Kapitel 25

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Konzentriert stehe ich der Frau gegenüber. Ihre blonden Haare, die stahlgrauen Augen und ihre schlanke Figur könnten dafür sorgen, dass man sie für nett hält. Doch dieser Eindruck kommt gar nicht erst auf. Ihre kalte Stimme jagt einem direkt einen Schauer über den Rücken und ich bin froh über meine Adoptiveltern. Bis zu unserem abrupten Kontaktabbruch wusste ich immer, dass sie mich lieben. Und das tun sie wahrscheinlich auch heute noch. Leider eine Tatsache, die Rosie nicht so empfinden wird.

Ich habe jedoch nicht viel Zeit um mich auf diesen Zweikampf vorzubereiten, da Rosie's Mutter umgehend angreift. Eigentlich hatte ich mit etwas Raffinesse gerechnet. Mit irgendeinem heimtückischen Angriff. Doch auf mich kommt nur eine massive Wand aus Luft zu, welche mich schmerzhaft gegen die Mauer schleudern würde, wenn ich es zuließe. Weshalb ich mich mit all meiner Macht entgegenstelle und den Angriff einfach stoppe.

Beziehungsweise versuche ich mich einfach nur nicht von dieser gigantischen Macht zerquetschen zu lassen. Diese Frau ist wirklich stark und ich habe sie deutlich unterschätzt. Doch für die Reue ist es leider zu spät. Daher gebe ich einfach alles was ich habe und suche nach einer anderen Möglichkeit, um doch noch zu gewinnen. Ich könnte Eis oder Wasser einsetzen, um mich zu schützen. Doch damit würde ich zugeben, dass sie mir im Element Luft überlegen ist. Und dafür bin ich einfach zu stolz. Ich will ihr beweisen, dass Rosie gut bei uns aufgehoben ist und ihre Anschuldigungen kompletter Schwachsinn sind.

Mit aller Macht stemme ich mich gegen Rosie's Mutter, welche noch nicht einmal angestrengt aussieht. Es ist beinahe, als würde sie sich erstmal aufwärmen. Ich bin kurz davor nun doch noch auf meine anderen Fähigkeiten zuzugreifen, als eine laute Stimme uns zusammenschreit. "Damit ist jetzt sofort Schluss!", poltert Direktor Meyer, welcher in der Tür steht und völlig fassungslos aussieht. Ich bin so erschrocken, dass ich augenblicklich jeglichen Einsatz meiner Kräfte stoppe. Und Rosie's Mutter glücklicher Weise auch. Sonst hätte ich sicherlich schmerzhafte Erfahrung mit der Wand gemacht. 

"Dies hier ist eine Schule und wir bereiten uns auf einen Angriff vor, welcher jederzeit erfolgen kann! Frau Larson, kommen sie doch bitte mit mir. Ich werde ihnen zeigen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Kayla und Rosie. Ihr solltet ihn einem zurückhaltenden und angenehmen Maß trainieren. Verausgabt euch bitte nicht. Wir wissen nicht, wann ein Angriff erfolgen wird." Damit wendet sich Herr Meyer von uns ab und verschwindet so plötzlich wieder, wie er hier aufgetaucht ist. Rosie's Mutter mustert uns noch einmal hochnäsig und wirft ihrer Tochter einen herabsetzenden Blick zu, ehe sie ebenfalls verschwindet. 

Stumm bleiben wir anderen einen Moment zurück, was mir die Zeit gibt mich wieder zu sammeln. Diese kleine Auseinandersetzung war anstrengender als ich vorher gedacht hatte. Aber es hat mir auch gezeigt, dass ich noch nicht dort stehe, wo ich gerne wäre. Ich bin noch viel zu schwach um meine Freunde beschützen zu können. Rosie reißt mich aus meinen Grübeleien, indem sie sich mir in die Arme wirft. "Danke das du meine Freundin bist.", flüstert sie mir leise zu, was mich wieder zum lächeln bringt. Genau deswegen mache ich immer wieder solche leichtsinnigen Sachen. 

"Kein Problem, Rosie. Dafür sind Freunde doch da." Ich verrate ihr lieber nicht, dass mich noch immer ein leicht schlechtes Gewissen plagt. Ich bin anfangs sehr unfair zu ihr gewesen, weil ich meine Eifersucht nicht in den Griff bekommen habe. Das tut mir noch immer wahnsinnig leid. Rosie konnte das ja nicht wissen und hat meine Ablehnung auch nicht verdient gehabt. Das will ich nun wieder gut machen. 

"Lass uns erstmal etwas essen gehen. Ich habe nun unglaublich Hunger.", gebe ich schließlich von mir und schaffe es somit, dass Rosie mich endlich loslässt. Sie ist eigentlich viel zu sensibel für die Welt in die sie geworfen wurde. Und frage mich, wie sie es bei einer solchen Mutter geschafft hat so schüchtern und zurückhaltend zu sein. 

Rosie stimmt mir leise zu und wir verabschieden uns von dem Lehrer, welcher noch immer stumm am Rand steht und überhaupt nichts zu der ganzen Situation beizutragen hat. Manche Menschen sind sollten vielleicht keine Lehrer werden. Manche Kinder müssen nun mal auch vor ihren eigenen Eltern beschützt werden. Da kann man nicht nur danebenstehen und zuschauen.

Gemeinsam laufen wir los und wechseln stumm das Gebäude. Rosie ist selbst für ihre Verhältnisse sehr ruhig und zurückhaltend. Doch nun kann ich es endlich verstehen. Zusätzlich zu dieser fremden Bedrohung müssen wir uns nun also auch noch darum kümmern, dass Rosies Mutter nicht vollkommen durchdreht. Aber zum Glück kann ich dabei auf meine Freunde zählen. Diese sitzen nämlich bereits an unserem Tisch, als wir ankommen.

Aus Gewohnheit lasse ich mich auf den freien Platz neben Jace fallen und lächele ihn kurz an, ehe ich mich zum ihm rüber beuge, um ihm flüsternd von Rosies Mutter zu erzählen. Doch ich komme gar nicht erst dazu. Sie hat sich nämlich dazu entschieden sich selbst vorzustellen und dabei von ihrer besten Seite zu zeigen.

„Rosie! Was sitzt du denn an diesem Tisch? Du besitzt drei Elemente! Geht gefälligst auf den Platz, welcher dir zusteht? Wie häufig willst du unsere Familie noch blamieren?", zetert diese schreckliche Frau los und packt Rosie am Arm. Noch immer vor sich hinredend zieht sie ihre Tochter hinter sich her, welche sich so gut es geht versucht zu wehren. Überrascht starrt unser kompletter Tisch dem Gespann hinterher und ist zu keiner Reaktion fähig.

Bis Flavia sich mit einem Kopfschütteln aus der Starre befreit. „Wer ist denn diese Furie?", fragt sie extra laut und dringt damit scheinbar auch zu Rosies Mutter durch. Welche sich mit einem wütenden Funkeln in den Augen zu uns umwendet. Noch immer hat sich ihre Hand fest um Rosies Handgelenk, was sie aber nicht davon abhält mit ihr gemeinsam zu unserem Tisch zurückzustampfen.

„Was fällt dir ein so unhöflich zu sein? Weißt du nicht wer hier vor dir steht?", plustert sie sich auf und wirft die Haare über ihre Schulter zurück. Doch Flavia, die ja selbst aus gutem Haus kommt, zuckt bei diesen Worten nicht einmal mit der Wimper. „Rosies Mutter, nehme ich an?" Bei Flavias Sarkasmus weht eine leichte Brise durch die Kantine, welche das drohende Unheil ankündigt. Da bin ich ja gespannt, ob die Inneneinrichtung noch stehen wird, wenn Rosies Mutter einmal vollkommen ausgeflippt ist.

„Ich bin Aurora Larson und gehöre einer mächtigen Familie an. Legt euch nicht mit mir an, Kinder. Lasst meine Tochter in Frieden und behindert sie nicht in ihrer Entwicklung. Sie muss schließlich unserer Familie gerecht werden!" Der Name sagt mir etwas, doch leider habe ich gerade vergessen, wodurch diese Familie sich auszeichnet. Und Rosie habe ich auch noch nie danach gefragt. Wobei es mir eigentlich auch nicht interessiert. Es geht darum ein guter Mensch und Freund zu sein und nicht zu beweisen, wer der größte und mächtigste Elementar ist.

„Soweit mir bekannt ist organisiert ihre Familie elementare Kämpfe für andere reiche Schnösel, denen sonst zu langweilig ist. Wenn ich mich recht erinnere, macht ihre Familie gerne Schlagzeilen dadurch, dass einer ihrer Kämpfer gestorben ist. Darauf sind sie stolz?" Nun ist es Adam, welcher mit diesen Worten die Aufmerksamkeit auf sich zieht und Frau Larson, welche kurz zusammenzuckt, sich aber schnell wieder fängt. „Und wer bist du, dass dir solche Dinge bekannt sind?", will sie nun hochnäsig wissen und mustert Adam so, als würde sie ihn bald zwischen ihren Fingern zerquetschen wollen. „Adam Kaiser. Unsere Familien bewegen sich in ähnlichen Kreisen."

Nach einer kleinen Denkpause breitet sich ein hinterlistiges Lächeln auf dem Gesicht von Rosies Mutter aus, welche uns nun wohl doch noch ihre Schokoladenseite zeigen will. „Die Familie Kaiser hat ihre Kinder also auf diese Schule geschickt. Das ist mir gar nicht bekannt gewesen. Da hat sich meine Tochter ja doch wenigstens einen vernünftigen Freund ausgesucht. Und ihre beide habt euch schon näher kennengelernt?" Bei dieser Andeutung verziehen alle am Tisch fassungslos das Gesicht. Doch wieder einmal reagiert Flavia schneller als wir anderen. „Ich bin Flavia Steiner, seine feste Freundin."

Auch bei diesem Namen merkt Frau Larson auf, sagt dazu jedoch nichts mehr. Stattdessen lässt sie einfach ihre Tochter los und stürmt wortlos davon. Verwirrt schauen wir ihr alle hinterher. Das war einer der merkwürdigsten Auftritte, die mir seit langem untergekommen sind. Stumm setzt Rosie wieder zu uns an den Tisch und reibt sich ihr Handgelenk, während wir anderen uns besorgte Blicke zuwerfen. Die nächsten Tage werden sicherlich noch sehr interessant. Wir sollten Rosie keinesfalls aus den Augen lassen. Wer weiß, was ihre Mutter jetzt plant. Sie wirkte nicht so, als würde sie die Situation einfach so auf sich beruhen lassen. 

Akademie der Elemente - Die Macht der ElememteHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin