ich habe das grau seiner Augen so sehr vermisst! Keuchend geben meine Beine schließlich nach und ich knie auf dem nassen Boden. Doch ich kann Jace noch ein kleines Lächeln schenken. Ich darf jetzt noch nicht schlafen. Ich will mich unbedingt noch bei ihm entschuldigen.

Doch dann werde ich plötzlich angehoben. Staunend schaue ich nach oben und sehe Jace, welcher mich besorgt mustert. „Es tut mir leid.", flüstere ich ihm zu und lege meinen Kopf auf seine Schulter. „Du bist wirklich unmöglich.", höre ich ihn verärgert murmeln, doch er drückt mich noch näher an sich. Mir ist klar, dass er mir verzeihen wird. Beruhigt schlafe ich schließlich ein. Bei Jace bin ich sicher. Er beschützt mich schließlich schon seitdem wir uns kennengelernt haben. 

Akademie der Elemente - Die Macht der ElememteWhere stories live. Discover now