Kapitel 7

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Auch am nächsten Tag habe ich immer noch nicht überwunden, dass ich die Zwillinge so falsch eingeschätzt habe. Und trotzdem muss ich ihr schauspielerisches Talent bewundern. Seit meiner ersten Begegnung mit Johanna haben sie mir etwas vorgespielt. Und dabei hatten sie es die ganze Zeit auf mich und Jace abgesehen. Nur, weil ihr Vater angeblich begeistert von unseren Fähigkeiten ist. Sowas bescheuertes!

Genervt mühe ich mich dann schließlich doch irgendwann aus dem Bett und mache mich im angrenzenden Bad fertig. Da ich heute sicherlich wieder das ein oder andere Mal im See landen werde, flechte ich mir die Haare zu einem strengen Zopf. Lediglich in einem Top, einer kurzen Hose und den noch immer etwas nassen Schuhen vom gestern mache ich mich auf den Weg in die Mensa.

Den Schülern gehe ich möglichst aus dem Weg und auch in der Mensa hole ich mir nur einen Kakao und ein belegtes Brötchen, ehe ich mich schon mal auf den Weg zum See mache. Ich habe wirklich keine Lust jetzt mit jemandem zu reden und den gestrigen Tag auch noch einmal rückwirkend auszuwerten. Das muss wirklich nicht sein.

Schon auf dem Weg habe ich alles gegessen und getrunken, weshalb ich meinen Müll einfach in einen der aufgestellten Papierkörbe werfen kann. Stirnrunzelnd schaue ich nach oben. Die Sonne ist weg und ein leichter Wind weht. Die anderen drei werden sicherlich sehr schnell frieren heute. Sie sollten sich ein oder zwei Handtücher mitnehmen. Und wir sollten das lernen, bevor der Herbst wirklich eingetroffen ist. Sonst holen sich die drei noch eine Erkältung. Zu meinem Glück bewahrt mich mein Eiselement davor überhaupt zu frieren. Da habe ich etwas mehr Glück.

So in Gedanken versunken höre ich meinen Namen erst, als die Person direkt neben mir auftaucht und mich antippt, was ich mit einem deutlichen zusammenzucken auch zeige. „Tut mir leid. Ich wollte dich nicht erschrecken. Aber du hast nicht reagiert, als ich dich gerufen habe.", meint Rosie neben mir und spielt an ihren blonden Haaren herum. Stirnrunzelnd mustere ich sie und versuche nicht gleich komplett abwehrend zu reagieren.

„Ich war in Gedanken. Was willst du?" Vielleicht hätte mein Tonfall netter sein können, doch ich habe eigentlich im Moment auch keine Nerven dafür mich mit ihr zu unterhalten. Dementsprechend hätte es auch schlimmer kommen können. „Ich wollte kurz mit dir über Jace sprechen.", meint sie nun etwas leiser und nun muss ich mir wirklich auf die Zunge beißen um keinen blöden Kommentar von mir zu geben. Weshalb ich mich damit zufrieden gebe sie einfach anzustarren.

Was Rosie jedoch nicht zu irritieren scheint. Sie redet einfach weiter, während sie auf ihre Füße starrt. „Ich weiß, dass ich mich ein bisschen zwischen dich und Jace dränge. Ich meine, ihr seid ja auch schon eine Weile befreundet und habt die Spiele gewonnen. Und nun verbringen wir so viel Zeit miteinander." Als es mir zu bunt wird hebe ich die Hand und bringe sie so zum verstummen. Das war überraschend einfach. Sollte ich mir merken.

„Lass es einfach, Rosie." Mehr schaffe ich nicht zu sagen ohne ihr für Sachen die Schuld zu geben, für die sie gar nichts kann. Sie scheint ja wirklich nett zu sein. Und naiv. Da kann ich ihr nicht mal einen Vorwurf daraus machen, dass sie mir Jace wegnimmt. Dazu gehören nämlich zwei. Und wenn Jace mehr an Rosie liegt als an mir, dann muss ich lernen damit zu leben.

Schnell wende ich mich ab und gehe weiter zum See. Denn trotz aller mir selbst auferlegten Vorgaben, kann ich ein paar Tränen nicht unterdrücken, die in mir aufsteigen. Und dafür kann niemand etwas. Nur ich und meine blöden Gefühle.

Wahrscheinlich ist es mir einfach nicht vergönnt glücklich zu sein. Meine Familie hat den Kontakt zu mir abgebrochen, weil ich mich dazu entschieden habe ein Elementar zu sein. Und dann haben sie mir auch noch eröffnet, dass ich eigentlich adoptiert bin und ich daher auch nichts von ihnen erwarten brauche.

Mein bester Freund Lukas hat mich verraten. Und von meinem Exfreund fange ich gar nicht erst an. Der war ein kompletter Vollidiot. Und vielleicht ist Jace auch einfach nicht der Richtige für mich. Schnell wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht und laufe weiter. Dank Rosie bin ich nun etwas spät dran. Die anderen werden sicherlich schon auf mich warten.

Und als ich durch die letzten Baumreihen durchgelaufen bin, kann ich auch schon Alex am Ufer ausmachen. Hoffentlich sehe ich nicht allzu verheult aus. Aber selbst wenn es so ist, kann ich ja auch einfach sagen ich hätte mich verletzt. Das sollte schon passen.

Doch zu meinem Glück bemerkt Alex nichts. Oder er stellt zumindest keine blöden Fragen. Daher können wir direkt dazu übergehen mit unserer Übung weiter zu machen.

Wenig später kommen auch noch Maja und Tim dazu. Am Ende der letzten Stunde hatten wir uns dann schließlich doch noch einander vorgestellt. Meinen Namen kannte zwar jeder, doch Alex, Tim und Maja kannten sich vorher noch nicht, was dann doch für einige Lacher gesorgt hat.

„Wie hast du das heraus gefunden?", fragt Alex erstaunt nach, als ich etwa zwei Meter weiter oben auf einer Schicht aus Luft stehe und es auch noch schaffe nicht runter zu fallen. „Meine anderen Elemente funktionieren auf ähnliche Art und Weise.", gebe ich schulterzuckend zurück. Richtig erklären kann ich es ja nicht, aber vielleicht hilft es Alex ja trotzdem.

Nach fünf Metern über dem Wasser gibt er jedoch dann schließlich auf. Das ist keine Höhe für ihn. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob sich eine Höhenangst wirklich mit dem Element Luft verträgt. Aber am Ende muss Alex ja wissen wie viel er sich zumuten kann. „Wie hoch kommst du denn?", fragt Maja neugierig von weiter unten. Sie und Tim haben noch nicht so ganz das Feingefühl entwickelt, um sich wirklich lange überhaupt in der Luft zu halten. Aber mit ein bisschen mehr Übung werden auch sie es schaffen.

Der Meinung ist auch Herr Felber, welcher während des Unterrichts das ein oder andere Mal bei uns schauen gewesen ist, ob wir voran kommen. Vor Schreck bin ich leider meine drei Meter abgestürzt und im See gelandet, doch nach einem kleinen Auswinden der Klamotten habe ich auch direkt wieder weiter gemacht.

Und nun stehe ich etwa fünf Meter in der Luft und überlege, ob ich wirklich noch höher will. Gestern hat es noch nicht so gut funktioniert. Doch unter mir ist Wasser und ich bin inzwischen deutlich besser geworden. Was soll also schon schief gehen?

Zögerlich setze ich meinen Fuß in die Luft vor mir und steige weiter nach oben. Jetzt nur nicht wieder die Nerven verlieren! Mehrmals muss ich tief durchatmen und mich selbst beruhigen, doch irgendwann schaffe ich es bis auf die zehn Meter Marke. Und ich bereue es nicht. Man kann über die Bäume hinweg schauen und unglaublich weit sehen. Irgendwann mache ich das mal wenn es dunkel ist und ich die Sterne sehen will. Das wäre bestimmt auch fantastisch. Man könnte einfach nach oben schauen, ohne das einen die Blätter oder ein Ast stören.

Nun muss ich nur noch lernen, wie ich mich entspannt auf den Rücken legen kann ohne abzustürzen. Doch das sollte ja auch noch machbar sein.

Akademie der Elemente - Die Macht der ElememteWhere stories live. Discover now