Kapitel 29

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Nach unserem gemeinsamen Training laufe ich zurück zum See, an welchem ich mich niederlasse und einfach nur aufs Wasser schaue. Die Tage vergehen in letzter Zeit so schnell, dass ich nicht mal dazu komme über all das nachzudenken, was in den vergangenen Tagen so passiert ist. Die ganze Aufregung, die Angst und die Sorgen um meine Freunde zehren an meinen Nerven und ich versuche einen Moment zur Ruhe zu kommen. Doch es will nicht so richtig funktionieren. 

Seufzend lasse ich mich nach hinten fallen und beginne die vorüberziehenden Wolken zu beobachten. Sie färben sich langsam bunt, da die Sonne beginnt unterzugehen. „Wie geht es dir?", durchbricht eine Stimme die Stille. Diese Person habe ich hier nicht erwartet und will sie eigentlich auch nicht sehen. Denn Jace bringt mich immer wieder aus dem Konzept. Und das versuche ich eigentlich gerade zu vermeiden. 

Doch anstatt wieder zu gehen, weil ich ihm nicht antworte, legt er sich einfach neben mich auf den kalten Boden. Wir schweigen uns an und ich spüre, wie ich dieses Gefühl die ganze Zeit vermisst habe. Wie ich Jace vermisst habe. Irgendwann richtet sich Jace neben mir auf und mustert mich mit seinen unglaublich grauen Augen. Ich weiß, dass er mit mir sprechen will. Das er eine Antwort erwartet. Doch ich habe keine Ahnung, was ich ihm sagen soll. 

„Du bist die unmöglichste Frau, die ich kenne.", murmelt er neben meinem Ohr, weshalb ich mich endlich traue ihm in die Augen zu sehen. Doch bevor ich es so richtig begreife, hat er mir schon einen kurzen Kuss gegeben und ist aufgestanden. „Wir geben nicht auf. Wir geben niemals auf." Mit diesen Worten wendet Jace sich ab und läuft auf die Schule zu. Erstaunt sehe ich ihm hinterher. Dem jungen Mann, der sich in mein Herz geschlichen hat und nicht mehr aus dem Kopf geht. Was sollte das denn jetzt? 

Ich hatte mir doch vorgenommen keine Nähe mehr zu Jace aufzubauen. Doch Jace hat mal wieder seinen eigenen Kopf und ich habe keine Ahnung, was ich nun mit dieser Information machen soll. Eigentlich hatte ich doch schon genügend Dinge, um die ich mir Gedanken machen muss! Mit einem schweren Seufzen raffe ich mich schließlich auch vom Boden auf und mache mich auf den Weg zur Schule. Hunger habe ich keinen, ich brauche einfach nur meine Ruhe. 

Doch bevor ich überhaupt an meinem Wohnhaus ankomme, hält mich eine Stimme auf. „Du bist sehr mutig, Kayla Winter." Erschrocken sehe ich über meine Schulter hinter mich. Robert Wilke, der Ziehvater von Johanna und Jonas. „Was meinen sie damit?", will ich vorsichtig wissen und drehe mich zu ihm um, um ihn besser im Blick behalten zu können. Irgendwie wirkt er gerade mehr als gruselig auf mich. „Ich habe euch alle beobachtet, seitdem ich an dieser Schule angekommen bin. Eure Gruppe ist sehr faszinierend und ich bin nun mal ein Wissenschaftler. Es ist beachtlich, wie du es schaffst sie alle zusammen zu halten.", gibt er von sich und mustert mich noch ein wenig intensiver. 

Jetzt fühle ich mich irgendwie erst recht wie ein Insekt unter einem Mikroskop. „Was wollen sie von mir?" „Ich will dich warnen. Du bist jung und unerfahren, genau wie deine Freunde. Doch sie stehen loyal zu dir, egal was du tust oder sagst. Du bist ihr großes Vorbild und vielleicht sogar die Liebe ihres Lebens. Doch du solltest an eines denken, wenn du mit ihnen in den Krieg ziehen willst." Er macht eine dramatische Pause, bei welcher sich eine Gänsehaut auf meinem gesamten Körper ausbreitet. „Und das wäre?" Mein herausfordernder Tonfall bringt ihn zum Lächeln, doch ich widerstehe dem drang einen Schritt zurückzuweichen. 

„Du bist die Anführerin und jeder von ihnen würde sich für dich Opfern. Also bringe dich nicht leichtfertig in Gefahr, um die anderen zu Dummheiten zu verleiten. Du bist für ihre Sicherheit verantwortlich, wenn du sie darauf vorbereitest in den Kampf zu ziehen. Du hast es sogar geschafft Jonas und Johanna für dich zu gewinnen und an deiner Seite zu stehen. Sie sprechen von kaum jemand anderem. Also gebe ich dir einen Rat und eine Warnung mit auf den Weg. Riskiere nichts und pass auf meine Kinder auf. Sie sind das Einzige, was ich noch habe." 

Sprachlos und mit offenem Mund sehe ich dem Mann nach, welcher gerade wieder zwischen den Bäumen verschwindet und mir gerade mehr Angst gemacht hat, als es jemals jemand anderes geschafft hat. Und ich bin in den letzten Jahren in einigen brenzligen Situationen gewesen. So schnell ich kann mache ich mich auf den Weg in mein Zimmer. Hinter mir schließe ich ab und lasse auch mein Fenster zu. Ich schließe mich komplett ein und verstärke die Türen von innen auch noch mit einer Eisschicht. Wahrscheinlich werde ich jetzt auch noch paranoid, doch für heute hat es mir gereicht. Ich will mich einfach nur sicher fühlen und mich entspannen. 

Doch leider stellt sich die Ruhe nicht ein, die ich mir gewünscht habe. Immer wieder drehe ich mich in meinem Bett von einer Seite auf die andere. An schlaf ist nicht zu denken. Das schlimmste ist diese Ungewissheit. Werden wir angegriffen oder eher nicht? Wann wird der Angriff stattfinden? Tagsüber oder nachts? Wenn ich so darüber nachdenke, dann haben die Angriffe immer um die Mittagszeit herum stattgefunden. Immer dann, wenn viele Schüler unterwegs gewesen sind. Und da sie scheinbar jemanden suchen, werden sie sicherlich nicht riskieren wollen, dass er nicht da ist. Was bedeutet, sie werden auch in den Ferien nicht angreifen. 

Und Ferien sind in drei Tagen. Dann hätten wir erstmal zwei Wochen Ruhe gewonnen. Wir sollten also die nächsten Tage vorsichtig sein und uns um die Mittagszeit auf einen Angriff gefasst machen. Aber vielleicht sind auch die Angreifer bei der Kampf mit Jace's Vater verletzt worden und müssen sich erstmal wieder sammeln. Wäre für uns auf jeden Fall von Vorteil. Also heißt es jetzt für uns noch drei Tage in Alarmbereitschaft sein und hoffen, dass nichts passiert. Und anschließend können wir uns etwas Entspannung zugestehen. Da bin ich sehr sicher. 

Mit diesem Gedanken etwas beruhigter kann ich mich endlich wieder etwas entspannen. Ich kuschele mich also unter mein dünnen Laken und verbanne die dunklen Gedanken aus meinem Kopf. Vielmehr denke ich an Jace zurück und frage mich, was das eben gewesen ist. Manchmal würde ich viel lieber Gedanken lesen können, als die Elemente beherrschen. Das würde mir wahrscheinlich einiges vereinfachen. Doch leider kann ich das nicht. Also muss ich raten. Und ich kann mir bisher noch nicht erklären, was Jace mit seiner Aktion bezwecken wollte. Also versuche ich einfach nicht weiter darüber nachzudenken. Endlich müde geworden drehe ich mich auf die andere Seite und bin innerhalb weniger Augenblicke endlich eingeschlafen. 

Akademie der Elemente - Die Macht der ElememteМесто, где живут истории. Откройте их для себя