Draco /Prolog

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Irgendwann musste ich dann doch eingeschlafen sein, denn ein leises Klopfen an der Tür weckte mich aus meinen unruhigen Träumen. Ich hatte die ganze Nacht im Stuhl sitzend neben ihr geschlafen, mit dem Kopf auf dem Bett.

Es klopfte wieder. Der Traum, den ich verzweifelt versucht hatte, festzuhalten, verschwand irgendwo im Nebel meiner Gedanken. Langsam öffnete ich die Augen. ‚Ja?', sagte ich leise und noch etwas benommen. Ich traute mich nicht, lauter zu sprechen, aus Angst, dass ich sie im Schlaf stören könnte. Dass das dumm war, wusste ich selbst, aber ich konnte einfach nicht anders.

Die Tür öffnete sich mit einem leisen Quietschen und Mattheo streckte den Kopf herein. Es ging ihm gut, wenn er auch sehr müde aussah. Ich wusste im ersten Moment nicht, wie ich reagieren sollte, doch irgendetwas in mir sagte mir, dass ich jetzt einen Freund brauchte und die Ereignisse der letzten Nacht zwischen ihm und mir auch später klären könnte.

Wie geht es ihr?', fragte er, während er langsam und zögernd einen Schritt näher kam, seinen Körper angespannt und bereit zur Flucht. ‚Deine Mutter hat es mir erzählt. Sie sieht ziemlich fertig aus.' Er kam vorsichtig noch einen Schritt näher. ‚Du solltest etwas essen.'

Ich schnaubte, denn an Essen zu denken, fand ich in diesem Moment amüsant. Mattheo steckte seine Hände in die Hosentaschen. ‚Ich kann nichts essen.', antwortete ich ihm. Es schien ihn nicht zu überraschen, denn er zuckte mit den Schultern. Dann sah er Moon genauer an. ‚Es tut mir leid, dass das alles so gelaufen ist.' Seine Stimme klang mit einem Mal traurig. Er schien es ernst zu meinen.

Meinst du, sie wird dieselbe sein?', fragte ich Mattheo nach einer Weile des Schweigens. Er fasste sich Mut und ging zur anderen Bettseite, um sich auf die Kante zu setzen. ‚Ich weiß es nicht. Vielleicht.', flüsterte er.

Wir saßen eine Weile nur da und sahen ihr beim Schlafen zu. Dann riss ich meinen Blick von ihr los und sah Mattheo an. ‚Snape war der Einzige, der uns geholfen hat.', erzählte ich ihm vom gestrigen Abend. Mattheo sah überrascht auf und begegnete meinem Blick. ‚Snape?'

Die Frage hing in der Luft, eher gemeint als Aussage, und verbleichte mit der Zeit zu Nichts. Ich rieb mir mit den Händen die Augen und fuhr mir durch die Haare.

An dir ist überall Blut.', stellte Mattheo fest, während er langsam aufstand. ‚Willst du dich vielleicht waschen? Ich passe auf sie auf. Ich werde sie nicht aus den Augen lassen.'

Für einen Moment wallte wieder Misstrauen in mir auf, welches ich jedoch gleich wieder aus meinen Gedanken verbannte. Mattheo war Mattheo, er war nicht plötzlich jemand Anderes. Er hatte mir nur nicht alles über sich erzählt. Um ehrlich zu sein, an seiner Stelle hätte ich das auch nicht getan. Er hatte nur Angst gehabt. Trotzdem hatte mich sein Verhalten verletzt.

Ich werde mich beeilen.', sagte ich leise und stand langsam auf. Ihre Hand glitt aus meiner und fiel auf die Decke, als ich sie losließ. Es war unglaublich schmerzhaft für mich, mich in dieser Situation auch nur einen Schritt von ihr zu entfernen. Doch ich erkannte, dass ich die paar Minuten für mich selbst brauchen würde und riss mich zusammen, und wandte mich seufzend von ihrem schlafenden Körper ab, um mich auf den Weg zum Bad zu machen.

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Als das warme Wasser über meinen Körper rann, fühlte ich mich endlich allein genug, um weinen zu können. Und ich weinte. Ich weinte minutenlang, so heftig, dass ich am Ende keine Luft mehr bekam und mich auf den Boden der Dusche sinken ließ. So saß ich dort, dankbar, dass die Dusche meine Geräusche dämpfte. Ich schlang meine Hände um meine Knie und vergrub meinen Kopf zwischen meinen Beinen.

Dann, mit einem Mal, begannen die Erinnerungen an den Abend zuvor, mich zu überrollen. Ich riss den Kopf hoch und die Augen weit auf, in der Hoffnung, die Gedanken würden verschwinden. Sie taten es nicht. Überrollt von all den Emotionen stolperte ich aus der Dusche und rutschte fast auf dem glatten Boden aus.

Meine Selbstzweifel machten mich regelrecht wahnsinnig. Ich hatte sie nicht beschützen können. Ich hatte mein Versprechen gebrochen. Ich konnte mir selbst nicht mehr verzeihen. Wie sollte ich das jemals wieder gut machen? Würde sie mich noch lieben, wenn sie aufwachen würde? Würde sie wieder aufwachen?

Das Wasser tropfte mir von den Haaren ins Gesicht und über mein Kinn auf den Boden. Das Bild, wie sie dort stand, das Blut von ihrem Kinn auf den Boden tropfend, verließ nicht meine Gedanken, egal wie sehr ich den Kopf schüttelte. Der Schmerz des gestrigen Abends fühlte sich so echt an, dass ich ihn in meinen Knochen fühlen konnte. Meine Beine gaben unter mir nach und ich stürzte auf den Boden, unfähig, die Kraft zu finden, das Erlebte zu verarbeiten.

Nach einer Weile schlang ich ein Handtuch um meine Schultern. Zitternd und nass stand ich da und starrte an die Wand. Ich fühlte mich taub. Meine Seele schrie vor Schmerz.

Dann drehte ich mich um und lief durch das kalte Manor zurück zu meinem Zimmer.

Mattheo hatte sein Versprechen gehalten. Wortlos stand er auf, als er mich sah, und verließ den Raum.

Ich sah ihn erst am Mittag wieder, als er mir einen Stärkungstrank und eine Flasche Wasser brachte. Er hielt mir die Sachen hin und ich schob das Wasser von mir weg. Den Trank nahm ich an. Mehr brauchte ich im Moment nicht.

Mattheo stellte die Wasserflasche auf den Boden. ‚Du musst etwas essen und trinken.', sagte er aufmunternd. Ich konnte nicht. Ich schüttelte nur meinen Kopf. Mit einem Seufzen gab er es auf und verließ er den Raum.

Mein Blick ruhte auf Moon, ihre Hand lag in meiner. Stundenlang.

Selenophile. [Draco Malfoy] GERMANWhere stories live. Discover now