Erinnerungen

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Dienstag, 13. September 2022

Als ich heute aufwachte hatte ich eine richtige scheiß Laune. Ich fühlte mich mies und ertappte mich selbst bei dem dämlichen Wunsch wieder ein Kind zu sein, damit ich einfach zu meiner Mutter gehen könnte um alles an Sorgen und Kummer weg geknuddelt zu kriegen.

Ich blieb mit der Decke über den Kopf gezogen liegen, doch dann passierte etwas ganz komisches.
Meine Zimmertür ging auf und ich hörte deutlich, wie jemand hineinschlich. Das irritiere mich, denn eigentlich gab es niemanden im Palast, der es auch nur wagen würde ohne anklopfen mein Zimmer zu betreten.
Und wenn es niemand vom Hof war?
Oh Gott, werde ich schon wieder entführt?
Jemand zog mir ruckartig die Decke weg.
Ich schrie auf.
,,BOO!", rief die Person die über mir beugte.
Und mir stockte der Atemn.

Über mir beugte ein Junge und obwohl ich erst dachte, dass es Cheka sei, war der Junge doch ziemlich älter. 14 oder 15 vielleicht. Rot-gelbe Haare, braune Augen und eine, für savannaenverhältnisse unübliche, eher helle Haut.
,,Nana, du musst aufstehen! Papa sagt, wenn du in fünf Minuten nicht am Tisch sitzt, zieht er dir die Ohren soooo lang!"
Dabei zog der Junge mir an den Ohren, dass mir die Tränen in die Augen stiegen. Er hatte nicht Mal fest gezogen, aber ich schien irgendwie... empfindlicher zu sein.
,,Was..", begann ich, unterbrach mich aber selbst, geschockt davon wie jung meine Stimme sich anhörte. Ich wagte es kaum, doch ein Blick nach Rechts zum Spiegel bestätigte alle meine Befürchtungen.
Der Leona den ich im Spiegel sah, konnte nicht älter als 5 sein.

,,Farena?!", platzte es aus mir heraus. Der Junge runzelte die Stirn. ,,Na wer denn sonst? Träumst du etwa noch? Komm, du kannst auch im Schlafanzug frühstücken." Er hob mich hoch, als ob es ein Kinderspiel wäre und brachte mich in den Speisesaal.
Wow. Ich hatte völlig vergessen wie es war, bevor mein Vater krank wurde. Da haben wir als Familie im Speisesaal gegessen. Farena setzte mich an meinem Platz, gegenüber von Mama, und nahm dann neben mir Platz.
,,Glück gehabt, junger Mann", brummte mein Vater mit einem Blick auf seine Uhr, bevor seine Miene sich etwas erhellte. ,,So und jetzt sollten wir schnell essen. Nachher geht es an den Strand!"

Während Farena sich vorfreudig über sein Frühstück hermachte, war ich verwirrt. Bin ich über Nacht durch die Zeit gereist? Is this the work of an enemy stand?
Egal, vorhin habe ich mir noch gewünscht wieder Kind zu sein, also nutze ich das voll aus!

Ich habe vergessen was für eine wunderbare Frau meine Mutter gewesen ist, bevor die Depressionen sie gepackt haben. Sie war so liebevoll und doch respekteinflößend streng. Als ihre Finger die Sonnencreme mit sanften Druck auf meiner Haut verteilte und der Geruch der Creme mir in die Nase stieg, hatte ich den größten Nostalgie Kick ever. Sie beendete ihr tun mit einem Cremetipper auf meine Nasenspitze, bevor sie mich rüber zu Papa schob und Farena die Sonnencreme gab. Der konnte das mit 15 immerhin selber.
Papa blies meine rosa Schwimmflügel auf und ich konnte es mir einfach nicht verkneifen...
,,Papa, wieso sind eigentlich alle meine Sachen pink?"
Er schloss das Luftventil des Flügels, nahm mich in den Arm und sagte: ,,Weil Mama und Papa ein Mädchen erwartet habe und ich es nicht einsehe alles noch Mal in blau zu kaufen, wo blau vor zweihundert Jahren sowieso eine Mädchenfarbe war und pink nicht. Und jetzt ab ins Wasser mit dir."
Ich hörte noch wie Mama Papa anschrie, bevor Farena mich am Arm fasste und mich zum Wasser führte.
Wir planschten nah am Strand, wie Kinder es nun Mal taten, doch spätestens als ich den schlammigen Boden nur noch mit den Zehnspitzen berührte merkte ich, dass wir uns weitef vom Ufer entfernten als wir sollten. ,,Zu weit", sagte ich nur und wies mit einem Nicken auf den Wasserspiegel, der Farena schon bis zur Hüfte reichte, mir allerdings bis zum Hals.
,,Ach was, Mama und Papa streiten. Die kriegen das gar nicht mit, wenn wir zu weit drausen sind. Außerdem hast du doch deine Schwimmflügel. Wolltest du nicht ohnehin lernen ohne sie zu schwimmen?"
Ich schluckte. Mir wurde auf einmal wieder bewusst was für ein Draufgänger mein Bruder früher noch gewesen war. Am liebsten würde ich die Faust heben und sagen "Ich komme aus der Zukunft und bin eigentlich 22 Jahre alt. Zurück ans Land mit dir!" Aber Mal abgesehen davon, dass er mir nicht glauben würde, glitt mir kein Wort über die Lippen. Als würde meine Zunge sich weigern auch nur ein Wort darüber zu verlieren dass ich in Wahrheit kein Kind war.

Bevor ich noch irgendwas sagen konnte, hatte mein Bruder mir die Schwimmflügel runtergerissen und da mein kleiner Körper sich nicht mehr über der Oberfläche halten konnte, versank ich nun auch bis zu Unterlippe im Wasser. Wenn ich versuchte zu sprechen, floss mir das salzige Wasser bereits in den Mund und ich begann zu husten.

Ich dachte Babys könnten gut schwimmen.
Aber da falle ich mit 5 vermutlich nicht mehr rein.
,,Farena, ich kann nicht-", in dem Moment brach eine Well über uns. Sie war nicht sonderlich groß, bloß eine Wölbung in der Wasseroberfläche, aber es riss mich von den Füßen und zog mich unter Wasser. Ich strampelte und ruderte mit Armen und Beinen, doch ich verlor die Orientierung und spürte, wie mir die Luft ausging.

Das nächste was ich wusste war, dass Papa mich aus dem Wasser zog, Farena am Arm packte und uns Beide zurück zu Mama brachte. Sie nahm mich auf den Arm, wickelte mich in ein Handtuch und hielt mich fest ihm Arm, doch was damals meinen Kinderverstand völlig eingenommen hatte, konnte meinen erwachsenen Verstand nicht täuschen. Ich sah aus den Augenwinkel wie Papa meinem Bruder eine scheuerte. Und ich rede nicht von einem leichten Klaps, ich rede von einer harten Backpfeife. Der Abdruck seiner Hand wollte einfach nicht verschwinden. Papa führte Farena weiter weg von uns doch komischer Weise verstand ich trotzdem was er sagte.
,,Ich will soetwas wie da gerade eben nie wieder erleben. Erst schleichst du dich zum Elefanten Friedhof, dann erwische ich dich mit Nedge und jetzt reißt du deinem Bruder die Schwimmflügel ab! Er hätte ertrinken können, falls dir das irgendwie nicht klar ist! Wie willst du dich um ein Königreich kümmern, wenn ein Fünfjähriger deinetwegen schon fast gestorben wäre, hm? Antworte mir, Farena!"
Mein Bruder antwortete nicht, doch die Stille zwischen ihn wurde von einem lauten Knall unterbrochen. Die zweite Backpfeife. Mamas Arm legte sich schützend über meine Ohren, doch ich hörte alles so klar, als würde es sich in meinem Kopf abspielen.
,,Das wird ein Nachspiel haben, Freundchen. Leonas Geburt war Enttäuschung genug, da musst du nicht auch noch Probleme machen. Abmarsch jetzt!"

Mein Atem stockte, als die Beiden zu uns zurückkamen und ich war so froh in diesem Momemt von meiner Mutter gehalten zu werden.
Als mein Vater krank und meine Mutter depressiv wurde, hat Farena sich meiner Erziehung angenommen und ich wurde selten, aber oft genug, von ihn als Erziehungsmaßnahme verprügelt. Ich habe mich manchmal sogar dabei ertappt wie ich Cheka auf Verletzungen kontrollierte, aber mein Bruder würde seinem Sohn nie was antun, weil er ein völlig anderer Mensch ist als damals. Er hat es geschafft sich von Papas Einfluss loszulösen. Er hat es geschafft seinem Peiniger zu verzeihen und ihn mit seiner Magie am Leben zu erhalten.

Als ich in meinem Bett aufwachte und wieder in meinem erwachsenen Körper war, wusste ich, dass es bloß ein Traun war. Bzw. Erinnerungen im Traum. Dennoch, es hat mich ziemlich mitgenommen.

Diary of a wimpy hoeWhere stories live. Discover now