Undecimus/ Teil11

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                                            Undecimus


Dschaymalla träumte einen schönen Traum, von Sildur von seiner warmen Haut und vom Gefühl ein Mensch zu sein – jung und die Wahrheit noch nicht zu kennen.

Der Mond stand still und halb am lilafarbenen Himmel, die Wolken waren schütter und die Münder der Kamele bewegten sich im Schlaf, so als erzählten sie eine endlose, längst vergangene Geschichte.

Sildur hatte diesmal nicht den Esel geholt, Narben auf seinem Rücken erinnerten ihn an diesen Fehler. Und Fehler, wenn sie denn Folgen hatten, sollte man besser nur einmal machen.

Diesmal sattelte er zwei Araber, die schnellsten in Shazans Herde. Sie waren keine Kinder mehr. Morgen sollte seine Liebste mit Fadi ziehen. Das konnte er nicht zulassen.

Zunächst führten sie die Tiere, sie redeten nicht, sie sahen sich nur an und dann stiegen sie auf und verließen sich selbst und ihr Schicksal dem Wind. Das Lager lag hinter ihnen und die Wüste tat sich mit ihren Schatten und ihren Schrecken auf. Sildur hatte aber eine Karte dabei, dort gab es einen Weg zu einer Hafenstadt, die nannte man Troster. In Troster gab es Schenken, Huren, Sklavenhandel, Schiffe und Waren. Vor allem bekannt war der Ort für eine Festung mit einem Turm, der weit über die See ragte. In dem Turm brannte Tag und Nacht ein Feuer, das die Seeleute vor den Klippen warnte. Dieses Feuer war das einzige seiner Art.

Dschaymalla und Sildur hatten die Wüste in der Nacht passiert. Sie kamen in bewaldeteres, grüneres Gebiet. Dann und wann kamen sie durch einen Hain und das Wetter schlug um. Da machte das Paar eine Pause unter dem dichten Blätterdach eines uralten Baumes und Dschaymalla lehnte sich an die Rinde. In einer Ecke hatte der Baum Blüten, an einer anderen waren die Blätter trocken und unter den Blättern woben unzählige Spinnen ihre Netze.

»So wie dieser Baum ist das Leben: Es ist trocken und nass, es ist bunt und karg und das sind die Schicksalsweberinnen, die muss man bitten, dass sie die Netze wohl weben, die einen im Leben halten.

Sildur sah etwas angewidert zu den Krabblern hinauf:

»Ich bin sehr müde!« Sie legten sich unter den Baum und schliefen. Sie wussten nicht, dass der Fürst, Shazan, sich auf den Weg gemacht hatte, seine abtrünnige Tochter zu finden und er hatte beschlossen, denjenigen qualvoll zu töten, der sie ihm entrissen hatte.

Und er war nicht allein, Fadi und ein Reitertross waren bei ihm.

Nichtsahnend und in der Annahme, dass sie den Hafen unbehelligt erreichen könnten, ritten die jungen Leute weiter. Über eine Anhöhe kamen sie zu den Ausläufern von Troster und zum ersten Mal in ihrem Leben rochen die beiden das Meer.

»Lass es uns sehen, Geliebter!«

Sildur wollte ablehnen, aber wer war er Dschaymalla diesen Wunsch abzuschlagen? Obgleich er ein zittriges Gefühl im Bauch hatte, stieg er vom Pferd und ging auf die Mauer zu.

Der Horizont war hier so weit und auch wenn einige Wolken sich auf dem Wasser tummelten. Wäre er ein Vogel gewesen, so wäre er geflogen. Er gab Dschaymalla einen Kuss, der alles sagte, der zwischen heute und morgen zwischen dem Gestern und der Ewigkeit stand.

Als sie sich aus ihrer Umarmung lösten, da waren viele Männer um sie her und an ihrer Spitze stand Shazan selbst und zog den Krummsäbel. Die Männer kamen näher und waren nur noch zwanzig Meter entfernt. Als das flüchtende Paar immer mehr zu der Mauer auswich.

»Dschaymalla, wie konntest du nur? Du hast meine Ehre befleckt.«

Das Paar wich auf die Steine aus, unter ihnen tobte die See.

Der Schlaf der EwigenWhere stories live. Discover now