Kapitel 2 /Draco

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Als ich aufwachte, lag ich noch an derselben Stelle. Greyback stand über mir, den Stiefel auf meinem Rücken.

‚Deine Süße ist ein hübsches Spielzeug.', sagte er mit einem unverschämten Grinsen.

Mein Herz machte einen Sprung. Sie war am Leben!

Dann kam mir in den Sinn, dass sie das sein musste, denn sonst wäre ich ja auch tot gewesen.

‚Hattest schon deinen Spaß mit ihr, hm?', sagte er.

Sein Grinsen wurde immer breiter. Ich drehte meinen Kopf und sah ihm direkt in die Augen. Er zeigte keine Regung.

‚Nimm deinen schmutzigen Stiefel von mir, Greyback.', flüsterte ich gefährlich leise. Immer noch grinsend hob er seinen Fuß an und stellte ihn betont langsam neben mir ab. Ich rappelte mich auf, und ließ aber meine Augen nicht von ihm.

Kaum war ich auf den Beinen, packte er mich und zog mich vor die anderen Todesser. Ich wehrte mich in seinem Griff, doch gab es schnell auf. In meiner Situation war es besser gewesen, nicht gleich all meine Kraft zu verschwenden und lieber das zu tun, was Voldemort von mir wollte. Vielleicht konnte ich ihn so täuschen.

Ich war mir bewusst, dass ich mich selbst dafür aufgeben musste. Ich hatte für einen Moment daran gedacht, einfach meine Werte aufzugeben, doch dann kam mir Moon wieder in den Sinn und ich riss mich zusammen. Es war nicht die Zeit zum Aufgeben gewesen.

‚Seht ihn euch an. Der Bengel, der besser kämpfen kann als fast alle von euch.', rief Greyback in die Runde. Der Raum verstummte, nur wenige der Männer lachten bei seinen Worten leise auf. Ich verengte meine Augen zu Schlitzen. Was wollte er uns damit sagen?

‚Draco Malfoy.', hörte ich plötzlich eine Stimme von hinter mir säuseln. Voldemort. Mit einem Ruck drehte ich mich um. Da stand er, seine Arme ausgebreitet. ‚Fangen wir noch einmal von vorne an? Deine Zeit in der Zelle hatte dir anscheinend dein Gehirn vernebelt.'

Ich überlegte angestrengt. Wie lange war ich eingesperrt gewesen?

‚Ich bin bereit, dir eine letzte Chance zu geben, wenn du endlich vernünftig wirst.', sprach er weiter und kam auf mich zu. ‚Bist du dazu auch bereit? Oder willst du dort unten verrotten und auf den Tod warten?'

Ich holte tief Luft, meine Atmung ging flach und angestrengt. ‚Wirst du mir jetzt endlich sagen, wo sie ist, oder werde ich das erst erfahren, wenn ich meinen Auftrag erfüllt habe?', fragte ich ihn. Meine Worte fanden ihren weg durch meine zusammengebissenen Zähne, als ich sie aussprach. In mir war so viel Wut, dass ich ihm am Liebsten an die Kehle gegangen wäre.

‚Je nachdem, wir werden sehen.', antwortete er mir und machte eine Handbewegung nach links. Ich drehte kaum merklich den Kopf, um ihn nicht aus meinem Blickfeld zu lassen und trotzdem zu sehen, was dort vor sich ging.

‚Zuerst brauchst du anständige Kleidung, du siehst nicht gerade ehrbar aus.', sagte er dann. ‚Und eine Dusche, er stinkt unglaublich!', fügte einer der Männer am Tisch hinzu, den ich nicht kannte. Von links kam Macnair auf mich zu, ein Bündel schwarzer Kleidung auf den Armen tragend. Er drückte mir die Sachen wortlos in die Hand.

Ich spürte das Gefühl von kaltem Metall an meinem Unterarm. Als ich den Umhang, der ganz oben lag, hochhob, starrte mich eine der Masken an, die jedes ‚wichtige' Mitglied unserer Reihen besaß.

Ich war wichtig?

Ich starrte auf die leeren, dunklen Augen der Maske und die Schlitze, die dem Träger das Atmen erleichtern sollte. In mir sträubte sich alles gegen den Anblick dieser Sachen, und trotzdem wollte ein Teil von mir genau diese Person sein. Das Monster, gegen das ich seit Monaten kämpfte, wollte frei gelassen werden.

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Als ich zurück in die Halle trat, war ich kein Gefangener mehr. Ich war ein Todesser. Meine Uniform schimmerte, als das schwarze Leder mit dem Licht der Kerzen und Fackeln in Berührung kam. Ich machte einen Schritt in Richtung des Tisches und hielt inne.

So stand ich da.

Ich war gewaschen und frisch angekleidet. Sogar schwarze Lederstiefel und ein neuer Anzug waren bei den Sachen gewesen, die mir von Macnair in die Hand gedrückt wurden.

Die Uniform bestand unter Weiterem aus einer Art Umhang, der aus schwarzem Stoff war und an den Armen und der Brust mit Leder verziert war. Auf Höhe meines Brustkorbes waren zwei einfache Schnallen angebracht, die den Umhang fixierten und über einen silbernen Reißverschluss geschlossen wurden, der von meiner Hüfte bis zu meinem Kragen ging.. Der Kragen bestand ebenfalls aus Leder, und hielt eine schwarze Stoffkapuze an Ort und Stelle. Unten war der Umhang offen und bewegte sich bei jedem Schritt fließend mit mir mit.

Die Kapuze hatte ich mir tief über meine Maske ins Gesicht gezogen. Mein Rücken versteifte sich. Ich erblickte Voldemort und ging einige Schritte auf ihn zu.

‚Endlich hast du deinen Platz in meinen Reihen eingenommen, Draco Malfoy.', sagte er laut. Er erhob sich und kam mir entgegen. Als er vor mir stand, machte er eine Bewegung mit der rechten Hand über seine linke Handfläche und mein Zauberstab erschien. ‚Nutze ihn diesmal weise, Draco. Ich gebe dir keine weitere Chance.', hauchte er mir zu, bevor er mir tatsächlich den Rücken zudrehte und zurück an den Tisch ging.

‚Ich benötige einen Portschlüssel zu Malfoy Manor.' Meine Stimme klag durch die Maske anders und war so gefährlich tief, dass ich mich selbst vor mir erschreckte.

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Mein Umhang wehte im Takt meines Schrittes, als ich durch die Eingangshalle meines Zuhauses schritt, das sich doch nicht mehr danach anfühlte.

Mit einem Wisch meines Zauberstabs flog die schwere Tür auf, die zu unserem Esszimmer führte. Ich blieb für einen Moment im Türrahmen stehen, bevor ich eintrat. Das Geräusch meiner Schuhe hallte im Raum wieder, als ich auf meinen Vater zuging, der tatsächlich den Nerv hatte, in seinem Sessel zu sitzen und zu lesen.

Als er meine Schritte hörte, sah er von seinem Buch auf.

Er schien kurz zu zögern, verwirrt von dem Anblick, der sich ihm bot, der unbekannten Maske, hinter der sich mein Gesicht versteckte. Ein leises Lächeln umspielte meine Lippen.

‚Jetzt bin ich das Monster, zu dem du mich gemacht hast.', erhob ich meine Stimme gegen ihn.

Sein verwirrter Gesichtsausdruck wich einer Miene aus Panik und Unglauben. Ich hatte keine Lust mehr, mich mit ihm abzugeben.

Sein Blick lag noch immer auf mir, als ich mich umgedreht hatte und den Raum verließ. Einzig und allein meine Präsenz strahlte bis zu ihm zurück, der sich wortlos hatte wieder in die Kissen fallen lassen.

Selenophile. [Draco Malfoy] GERMANWhere stories live. Discover now