Zusammenhängende Einsätze

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Nachdem Philipp und ich unsere Leiche in der Rechtsmedizin abgeliefert haben, sind wir auf die Wache zurückgekehrt, wo wir den RTW erst desinfiziert haben und uns dann in den Gemeinschaftsraum begeben haben. Ich hatte die Hoffnung, Olli und Thomas wären vielleicht auch anwesend, sie scheinen aber wieder im Einsatz zu sein. Kurz spreche daher nur mit Philipp über den vergangenen Einsatz, mit dem ich aber durchaus umgehen kann. Solche Einsätze hatte ich auch in München einige – leider.

Es dauert nicht lange, da werden wir zu einer Kleingartenanlage aufgrund einer bewusstlosen Person gerufen. Per Funk erhalten wir die Information, dass auch ein NEF mit ausrückt. Beim Eintreffen empfängt uns eine ältere Dame und führt uns wenige Meter in den Bereich der Kleingartenanlage hinein, wo ein junger Mann reglos auf dem Boden liegt. Er reagiert nicht auf Ansprache, jedoch stelle ich bei der Atemkontrolle bereits fest, dass er Alkohol getrunken hat. Zusammen mit Philipp drehe ich ihn auf den Rücken und setze mithilfe des Esmarchs-Handgriffs einen Schmerzreiz, woraufhin unser Patient wieder langsam zu sich kommt. Währenddessen spricht Philipp kurz mit der Dame, die jedoch keine Angaben machen kann.

Ich gebe dem Patienten kurz Zeit, bevor ich ihm Fragen stelle: „Der Rettungsdienst, Huber, mein Kollege Stehling. Wie heißen Sie? Wissen Sie, was passiert ist?"

„Lukas. Lukas Böhm. Party", antwortet er mir typisch verkatert.

„Sie haben also Party gemacht", schlussfolgere ich, woraufhin er nickt. Bevor ich dort weiter nachhake, arbeite ich das sogenannte SAMPLER-Schema ab. „Tut Ihnen irgendetwas weh?"

„Mein Kopf", klagt Lukas Böhm und fasst sich instinktiv an die Stirn.

„Sonst noch etwas?"

„Nein."

„Allergien? Medikamente? Vorerkrankungen?" Auch diese Fragen verneint er, sodass für mich die Diagnose Alkoholvergiftung am Naheliegenden ist. „Was ist denn auf der Party passiert? Erinnern Sie sich, wie Sie hierhin gekommen sind?"

„Mein Kumpel und ich haben eine kleine Party gemacht. Wir haben gegrillt beziehungsweise wollten es, denn mein Kumpel hat zu wenig Fleisch mitgebracht. Deshalb wollte ich mehr Fleisch holen." Während seinen Ausführungen hat er sich hingesetzt und lehnt nun am Gartenzaun.

„Ich bestelle NEF ab", informiert mit Philipp, was ich nickend bestätige.

„Wie viel haben Sie denn getrunken?"

„Paar Bier und bisschen Wodka."

„Bisschen zu viel Wodka", murmelt Philipp hörbar.

„Wir würden Sie jetzt in die Klinik mitnehmen. Augenscheinlich haben Sie keine Verletzung, aber dort können die Ärzte Sie durchchecken."

„Nein, keine Klinik, geht schon. Die Laube meiner Eltern ist direkt um die Ecke", widerspricht Herr Böhm uns.

„Wie alt sind Sie denn?"

„18."

„Okay. Sie müssten mir dann unterschreiben, dass Sie weitere medizinische Hilfe ablehnen. Mir wäre es aber lieber, sie würden uns begleiten."

„Ich unterschreib Ihnen das Ding. Es geht schon wieder."

Damit gebe ich mich geschlagen. Philipp lässt ihn die Erklärung unterschreiben und hilft ihm, sich aufzurichten. Anschließend sehen wir ihn davon wanken, während wir unser Equipment schnappen und zum RTW zurückgehen. Alles in allem ein harmloser Einsatz, der aber nach dem Letzten gut tut. Dauernd Leichen oder Einsätze mit lebensbedrohlichen Verletzungen würden uns seelisch zu stark belasten.

Zurück auf der Wache entgeht mir nicht Ollis kritischer Blick, doch es geht mir jetzt wirklich gut. Ins Gespräch kommen wir jedoch nicht wirklich, da uns ein weiterer Alarm ereilt: „Einsatz für den RTW zwei. VU mit Fahrrad, Morbacherstraße 3."

112 - Das TeamWhere stories live. Discover now