72.Kapitel

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Wir gehen durch die Flure des Schlosses. Es ist ungewöhnlich ruhig. Jo hat meine Hand genommen und ich bin froh, dass er sie hält. Christian geht immer weiter durch das schloss und ich muss feststellen, dass ich keine Ahnung mehr habe, wo genau ich mich im Schloss befinde. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass dieser Teil des Schlosses gar nicht auf der Karte zu sehen war, die ich bekommen habe. Wir gehen immer weiter und es wird dunkler. Bestimmt sind wir schon unter der Erde angekommen, da ich nirgends Fenster sehen kann. Nah einer weiteren Minute bleibt Christian endlich an einer Tür stehen.

"Jo, du darfst hier nicht rein", sagt er kalt.

"Ich lasse Emma nicht alleine mit dir", sagt Jo und hält meine Hand noch fester.

"Du darfst hier aber nicht rein. Bitte vertraue mir doch, ich werde ihr nichts tun", spricht Christian auf ihn ein und ich merke, wie Jo meine Hand langsam loslässt.

"Wehe du fasst sie an, Christian", sagt Jo noch und lässt meine Hand ganz los. Ich folge Christian in den Raum. Er ist klein und dunkel. Christian macht ein Licht an, nachdem er die Tür hinter uns geschlossen hat. Er geht an mir vorbei und ich folge ihm. Er macht die nächste Tür auf und ich folge. Wir betreten einen größeren Raum. Überall stehen Regale, die mit vielen Büchern befüllt sind.

"Wie heist deine Schwester nochmal?", fragt mich Christian.

"Maja Kengton", sage ich. Christian geht durch die Regale und bleibt dann an einem stehen. Er sucht und holt dann ein Buch heraus. Auf dem Buch befindet sich ein roter Strich. Was soll das denn bitteschön bedeuten?

"Was macht da ein roter Strich drauf?", frage ich ihn.

"Das heißt, dass sie nicht das leibliche Kind von euren Zieheltern ist. Aber bitte mach dir nicht so große Hoffnungen. Ich glaube nicht, dass sie unsere Schwester ist", sagt er. Vorsichtig schlägt er das Buch auf. Er sucht eine bestimmte Seite und erstarrt dann.

"Christian, was steht da drin?", frage ich ihn.

"Sie ist unsere Cousine. Nicht unsere Schwester aber unsere Cousine", sagt er leise.

"Deswegen haben wir also die gleichen Muttermale", sage ich. Christian nickt einfach nur. Ich sehe, dass er eine Träne im Gesicht hat und wische sie ihm vorsichtig weg. "Was ist los, Christian?", frage ich ihn. Er schaut mich an und ich sehe, dass immer mehr Tränen aus seinen Augen quillen. Er lässt das Buch fallen und sinkt zu Boden. Ich setze mich neben ihn und nehme ihn in den Arm. Immer heftiger weint er. "Christian, was ist los?", frage ich ihn immer wieder.

"Wir...wir", fängt er an, kommt jedoch nicht weiter, da er anfängt zu schluchzen. "wir... wir sind die einzigen", bringt er heraus.

"Welche einzigen Christian? Ich verstehe das nicht wirklich", sage ich. Er schaut mich an und ich sehe, dass er nicht mehr so stark weint.

"Unsere Eltern, und auch unsere Tante, die Mutter von Maja, sie sind alle von den Werwölfen entführt worden. Ich habe so Angst um sie, und jetzt erfahre ich auch noch, dass meine Tante doch nicht verrückt ist, sondern wirklich ein Kind bekommen hat", sagt er und schon wieder bilden sich Tränen in seinen Augen. Ich umarme ihn und er legt seinen Kopf an meine Schulter. Ich spüre, dass mein Oberteil nass von seinen Tränen wird.

"Ich habe gedacht, dass die Werwölfe den Menschen noch nichts getan haben", sage ich.

"Doch. Sie sind in dieses Dorf gelangt und habe dort einige Familien entführt. Ich habe gedacht, dass ich der einzige Nachkomme bin, doch dann habe ich erfahren, dass du meine kleine Schwester bist. Ich habe mich so gefreut, doch gleichzeitig auch so geschämt. Ich wusste von Anfang an, das etwas zwischen uns beiden ist, doch leider hab ich gedacht, dass es sich um liebe handelt. Es tut mir wirklich so leid, kleine Schwester", sagt er. Ich umarme ihn noch etwas fester.

"Unsere Eltern werden bestimmt wieder auftauchen. Sobald ich ein Vampir bin, werde ich mich mit dir auf die Suche machen, versprochen".

"Nein. Ich möchte nicht, dass du zum Vampir wirst. Geh lieber in die Menschen Welt und lebe dort ein glückliches Leben, aber werde nicht auch zum Krieger. Es ist einfach zu gefährlich und ich will nicht, dass du dich in Gefahr bringst", sagt er und steht langsam auf.

"Komm, wir sollten raus gehen, sonst reist Jo uns gleich noch die Köpfe ab", sagt er und lacht dabei sogar etwas. Wir beide stehen auf und machen uns auf den Weg zurück, nachdem wir Majas Buch wider zurückgestellt haben.

Vampirleben oder nicht? *Wird überarbeitet*Where stories live. Discover now