75 - Umgeschmissene Pläne

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Das Wochenende verging total schnell und schwupps, war mein Vater schon wieder unterwegs nach New York. Wir hatten uns an seinen Wunsch gehalten, Herr der Ringe komplett durchgeschaut und nun sechseckige Augen.

Ich war ganz stolz auf mich, dass ich meine Verwirrung über diesen Freitagabend und den ganzen Ereignissen verstecken konnte. Er hätte mich sonst ausgequetscht  bis auf die letzte Mini-Information und über jede Info wollte ich dann doch nicht reden.

Zum Beispiel behielt ich es mit glühenden Wangen für mich, dass ich Easton Freitagabend tatsächlich geschrieben hatte, dass ich nun Zuhause war. Es dauerte nicht lange, da kam auch schon gleich eine Antwort von ihm. Unter anderem, ob ich denn nächste Woche Zeit hätte und wir uns allein treffen wollen.

Alleine schon bei dem Gedanken flatterte mein Herz wie ein wilder Vogel in einem kleinen Käfig los.

Mich mit ihm alleine treffen.

Bei der ganzen Anspannung...

Und in dem Zwiespalt, dass ich etwas über seinen besten Freund wusste, was er vielleicht nicht wusste. Oder vielleicht hatte es ihm Charon mittlerweile gesagt. Wer wusste das schon?

Darauf ansprechen konnte ich ihn jedoch nicht. Und ich war letztendlich zu dem Schluss gekommen, dass ich das mit Charon erstmal abwarten würde, bis wir uns das nächste Mal über den Weg liefen. Dann würde sich ja herausstellen, wie die Stimmung ist und ich könnte dann immer noch entscheiden, ob ich die Sache mit dem Kuss anspreche oder nicht.

Es war nach wie vor auch nicht klar, ob er mich überhaupt zweimal geküsst hatte. Denn wenn ich so richtig darüber nachdenke... ach, ich kam einfach zu keinem Schluss. Man küsste schließlich auch nicht immer gleich. Das war je nach dem verschieden.

Und wenn es das zweite Mal doch Easton war?

Aber irgendwie... musste man denn alles zerreden? Wer weiß, am Ende ist er es doch nicht gewesen und das Nächste kam an die Oberfläche, was ich vielleicht auch nicht gern gewusst hätte.

Nein, dann nahm ich es lieber so, wie es jetzt war und blieb unwissend.

Den Schweiß von der Stirn wischend zog ich mein Handy hervor und warf einen Blick auf die Uhr. Noch zwei Stunden und dann würde ich ihn wiedersehen. Meine Mundwinkel bogen sich voller Vorfreude nach oben.

"Iva!"

Ich ließ die Heugabel sinken und drehte mich fragend zu Hamish um.

Mit einem etwas zerknirschten Gesichtsausdruck kam der große braungebrannte Kerl auf mich zu und fuhr sich mit einer Hand über seine kurzrasierten Haare auf dem Kopf. Seine helle Jeans war mit Dreck beschmiert, sein graues Tanktop ziemlich zerknittert und schon etwas verrutscht, sodass man einen kleinen Blick auf seine definierte Brustmuskulatur erhaschen konnte.

Himmel, wenn er weiter so über dem Hof lief, spannte er noch die Frau von Mr Silver aus.

"Ja Hamish?"

Mein Kollege ließ sich auf eine Kiste fallen, die neben dem Heuberg stand. "Wir haben ein Problem."

Ich runzelte die Stirn und stellte die Heugabel ab, bevor ich mich neben ihm auf die Kiste fallen ließ. "Und das Problem wäre?"

"Naja", druckste er herum und drehte dabei nun einen Heuhalm zwischen den Fingern. "Du hast doch in einer halben Stunde Schluss oder?"

Ich ahnte Übles.

Oh nein, bitte nicht.

"Jaa", antwortete ich gedehnt. "Warum?"

Er seufzte, eher er seinen Kopf zu mir wandte. "Piet hat sich krank gemeldet. Er hätte ja nach dir jetzt übernommen. Jedenfalls wäre das alles nicht so schlimm, wenn da nicht noch die zwei Pferde von Mr Silver am Broken River stehen würde. Die müssten heute noch abgeholt werden, weil der Hufschmied morgen früh auf die Ranch kommt und niemand außer Hamish hätte Zeit gehabt, die heute noch zu holen. Meinst du, du kannst die verladen und herbringen? Der Jeep geht auch mittlerweile wieder, also müsstest du nicht mit dem Trecker fahren wie letztes Mal." Er lachte verlegen, wahrscheinlich, weil er sich bewusst ist, dass er mir damit den Freitagabend etwas... umstruktierte.

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