Herrin der Bestien

Teil 29

Lautlos und mit geschlossenen Augen wirbelte ich in die Tiefe. Meine Haare peitschten um mein Gesicht und mein Umhang löste sich in Schatten auf. Ein Wutschrei schnitt durch meinen Kopf, weil ich mein schicksal herausforderte. Ich war in den Tod gesprungen. Wie erwartet krachte ich auf den Boden, was verdammt wehtat. Ich spürte sofort, wie mein Körper sich zu Schatten auflöste.

Victor

„Herr! Die Herrin ist tot!", jaulte Lykaon. Ich wirbelte herum. „Was!? Erzähl mir sofort, was passiert ist!", sagte ich scharf. Lykaon keuchte. „Die Herrin ist vom höchsten Turm gesprungen. Ich wollte es verhindern, aber sie hat es mir verboten." Ich schwankte, Schmerz erfüllte mich. „Nein. Nicht Mia", flüsterte ich. Erst hatte ich meine Tochter verloren, jetzt meine Partnerin und Herrin. Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. „Bring mich zu ihren Körper. Ich will mich verabschieden." Meine Stimme war nicht mehr als ein Krächzen. Lykaon neigte den Kopf und führte mich zum höchsten Turm. Mehrere Stunden lang suchten die Bestien nach Lisas Leichnam, fanden aber nur ihren Umhang. Er war in Fetzen gerissen. Gerade noch so konnte ich den grauen, eigentlich silbernen Halbmond erkennen, der vor meinen Augen immer mehr verblasste, bis er schließlich nicht mehr zu sehen war. Ich wusste, was das bedeutete. Die Macht des Mondes war gebrochen. Mia war tot. Schmerz und Trauer vernebelten meine Sicht, als ich den Umhang in meinen Händen betrachtete, das einzige, was mir von Mia noch geblieben war. Doch auch der Umhang verblasste langsam. Bald hielt ich nichts als Luft in den Händen. Ich schluchzte auf und gab mich meiner Trauer hin. 

Nachdem ich mich halbwegs wieder gefangen hatte, sah ich im Augenwinkel ein silbernes Funkeln. Ein Messer. Mias Jagdmesser. Cabaro keuchte. „Das war vorhin noch nicht hier. Wie ist das möglich?", fragte er. Ich zuckte mit den Schultern. „Es ist egal, wie es hierher gekommen ist. Es ist nur wichtig, dass es da ist", sagte ich tonlos und betrachtete die silberne Klinge und den von schwarzem Leder umwickelten Griff. „Vom heutigen Tag an werde ich dieses Messer benutzen, im Andenken an meine Freundin, Partnerin und Herrin Mia."