Er stellte den Spiegel neben sich ins Regal, dann murmelte er einige Zauber und schob ein paar Kisten und andere Bücher hin und her, während Mary versuchte, bestmöglich zu beschreiben, wie Regulus' aussah. 

"Stell dir eine Seifenblase vor", sagte sie, "aber nicht rund, sondern eher so geformt wie ein Luftschiff, sodass es genau um ihn herum passt. Fast durchsichtig, aber nicht ganz, sondern leicht blau und irgendwie schillernd. Ich glaube, deshalb bin ich auf Seifenblase gekommen." 

Remus machte einige Male "hmm" und "aha", während sie jedes Detail aufzählte, was sie sehen konnte. Dann wurden Kinderstimmen laut und Harry und Luke kamen mit den Büchern zurück. 

"Ok", hörte sie Remus sagen, "passt auf, ich zeige euch jetzt einen coolen Zauber, wie man ein Buch nach bestimmten Stichworten absuchen kann. Eure Aufgabe ist, euch zu überlegen, nach welchen Worten wir suchen, um das zu finden, was Mum meint, schafft ihr das?" 

"Absolut!", sagte Luke begeistert. Mary beschrieb noch einmal für die Kinder, was sie sah. 

"Probier Blase", schlug Harry vor. "Oder Kapsel!"

"Was ist mit Stasis?", ergänzte Luke, der in letzter Zeit vermutlich ein bisschen zu viel Raumschiff Enterprise - Das nächste Jahrhundert geschaut hatte. "Oder Kryokammer?"

So ging es eine Weile hin und her. 

"Wir müssen ihn ja erstmal nur da raus bekommen", überlegte Remus nach einer Weile erfolglosen Suchens. 

"Darf ich mal schauen?", konnte Mary Harrys Stimme hören. Dann das Geräusch eines Buches, das über den Teppich geschoben wurde. 

"Wenn wir ihn einmal bei uns haben, können wir in Ruhe schauen, wie wir ihn aufwecken", sagte Sirius. Mary sah ihn überrascht an. Er hatte für die letzten Minuten gar nichts gesagt. 

"Ich fürchte, das werden wir auch müssen", gestand Remus. "Hier steht ein bisschen was über Zauber, mit denen Elfen ihre Herren vor dem Tod retten können, aber nirgendwo sind Angaben darüber, was passiert, wenn sie dabei eingefroren werden oder wie Zauberer mit ihrer eigenen Magie eingreifen, ohne das Leben der Elfen und Herren zu riskieren." 

"Aber hier steht was zu einer Rettungsmembran", erklärte Harry aus dem Hintergrund. Remus sah zur Seite und ihn überrascht an. "Das könnte es sein, oder?"

"Sehr gut, Harry", lobte Remus. 

"Ich hab einfach mal das Stichwortverzeichnis durchgeschaut", erklärte der Junge, nicht ohne einen gewissen Stolz. "Hermine hat uns das letztens vorgeschlagen, als wir was für Zaubertränke gesucht haben."

"Erinnere mich dran, Hermine einen Schokoriegel zu schenken, wenn ich sie das nächste Mal sehe", sagte Remus. Dann wandte er sich wieder dem Spiegel zu. "Hört euch das an: Die Rettungsmembran ist eine Verzweiflungstat eines Elfen und schließt einen Menschen quasi in der Zeit ein. Die Person innerhalb der Membran wird fest mit einem Zeitpunkt und Ort verankert, bis der Zauber gelöst wird. Wie genau die Loslösung vonstatten geht, ist nicht bekannt, da bisher zu wenige Fälle untersucht werden konnten. Es gelang allerdings einmal, die Membran von ihrem festgelegten Ort zu trennen und sie an einen anderen Ort zu binden - Mary, Sirius, hier stehen tatsächlich Zaubersprüche dafür! Ich glaub's ja nicht!"

Mary grinste. 

"Schön, dass deine Verteidigung-gegen-die-dunklen-Künste-Lehrbücher tatsächlich lehren, wie Dinge funktionieren", spottete sie, konnte aber nicht umhin, sich ebenfalls zu freuen, dass sie tatsächlich eine Lösung gefunden hatten. 

Der zweite Teil der Aufgabe klang allerdings nahezu unmöglich - wie sollte man jemanden, der in der Zeit eingefroren war, daraus lösen?

Sie hatte irgendwann mal in einem Akt der morbiden Neugier recherchiert, was die schlimmsten Unfälle waren, die mit Zeitreisen bisher passiert waren. Zusätzliche Zeit, also die Vergangenheit zweimal zu durchleben, war wohl recht unproblematisch. Sie hatte allerdings von einem Zauberer gelesen, der bei einem Experiment so ungünstig hin und her gesprungen war, dass sein Körper am Ende drei Jahre jünger gewesen war, als er zu der Zeit, in der er sein sollte, gemusst hätte. Innerhalb von einer Sekunde war der gesamte Alterungsprozess dieser drei Jahre eingetreten, um den Fehler zu "korrigieren" und es hatte nahezu alle seine Zellen zerstört und er war einen schmerzhaften, wenn auch sehr schnellen, Tod gestorben. 

Mary grauste es bei dem Gedanken, was passieren würde, sollte Regulus die vierzehn Jahre, die seit dem Moment, in dem er sich immer noch befand, vergangen waren, auf einen Schlag nachaltern. 

Aber gut, das war ein anderes Problem. Jetzt hatte Sirius ihr den Spiegel wieder aus der Hand genommen und schien mit Remus zu überlegen, wie man am besten die Verlegung von Regulus in seiner Membran von hier zurück in den Ligusterweg anstellen sollte ("Wir können ihn erstmal in Jerrys Zimmer einquartieren, das ist ja ohnehin leer und wenn er doch mal spontan zu Besuch kommt, kann er immer noch auf dem Sofa schlafen.")

Mary schaute sich um und entdeckte Kreacher, der das Ganze immer noch beobachtete. 

"Danke, Kreacher", sagte sie leise. Er sah sie feindselig von unten herauf an. Sie verschränkte die Arme. "Wenn du mich jetzt Schlammblut nennst, nehme ich es zurück." 

Er schwieg, richtete seine misstrauischen Augen wieder auf Sirius, der jetzt seinen Zauberstab gehoben hatte, und auf Regulus, immer noch an Ort und Stelle. 

"Du bist ein guter Hauself, dass du ihn all die Jahre hier festgehalten hast", sagte Mary aus einem Impuls heraus. Merlin wusste, sie mochte Kreacher nicht besonders. Aber so wie Sirius ihn behandelte, hatte sie ein schlechtes Gewissen. Der Elf tat schließlich auch nur seinen Job und Mary war sich ziemlich sicher, dass er nicht persönlich dafür verantwortlich war, wie Sirius' Kindheit ausgesehen hatte. Was konnte es also schaden, ein bisschen nett zu sein? 

"Master Regulus war immer gut zu uns Hauselfen", sagte Kreacher, nicht ohne einen gewissen Stolz in der Stimme. "Kreacher würde niemals einen Befehl von Master Regulus missachten." 

"Ich bin sicher, Regulus wird nicht böse sein, dass du uns verraten hast, wo er ist", beruhigte Mary ihn. "Wir wollen das gleiche, wie er. Den Horkrux zerstören. Du-weißt-schon-wen endgültig besiegen."

Kreacher musterte sie für einen Moment mit einem undefinierbaren Blick. Dann nickte er zackig. Mary zählte das als Erfolg. 

"Wir haben es geschafft!", rief Sirius dann begeistert. Mary trat wieder neben ihn. Die blaue Kapsel mit Regulus darin war verschwunden, das Wasser war wieder zusammengeströmt. 

"Er ist gut angekommen!", bestätigte Remus aus dem Spiegel heraus. "Kommt nach Hause!" 

Mary lächelte Sirius an, der erleichtert grinste. Dann drehte sie sich zu Kreacher um. 

"Bringst du uns wieder hier raus?", fragte sie. "Ich bin sicher, du möchtest dich selbst vergewissern, dass Regulus ok ist." 

Kreacher nickte, überraschend vehement. Sirius' Gesicht fiel sofort in sich zusammen, aber Mary schenkte ihm einen warnenden Blick. 

"Auf zum Ligusterweg", schlug sie vor, bevor einer der beiden etwas sagen konnte, was er definitiv nicht bereuen würde. Sie streckte ihren Arm aus, Kreacher und (widerwillig) Sirius taten das gleiche. 

Dann wurden sie wieder von der Dunkelheit verschluckt. 





Der Part mit dem schlagartigen Altern hat btw keinerlei wissenschaftliche Grundlage, sondern ist nur Unsinn, den ich mir überlegt habe, um unseren armen Charakteren die Sache ein bisschen schwerer zu machen. Falls ihr also mal in Verlegenheit kommt, in die Zukunft zu reisen (was einfacher geht, als man denkt, einfach in dem man mit annähernd Lichtgeschwindigkeit ein Stück weit weg fliegt und dann umdreht), braucht ihr davor also keine Angst zu haben. (Fragt mich gerne, wie Zeitreisen wissenschaftlich funktionieren können, aber nur, wenn ihr bereit seid, euch eine Very Excited Rant anzuhören, sonst...lieber nicht xD)

Schöne Woche euch allen, viel Erfolg bei Klassenarbeiten, Klausuren, Prüfungen, wenn ihr welche habt und wenn ihr zu den Glücklichen gehört, die gerade Winterferien haben, dann seid versichert, dass ich neidisch bin.

Kleine Vorwarnung: ich habe nur noch ein Kapitel vorgeschrieben, allerdings am nächsten Montag und Dienstag zwei Klausuren, für die ich noch ordentlich arbeiten muss. Ich habe also keine genaue Vorstellung, wann ich bis dahin Zeit frei schaufele, noch ein Kapitel zu schreiben. Ich versuche es, und für Donnerstag hab ich auch noch eins, aber eventuell muss ich euch dann Donnerstag in eine einwöchige Pause schicken, bis diese beiden Prüfungen durch sind und mein Leben wieder etwas entspannter wird.

Der Buchladen im LigusterwegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt