︶꒦꒷𝕂𝔸ℙ𝕀𝕋𝔼𝕃𝟝꒷꒦︶

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Eine unglaubliche Erleichterung durchströmte mich, als der Bus endlich an unserer Bushaltestelle anhielt und ich bereits Nya warten sah. Sobald die Türen aufgingen, hüpfte ich hinaus und warf mich in die Arme meiner großen Schwester. Dabei blendete ich auch die Augen aller Schüler aus, die neugierig aus dem Fenster blickten. „Wie war dein Tag, Liebes?", fragte sie und strich mir durch die wirren Haare. Ich antwortete nicht, schmiegte mich einfach in die warme Umarmung. Sie roch nach Zuhause. Tief atmete ich ein, doch ehe ich nun doch meinen Tag in wenige Worte fassen konnte, legte Lowen mir kurz die Hand auf den Rücken: „Lasst uns nach Hause gehen." Seine eisblauen Augen lagen auf mir, dann auf meiner älteren Schwester. Diese nickte gleich, fuhr sich durch ihre Haare. Es brachte mich zum Schmunzeln – die beiden waren so offensichtlich. Jeder wusste, dass die Beiden zusammen enden würden. Jeder, nur die Beiden nicht.

„Ja, lasst uns endlich gehen", brummte Karis. Auch er wirkte müde, fiel mir auf. Seine braunen Haare flogen ihm wild ins Gesicht und waren noch unordentlicher als sonst. Als er meinen Blick auf sich bemerkte, verengte er gleich seine Augen: „Starr doch nicht so, Niefchen". Kurz sah ich ihn einfach nur an, dann wandte ich meinen Blick ab und lief los. Vielleicht würde ich mich ja irgendwann trauen, ihn zurechtzuweisen. Kocham tat es sonst für mich – jetzt war er nicht da. Mit einem komischen Gefühl in meinem Bauch musste ich mir wieder eingestehen, dass wirklich jeder auf mich aufpasste. Immer und zu jeder Sekunde. Ich hatte es immer darauf geschoben, dass ich noch nicht wirklich alt war. Jetzt aber, da ich Teil dieses Projekts war, konnte ich das nicht mehr gelten lassen. Deswegen richtete ich meine Schultern, auch wenn ich die Energie dazu nicht mehr hatte und setzte einen Fuß vor den anderen, bis unsere kleine Steinhütte in Sicht kam.

Sein stand bereits vor dem Herd und rührte mit einem Stück Holz im Topf. Wirklich essbar sah das ganze nicht aus. Während Lowen und Nya zu einem kurzen Spaziergang am Strand aufgebrochen war, hatten sich die anderen in ihre Zimmer zurückgezogen. Ich saß auf der Theke neben Sein und beobachtete genaustens, was er da machte. „Was soll das werden?", fragte ich schließlich, als er das ganze Zeugs in eine Schüssel füllte. „Chilli con Carne, nennt sich das", brummte er und sah vom Essen genauso begeistert aus wie ich – nämlich gar nicht. „Allerdings war ich mir nicht sicher, ob wir so etwas wie Hackfleisch überhaupt vertragen, weshalb ich rohen Fisch genommen habe- sieht allerdings wirklich, wirklich ekelhaft aus", in seinem Brummen lag ein Laut der Belustigung. Sein war niemand, der oft lachte oder der fröhlichste Mensch war. Mit seinem roten Vollbart und den Narben im Gesicht sah er genauso bedrohlich aus, wie er auch vorgab zu sein. Allerdings wusste ich nur zu gut, dass er das größte Herz besaß; er war einer der besten Freunde meines großen Bruders und dementsprechend auch oft bei uns Zuhause. Mit einem Löffel nippte er recht zaghaft an diesem Chilli-Zeugs – und spuckte es sofort wieder aus. „Nein, das ist absolut, absolut abscheulich. Kann man nicht servieren, erst recht nicht essen", keuchte er und sah ernsthaft gequält aus. Leise lachte ich, gesellte mich dann neben ihn. „Nochmals von vorne?", fragte ich und er nickte, kippte den ganzen Topf einfach aus dem Fenster. „Vielleicht fangen wir mit etwas Vertrautem an. Fisch?", schlug ich vor, auch wenn es komisch war. Wir waren ja irgendwo mit ihnen befreundet und auch wenn wir uns immer wieder an ihrem Seelenleben vergriffen, so brachten wir sie nicht um.

Der rothaarige Riese neben mir blätterte verzweifelt in dem Kochbuch, dann zeigte er auf ein Gericht. „Nur Fisch und ein paar Kartoffeln, klingt doch leicht-", schmunzelte er dann und holte Fisch aus dem Kühlschrank. „Hat Roux heute gefangen", schilderte er und noch immer lag etwas amüsiertes in seiner Stimme, „in Menschenform. Glaub mir, ich wünschte, ich wüsste, wie man auf diesem Handy Videos macht, das sah so komisch aus. Kannst du mir vielleicht die Kartoffeln schneiden?" Kurz kicherte ich, nickte dann. Es fühlte sich für einen Moment wie Zuhause an. Mit Sein zu lachen war das, was mit Kocham zu Lachen am nächsten kam. Auch wenn wir in einer Küche am Land standen, hatte es für einen Moment etwas heimisches, etwas so vertrautes. Und obwohl ich noch nie ein Messer in meiner Hand gehalten hatte, stellte ich mich gar nicht so ungeschickt an. Die Kartoffelwürfel waren zwar bei weitem nicht gleichmäßig oder schön, aber ich hatte alle Finger behalten. Der Rothaarige war damit beschäftigt, den Fisch zu braten – und immer wieder fluchte er, weil er nicht schnell genug wendete und ein paar Stellen ziemlich dunkel wurden. Nebenbei unterhielten wir uns einfach ein wenig über meinen Schultag. „Lowen ist glaub nicht so schlecht in Sport, vielleicht sollte der mit dir trainieren gehen", warf er irgendwann in den Raum. Genau in diesem Moment trat der genannte Blonde in den Raum und hob fragend die Augenbrauen: „Was ist mit mir?" „Ich hab nur die Idee gehabt, dass du mit Niamh ein bisschen trainieren könntest?" Lowens blaue Augen fielen auf mich, dann schmunzelte er. „Klar. Nach dem Essen?"

Das Monster in mirWhere stories live. Discover now