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Regulus war sehr erleichtert, dass Harry bei den Worten "dunkelste Magie, die man machen kann" zumindest ordnungsgemäß eingeschüchtert aussah und einige Sekunden wartete, bevor er fragte: 

"Was für ein Ritual?"

Regulus starrte ihn einen Moment an, wohlwissend, dass es der endgültig letzte Augenblick war, um einen Rückzieher zu machen, dann seufzte er und stand auf. 

"Na komm", murmelte er etwas unwirsch und winkte Harry, dass er ihm folgen sollte. Der Junge beeilte sich, auf die Beine zu kommen und lief ihm hinterher ein Stockwerk höher in die Black'sche Bibliothek. Gerne hätte Regulus sich mehr Zeit verschafft, indem er das entsprechende Buch erst gesucht hätte. Leider wusste er nur noch allzu genau, wie es aussah und wo es stand. Er nahm es vorsichtig aus dem Regal und trug es hinüber ins Studierzimmer, wo Harry beinahe automatisch auf der anderen Seite des Schreibtisches Platz nahm. 

"Wie viel weißt du darüber, was ein Horkrux eigentlich ist?", fragte Regulus kritisch, während er durch das Buch blätterte. Er hatte keinen blassen Schimmer mehr, welche Details in dem Gespräch am Donnerstag gefallen waren und wie viel sich Harry hatte zusammenreimen können. Der zuckte mit den Schultern. 

"Ich weiß, dass es ein Stück Seele von Voldemort ist, das in mir drin ist", meinte er. "Sonst nicht viel." 

Regulus hielt inne, als er die richtige Seite gefunden hatte, dann legte er ein Lesezeichen hinein und schloss das Buch wieder. 

"Das ist soweit schon einmal richtig", stimmte er zu. "Aber ich nehme nicht an, dass deine Lauscherei dich darüber informiert hat, wie so ein Horkrux geschaffen wird, oder?" Hatten sie da drüber gesprochen? Er wusste es nicht mehr. 

Harry zögerte. 

"Ich weiß, dass er entstanden ist, als Voldemort..." Er schluckte. "Als er meine Mutter..." 

Regulus wartete einen Moment, ob Harry es aussprechen würde, aber er ließ den Satz in der Luft hängen. Er fuhr sich noch einmal mit der Hand durch die Haare, etwas verzweifelt, was er hier eigentlich tat, mit einem gerade dreizehn gewordenen Jungen über Horkruxe zu sprechen. Und er hatte ja noch keine Ahnung, was bei diesem Ritual auf ihn zukam. 

"Unter normalen Umständen", erlöste er Harry aus der unangenehmen Stille, die sich ausgebreitet hatte, "erfordert die Erschaffung eines Horkruxes eine gigantische Menge an Vorarbeit. Man muss diverse Zauber vorbereiten, man braucht einige Zutaten und der Gegenstand, in den das Stück Seele eingeschlossen wird, muss entsprechend präpariert werden. Es ist aufwendig und erfordert extrem viel magisches Talent und Geschick." Er hielt kurz inne. "Aber die Krönung der Erschaffung, den Moment, in dem die Seele geteilt wird...stellt ein Mord da. Der Zauberer, der den Horkrux schaffen will, muss ein Menschenleben nehmen." 

Harry schwieg und sah aus, als wäre ihm ein wenig übel. 

"Nicht irgendeins, selbstverständlich", sprach Regulus trotzdem weiter. "Es funktioniert nicht bei Selbstverteidigung. Es funktioniert nicht, um jemand anderen zu schützen. Es funktioniert nicht einmal, wenn man innerlich der festen Überzeugung ist, dass das Opfer den Tod verdient hat." Er holte tief Luft. "Für die Erschaffung des Horkruxes benötigt man einen Mord aus vollkommen egoistischen Motiven. An einer Person, die unschuldig ist, die einem nicht absehbar zur Gefahr wird oder von der man es irgendwie rechtfertigen könnte, sie zu töten. Der Mord dient einzig und allein der eigenen Selbsterhaltung. Er erfüllt keinen weiteren Zweck."

Harry hatte bis eben auf seiner Unterlippe herumgebissen, aber jetzt ließ er sie wieder los und Regulus konnte sehen, dass sich Blut auf ihr sammelte. Für einen Moment kam die kalte Slytherin-Eigenschaft des Trotzes in ihm durch und eine Stimme in seinem Hinterkopf meinte, dass Harry selbst schuld war, hatte er doch unbedingt über das Thema reden wollen. Dann erinnerte er sich selbst daran, dass er kein so garstiger Mensch mehr war und er legte den Kopf schräg. 

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