2. Kapitel ~Schockstarre~ ✔️

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,,Mia?"

,,Hm?", entgegne ich gedankenverloren und sehe aus dem Fenster.

,,Wir sind da."

Überrascht hebe ich eine Augenbraue. Tatsächlich, wir sind zu Hause. Meine Hand wandert zu dem Gurt, während mein Körper sich verkrampft und mein Herz in starken Schlägen gegen die Brust hämmert. Ich kann da nicht rein. Wie soll ich meiner Mutter und ganz besonders Adam in die Augen sehen?

Adam.

,,Weiß er es?"
Ich lasse meine Hand sinken. Es mag sich komisch anhören, aber ich bin noch nicht bereit dazu, aus diesem Auto auszusteigen. Raus zu gehen und der Realität ins Auge zu blicken.

,,Ja", antwortet Dad mir, ohne zu fragen, wen ich überhaupt damit meine. Nur das wollte ich wissen. Mit zittrigen Fingern löse ich den Gurt und steige aus. Die warmen Sonnenstrahlen prickeln auf meiner Haut. Sie beruhigen mich ein wenig.

Ich nehme einen tiefen Atemzug und bekomme dafür in der nächsten Sekunde die Quittung. ,,Ahh", stöhne ich leise. Meine Hand wandert augenblicklich an die schmerzenden Rippen. Das tat weh.

,,Vielleicht wäre es besser, wenn du dich etwas hinlegst. Chleo hat angerufen und gefragt, ob es bei eurem Treffen heute bleibt. Ich habe ihr grob erzählt, wie es dir geht, aber sie hat darauf bestanden, trotzdem noch vorbei zu kommen."

Ein Grinsen stiehlt sich auf meine Lippen. Chleo ist ein sehr hartnäckiger Mensch, das weiß absolut jeder. Sie macht meistens den ersten Schritt und ja, sie hat sogar ihren absoluten Traumtypen gefragt, ob er mit ihr auf den Abschlussball gehen möchte.

Zum Glück konnte ich die Aufgabe ganz auf David abwälzen. Wir waren schon ein Paar und für mich war es selbstverständlich, dass wir zusammen gehen, aber er musste natürlich mit einem Strauß blauer Tulpen vor meiner Tür stehen und mich fragen. Bei den Blumen hatte er mich bereits. Ich liebe Tulpen und besonders die blauen.

,,Ich freue mich", entgegne ich knapp und schaffe es irgendwie ungesehen die Treppen hinauf in mein Zimmer zu kommen. Zwar mit einigen Pausen, aber ich gelange unversehrt oben an.

Hinter mir schließe ich die Tür und schmeiße mich auf mein Bett. Warum nochmal habe ich zugestimmt, dass Chleo heute kommen kann? Sie weiß vermutlich nicht einmal, dass ich einen Hirntumor habe. Wie soll ich ihr das bloß beibringen?

Durch ein leises Klopfen schrecke ist aus meinen Gedanken auf. ,,Herein", rufe ich laut, nachdem ich mich wieder gefangen habe. Die braunen Teddybär Augen meiner besten Freundin sehen mich besorgt an. Jetzt konnte ich mir noch nicht einmal eine vernünftige Erklärung einfallen lassen. Geschweige denn, wie ich dieses Gespräch anfangen soll.

,,Hey. Kann ich reinkommen?", fragt sie vorsichtig und tritt bereits in den Raum ein. Ich lächele schwach. Mit einem Seufzen lässt sie sich neben mich plumpsen und betrachtet mein Gesicht.

,,Du siehst echt scheiße aus."

,,Erzähl mir mal was Neues." Als ich heute früh in den Spiegel geschaut habe, hatte ich einen kleinen Schock bekommen. Einige Blutergüsse, ein geschwollenes blaues Auge und eine große Kopfwunde, die zum Glück verbunden ist, lachten mir entgegen.

,,Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht..", eine Träne rinnt ihr den Hals herunter, als sie mich vorsichtig in den Arm nimmt. ,,Mach das nicht nochmal! Du bist doch meine beste Freundin. Was soll ich ohne dich machen?".

Mein Atem stockt für einen Moment. Verdammt, ich werde in ein paar Monaten sterben und weiß nicht, wie ich es Chleo beibringen soll. Wie sagt man so etwas?

Hey, ach übrigens, ich habe einen bösartigen Hirntumor und sterbe bald. So vielleicht?

,,Chleo ich bin doch hier. Und du würdest ohne mich auskommen. Du schaffst alles, dann das auch."

,,So ein Qutasch, hör auf so etwas zu sagen. Ich muss es ja zum Glück nicht. Und jetzt will ich nichts mehr über dieses Thema hören, verstanden?."

Sie sieht mich eindringlich an. Immer wenn sie das tut, kann ich ihr nicht länger etwas vor machen. Ich wäre eine schlechte Person, wenn ich das täte. Irgendwann würde sie es sowieso herausfinden und vermutlich stinksauer auf mich sein. Umso schwerer fallen mir die nächsten Worte, die ich leider nie wieder zurücknehmen kann:

,,Doch Chleo... Leider musst du das bald."

Soulpath - forever yours [LAUFEND]Where stories live. Discover now