Burning Oaths at the Beach of Pearls

Ziel

Das Café war immer ihr Treffpunkt nach der Schule gewesen. Kaoki war lange nicht mehr hier gewesen. Ab und an hatte er sich einen To Go Kaffee geholt, aber hingesetzt und Kaffee und Kuchen hatte er Ewigkeiten nicht mehr genossen. Das letzte Mal war er tatsächlich mit Brynn hier gewesen... Er sah sich um und entdeckte den anderen - an ihrem Stammplatz. Ein Lächeln legte sich auf sein Gesicht. War er also nicht der einzige, der nostalgisch war, ja?

Er hatte zugestimmt, hatte sich einladen lassen auf ein Date mit seinem Ex-Freund. Wie merkwürdig dies bereits in seinen Gedanken klang... nicht auszumachen, wie schräg es klingen mochte, wenn er es laut aussprechen würde. Kein Wunder also, dass sein Zwillingsbruder nur die Augen verdreht hatte, als er von seinen heutigen Plänen berichtet hatte. Doch nun stand er hier. Dieses kribbelige Gefühl in seinem kaputten Knie verspürte er immer in Situationen, in denen er nicht einzuschätzen vermochte, was auf ihn zukam. Allerdings war es hier Brynn, der ihn erwarten würde... Der Mensch, den er neben seinem Bruder am besten kannte. Warum also war er nervös, wie am ersten Tag?

Als Brynn ihn schließlich entdeckte und ihm freudig lächelnd winkte, beschleunigte er Kaoki Schritte. "Hey!" Irgendwie erschien ihm der Brünette überrascht und die Begründung erhielt Kao prompt. "Ehrlich gesagt, dachte ich du würdest noch absagen." Brynn stand auf, schüttelte den Kopf, so als würde er sich selbst für diese Erwartungshaltung schelten wollen und schloss ihn dann wie selbstverständlich in die Arme.

Kaoki schluckte. Die Nähe... tat unglaublich gut. Er sank förmlich in die Umarmung des anderen. Ihm stieg der frische, kühle, ja, minzige Duft in die Nase, welcher so charakteristisch war für Brynn. Nach all den Jahren der Trennung trug er also noch immer das gleiche Parfüm.

Nach ein paar Herzschlägen lösten sie die Umarmung, die für zwei Freunde definitiv zu intim gewesen war. Verlegen ob der voran gegangenen Situation strich er sich die blonden Haare zurück, welche er heute offen trug. Kao erinnerte sich daran, dass Brynn es geliebt hatte ihm durch das Haar zu streichen. Nun war es ein paar Zentimeter länger geworden und reichte ihm mittlerweile bis zu den Schultern.

Kaum merklich zitterten Brynns Hände als er den zweiten Stuhl am Tisch zurückzog und Kaoki bat sich zu setzen. "Lava Cake und ein Eiskaffee? Ich lad dich ein." Brynn war viel zu engagiert. Ehe er überhaupt hatte antworten können, war der andere schon am Counter um zu bestellen. Ja. Lava Cake, Eiskaffee und Brynn - alles was er brauchte für einen glücklichen Nachmittag.

Ein Nachmittag, der in den Abend überging. Die Sonne ging unter und sie hatten sich noch für einen Spaziergang entschieden. Brynn erzählte von dem Institut, seinem Stipendium, den anderen Surfern, die ihn zu Beginn alle übertrumpft hatten und dass er viel hatte dafür tun müssen sich behaupten zu können.

Ohne dass sie es geplant hatten, hatte sie ihr Weg zu einem Ort geführt, der so viele Erinnerungen beheimatete. Kao blieb vor der Treppe stehen, die 53 Stufen nach oben führte. Er wusste ganz genau wie viele es waren, weil es einen Tag gegeben hatte, an dem Brynn ihm auf jeder einzelnen davon einen Kuss gegeben hatte.

Der Brünette hatte auch innegehalten und sah ihn nun erwartungsvoll an. "Schaffst du die Treppe?" Sie führte hinauf auf einen kleinen Platz bunter Fliesen, in dessen Mitte ein uralter, krummer Baum stand, in dessen Stamm so viele Paare ihre Initialen geritzt hatten - auch sie.

Er nickte und nahm die erste Stufe. Er war nicht so schnell wie Brynn, brauchte seine Zeit, aber als er bereits die Krone des Baumes erkennen konnte, war er davon überzeugt, dass es die Mühe wert gewesen war. Dies war der Ort an dem sie ihren ersten Kuss geteilt hatten, an dem sie sich nach einem blöden Streit wieder versöhnt hatten - an dem Brynn ihm gesagt hatte, dass er sich trennen wollte.

Außer ihnen war niemand hier. Eine Windböe erfasste die Blätter des Baumes und ließ ein sanftes Rauschen hören, ähnlich der Wellen des Meeres. Er hatte sich Brynn geöffnet, hatte ihm alles erzählt und hatte sich ihm anvertraut, doch der andere wusste nichts von der Angst, die er entwickelt hatte... Als er die letzte Stufe erklommen hatte, nahm er einen tiefen Atemzug und drehte sich um. Von hier aus war der Ausblick aufs Meer wundervoll. Die tieforangene Sonne senkte sich gen Horizont, spiegelte sich in der heute ruhigen Oberfläche des Ozeans. Der Sand glitzerte golden.

"Ich bin fast ertrunken." Er wusste, dass die Aussage wie ein Schlag ins Gesicht wirken musste.

Genau so als hätte er einen erhalten, sah ihn Brynn schockiert an. "Wie bitte?"

"Ich bin zu früh wieder ins Wasser, habe meinen eigenen Zustand falsch eingeschätzt. Körperlich, wie mental. Es war eine Panikattacke. Aber Meneo war da."

"Und ich nicht."

Kaoki schloss die Augen. Der leichte Wind erfasste seine Haare und wehte ihm ein paar Strähnen ins Gesicht. "Seit dem war ich nicht einmal mehr im Wasser. Nicht einmal einen Fuß hab ich ins Meer gesetzt. Ich hab tierische Angst." Als er langsam die Augen wieder aufschlug, lachte er trocken auf.

Daraufhin spürte Kaoki die sanfte Berührung von Brynns Fingern an seiner Hand und ließ sie zu. Er sah auf ihre Hände hinab und entdeckte an Brynns Handgelenk das Armband mit jener einzelnen Perle, welches er und auch sein Bruder ebenso trugen. Ein Zeichen der Freundschaft.

Wie damals verschränkten sie die Finger miteinander. Als würde eine Welle über seinem Kopf zusammenbrechen, überkam ihn das Gefühl von Geborgenheit. In seinem Leib breitete sich eine wohlige Wärme aus, die Sicherheit vermittelte. Das Gefühl von Zuhause erfasste ihn...

Kao war abgelenkt durch diesen Rausch der Verliebtheit, sodass er gar nicht merkte, wie Brynn näher trat. Erst als der andere ihn an sich zog, indem er sich ihm zugewandt und die freie Hand um seine Taille gelegt hatte, wurde er aus seinen Gedanken gerissen. Brynn hielt ihre verschlungenen Hände zwischen ihren Oberkörpern. Er neigte sich vor und als wäre es das Normalste der Welt kam Kao ihm entgegen. Ihre Lippen trafen sich zu einem Kuss, der so zärtlich und liebevoll war, wie die Küsse, die sie geteilt hatten, wenn sie einander ihre Liebe versichert hatten.
Für ihn erschien dieser Moment wie Stunden, doch in der Realität waren offenbar nur Sekunden vergangen, ehe sie sich wieder voneinander entfernten.

Nach all den Jahren war Brynns Kuss noch immer perfekt.