Draco /Prolog

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Alle paar Minuten klappten mir die Lider zu. Ich hatte nicht eine einzige Minute geschlafen. Ich saß einfach nur da und hielt mit letzter Kraft meine Augen offen.

Sie lag, nachdem ich sie nach oben gebracht hatte, in meinem Bett. Ich hatte ihr das rote Kleid ausgezogen und ihr meine Kleidung angezogen. Ihr Gesicht war noch immer kalkweiß, doch das Blut war von ihrem Körper verschwunden.

Mein Blick glitt immer wieder zu dem Eimer mit Wasser, der neben dem Bett stand. Ich war kurz zuvor einfach viel zu müde gewesen, ihn weg zu bringen. Das Wasser war ganz rot von all dem Blut, dass ich ihr mit einem weichen Schwamm von der Haut gewaschen hatte. Die Wasseroberfläche glitzerte im Kerzenlicht und schimmerte rot. Das Rot reflektierte das Licht auf eine komische Art und Weise. Es blendete nicht beim Hinsehen und doch konnte man nicht länger als ein paar Sekunden hinsehen. Es hatte eine beruhigende Wirkung auf mich, was mir irgendwie Angst machte..

Sie hatte, während ich sie langsam gesäubert hatte, nicht eine einzige Reaktion gezeigt. Meine Mutter stand währenddessen in meiner Zimmertür und hatte uns beobachtet. Ich fühlte mich so verloren und nutzlos, denn mehr als das konnte ich nicht für sie tun.

Als ich gerade den Schwamm auswand und das warme Wasser das erste Mal über meine kalten Hände lief, hatte mich meine Mutter gefragt, wer sie war. Ich sah auf meine Hand hinab, die den Schwamm hielt und folgte mit meinem Blick dem Schwamm, als er langsam, von meiner Hand geführt, über ihre Wange strich und Rinnsale an Blut hinterließ. Das getrocknete Blut war schwer zu entfernen. Ich antwortete meiner Mutter nicht sofort. Sie sagte auch kein Wort.

Meine Hand tauchte wieder in das Wasser ein und färbte es rosa. Wieder strich ich mit dem Schwamm über ihre Wange. Wieder tauchte ich den Schwamm ein. Das Rosa wurde dunkler.

Erst, als auch ihr Hals sauber war und meine Hände ein letztes Mal in das schon dunkel gewordene Wasser tauchten, begann ich zu sprechen.

Das ist Moon.', sagte ich leise.

Das Blut hinterließ Rinnsale auf meiner Haut, als ich den Schwamm aus dem Wasser hob. Unter meinen Fingernägeln hatte das Blut rote Farbe hinterlassen.

Ich habe nicht gefragt, wie sie heißt. Ich will wissen, WER DAS IST.'

Meine Mutter klang fordernd. An ihrem Unterton konnte ich erkennen, dass sie es schon wusste. Sie wollte es nur noch einmal aus meinem Mund hören.

Ich seufzte und ließ den Schwamm ein letztes Mal über ihren Arm gleiten, auf dem das Dunkle Mal jetzt mehr als sichtbar prangte. Dann ließ ich ihn in den Eimer fallen. Mit einem leisen Plätschern schwappte etwas von dem Wasser auf dem Steinboden meines Zimmers. Es war kalt geworden.

Mein Blick folgte den Windungen der Schlange nach oben, strich über ihre Schultern, ihren Mund, ihrer Nase und endete schließlich bei ihren geschlossenen Augen. Sie sah so friedlich aus..

Sie ist die Tochter von Gabriel und Katherine.', sagte ich leise. Meine Stimme war so voller Schmerz, dass man es deutlich hören konnte. Ich hatte unglaubliche Angst vor der Reaktion meiner Mutter.

Doch meine Mutter sagte kein Wort. Ich hörte, wie sie in den Raum trat und die Eichenholzür hinter sich schloss, doch ich sah sie nicht an.

Draco.', flüsterte sie, ‚Ich habe dich noch nie so gesehen.'

Ihre Stimme klang ebenfalls schmerzvoll, so, als ob sie tatsächlich traurig war. Ich griff nach Moon's Hand, die jetzt eiskalt und reglos in meiner lag. Wüsste ich nicht, dass sie noch am Leben war.. Sie sah aus und fühlte sich an wie tot. Einzig und allein ihre Wangen verrieten, dass noch Leben in ihr war, denn sie hatten etwas Farbe. Vielleicht war es aber auch nur Blut, dass noch auf ihrer Haut zurück geblieben war.

Ihre langen, roten Haare fielen ihr in Locken über die Schultern. Sie sah aus, wie diese Prinzessin, aus den Muggel-Märchenbüchern, die meine Mutter mir früher immer vorgelesen hatte, wenn mein Vater nicht da war. Ich musste unwillkürlich lächeln. Sie sah aus wie Schneewittchen, nur mit roten Haaren. Dann überkam mich wieder das beklemmende Gefühl der Angst und ich spürte, wie mein Herz sich in meiner Brust zusammenzog.

Bitte zwing mich nicht dazu, sie zu verlassen. Ich kann nicht ohne sie leben.'

Meine Stimme zerschnitt die Stille zwischen uns. Ich hörte meine Mutter leise atmen, wenn auch jetzt etwas lauter als zuvor. Mein Kopf war gedankenleer, all meine Sinne richteten sich auf Moon.

Als meine Mutter nicht antwortete, drehte ich mich zu ihr um. Sie stand da und weinte. Sie sah gebrochen aus. Sie war nicht im Stande gewesen, ihre Familie zu beschützen. Ihr Leben lang hatte sie ihrem eigenen Pfad gefolgt und erst jetzt erkannt, dass es der Falsche war. Sie bereute es. Mein Vater war ihr nie eine Hilfe gewesen. Sie hatte sich jeden Tag bemüht, mir eine gute Mutter zu sein und meinen Vater zu ersetzen, der unsere Familie mit seinen Machenschaften immer mehr zerbrach. Und jetzt musste sie zusehen, wie ich in all das hineingezogen wurde und jede Minute mehr dagegen ankämpfte, so zu werden, wie mein Vater.

Plötzlich sah sie vom Boden auf und mir direkt in die Augen.

Dein Vater hat die Antworten, nach denen du suchst.'

Ich starrte sie einfach nur an. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich wusste, dass das hier kein Zufall war. Ich hatte Angst, mehr darüber heraus zu finden. Ich wollte es, doch wollte es auch nicht. Ich wollte nichts kaputt machen. Ich hatte das Gefühl, dass, wenn ich mit meinem Vater sprechen würde, alles kaputt gehen würde. Dass all das, wovon ich dachte, dass es echt wäre, nur eine Seifenblase war. Ich wusste, dass wir uns hier etwas vorspielten. Ich wusste es tief in mir.

Ich werde jetzt gehen. Dein Vater wird wollen, dass sie verschwindet. Ich werde versuchen, mein Bestes zu tun. Dein Freund liegt im Gästezimmer.'

Dann verschwand sie tatsächlich und ich war alleine. Alleine mit einem Geist.

Selenophile. [Draco Malfoy] GERMANWhere stories live. Discover now