Die Neue

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Hecktisch stecke ich alle wichtigen Utensilien in meine Handtasche, bevor ich nochmal ins Bad auf Toilette flitze. Meine erneut volle Blase ist der Nervosität geschuldet. Beim Händewaschen werfe ich einen kurzen Blick in den Spiegel, um mein Aussehen zu kontrollieren, bevor ich meine Wohnung Richtung Arbeitsstelle verlasse. Mir blickt eine nervöse 26-jährige Frau mit leicht geröteten Wangen, blau-grünen Augen und geglätteten mittellangen dunkelblonden Haaren entgegen – ich. Ein letzter Blick auf die Uhr folgt und ich verlasse meine kleine zwei-Zimmer-Wohnung, in der sich noch zahlreiche Kartons türmen. Ich bin vor ein paar Tagen von München nach Köln gezogen und hatte noch keine Zeit beziehungsweise Lust, alle Kartons auszupacken. Die letzten Tage waren sehr anstrengend, nicht zuletzt, weil ich mich von meinen alten Kollegen verabschieden musste. Doch ich musste es tun, ein Ereignis ließ mir keine andere Wahl. Nun versuche ich in Köln einen Neustart meines Lebens hinzukommen, ich hoffe inständig, dass es mir gelingt.

Ich brauche keine viertel Stunde, da stehe ich vor dem Gebäude meiner neuen Dienststelle: die Feuer- und Rettungsstelle 3 in Köln-Lindenthal. In dem älteren, aber gut erhaltenen Gebäude befindet sich neben der Berufsfeuerwehr auch der ASB Köln, mein neuer Arbeitgeber. Da ich noch keine Schlüssel besitze, klingele ich und werde nach einer kurzen Auskunft zu meinem Erscheinungsgrund von einem jungen Feuerwehrmann ins Gebäude bis zu einem Büro begleitet. Das Etikett verrät mir, dass es Björn Eckhoff, einem Feuermann des A-Dienstes gehört. Dem A-Dienst, zu dem auch der Leiter der Berufsfeuerwehr gehört, obliegt die Einsatzleitung. Nachdem der Feuerwehrmann mich angekündigt hat, bittet er mich in den Raum und verschwindet sofort wieder. Mir gegenüber sitzt ein ungefähr 40-jähriger Mann, er macht einen sehr sympathischen Eindruck auf mich. Neben ihm steht ein weiterer älterer Mann, der mir ebenfalls freundlich zulächelt. Beide reichen mir die Hand und bitten mich, Platz zu nehmen. Meine weichen Knie bedanken sich. Ich hasse solche Situationen, aber da muss ich jetzt durch. Der ältere Mann, der sich als Jürgen Aust, Mitglied des Vorstands des ASB, vorstellt, überreicht mir die Schlüssel und heißt mich gemeinsam mit Herrn Eckhoff herzlich Willkommen. Letzterer ruft den diensthabenden Notarzt ebenfalls ins Büro. Noch eine weitere Person, und es wird voll hier. Sein Schreibtisch nimmt gefühlt die Hälfte des Raumes ein.

Nach einem kräftigen Klopfen betritt ein weiterer Mann das Büro. Er trägt ein blaues T-Shirt mit der Aufschrift Notarzt, das seinen Bauchansatz nicht verbirgt. Sein selbstsicheres Auftreten unterstreicht er mit der lockeren Begrüßung: „Morgen zusammen. Du bist dann wohl die Neue, oder?", wendet er sich direkt an mich.

Überrascht nicke ich, bevor ich aufstehe, um seine Hand zu schütteln. Erst nach einem kurzen Räuspern meinerseits gebe ich mich als Elisabeth Huber zu erkennen. Sein kurzer fester Händedruck und sein aufmunterndes Lächeln mit seinen blauen Augen nimmt mir ein klein wenig der Nervosität.

„Oliver Dreier, Notarzt", stellt er sich vor.

Herr Eckhoff bittet ihn, mir meinen Spind, meinen heutigen Einsatzbereich und anschließend die Wache zu zeigen, sofern kein Einsatz uns stören würde. Während wir beide das Büro nach entsprechendem Abschied von den beiden anderen Herrn verlassen, mustere ich meinen neuen Kollegen unauffällig. Er ist definitiv der Älteste, den ich bisher gesehen habe, ich vermute, dass er etwa 50 Jahre alt ist. Seine braunen Haare sind kurzgehalten, trotzdem lässt sich erkennen, dass sie sich locken, besonders auf der Schädeldecke, die nicht mehr ganz so dicht erscheint. Er ist etwas größer als ich, aber gar nicht so viel. Ich bin 1,63cm, ich tippe bei ihm auf maximal 10 Zentimeter mehr.

Er führt mich um ein paar Ecken, sodass ich definitiv die Orientierung verloren habe, und öffnet schließlich eine Tür. „Hier befinden sich unsere Spinde beziehungsweise die der Frauen. Dein Spind trägt bereits dein Namensschild. Ich würde vorschlagen, du ziehst dich schonmal kurz um, denn in wenigen Minuten beginnt deine erste Schicht hier. Ich warte so lange und zeige dir dann den Rest."

112 - Das TeamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt