Ablenkung

3 0 0
                                    

Er hatte es versucht, wirklich versucht. Hin und her gewälzt, hatte er sich. Doch die Tränen hatten nicht versiegen wollen. Kein Schluchzen war ihm entkommen, kein Luftschnappen, kein Seufzen. Es war ein stummen Weinen, welches klammheimlich anfing und endete, ohne dass es jemand bemerken würde. Viele Nächte hatte er so verbracht. Unzählige. Er hatte es mit sich selbst ausgemacht, doch nach dem ungeplanten Wiedersehen mit Brynn, das seine Welt durchgeschüttelt hatte, war er heute nicht in der Lage dazu.

Kao war aufgestanden, hatte such notdürftig die Tränen von den Wangen gewischt und war dann auf leisen Füßen ins Schlafzimmer gegenüber getapst. Es war still, nur das gleichmäßige Atmen seines Bruders war zu hören. Es tat ihm leid, ihn zu stören... daher stand Kaoki ein wenig unbeholfen im Zimmer, ehe er den Mut fasste ans Bett seines Bruders zu treten. "Nene...?" Aus einer kindlichen Gewohnheit heraus nutzte er diesen albernen Spitznamen für seinen Zwilling, der nicht reagierte. Kao begann nervös mit seinen Fingern zu spielen. "Nene?

"Hm?" Meneo räkelte sich unter der Decke hervor und wandte den Kopf. Verschlafen und desorientiert, sah sein Bruder ihn an. "Kiki?" Sein eigener Spitzname aus Kindertagen... dass Neo so antwortete, erleichterte bereits ein wenig sein Herz.

"Ich hab-" Seine Stimme brach. Kaoki kam nicht dazu zu erklären, was er hier tat. Die Tränen rollten ihm übers Gesicht.

Sein Bruder musste das trotz der Dunkelheit, trotz der Schläfrigkeit erkannt haben, saß er jetzt aufrecht im Bett. "Du hast geträumt?", erkundigte er sich und Kao nickte weinend. "Komm." Wie selbstverständlich rückte Neo zur Seite und hob die Decke an, damit er zu ihm darunter schlüpfen konnte. Kaoki verlor keine Sekunde. Augenblicklich empfing ihn die Geborgenheit seines Bruders, die Wärme, das Verständnis - die Liebe. Auch wenn Neo sich zur anderen Seite gedreht hatte und er sich gerade an den Rücken seines Zwillings drückte, war er erleichtert.

"War alles etwas viel, hm?" Neos Stimme war nur ein Flüstern. "Ich versteh dich", versicherte er. "Aber du bist stark, Brüderchen. Die Abstände zwischen den Alpträumen werden immer größer und irgendwann werden sie ganz verschwinden."

Manchmal brauchte es nur die Ermutigung, die Erinnerung durch seinen Bruder, damit es ihm wieder besser ging. "Ich geh wieder zu mir..."

"Kommt nicht in Frage. Ich liege gerade ziemlich bequem. Und du hast mich geweckt, also Ruhe jetzt. Wir schlafen."

Kaoki lächelte müde. Neo sorgte sich um ihn, liebte ihn, wie es nur ein Bruder konnte... und deshalb neckten sie einander ungeschönt und konnten aufeinander zählen, obwohl sie den Abend zuvor heftig miteinander gestritten hatten.



Dieser Club bewies Geschmack, das konnte man nicht leugnen. Während die Tanzflächen unter freiem Himmel lagen, eine davon sogar auf einer Plattform, die ins Meer hineinragte, befanden sich Bar und Lounge in einem schicken, modernen Bau, der das Ambiente perfekt einfing und aufgriff. Die Laternen und Lampions strahlten ein weiches, warmes Licht ab, die hölzerne Einrichtung vermittelte einem das Gefühl Teil der Natur zu sein. Genau so etwas hatte ihr Strandabschnitt noch benötigt.

Meneo hatte eigentlich zum Ziel gehabt seinen Bruder mit einem Besuch hier von dessen trüben Gedanken abzubringen, doch wie es den Anschein machte, würde er selbst viel zu viel Spaß haben. seiner Freundin würde der Club mindestens genauso sehr gefallen, sobald sie aus dem Familienurlaub zurückgekommen war, würde er sie mit her bringen. Nun aber platzierte er sich und Kao an dem Tresen der Bar und winkte den Barkeeper heran. "Einen Caipirinha und Sex on the Beach bitte", bestellte er und der Barkeeper nickte zum Zeichen, dass er die Bestellung ausführen würde.

Es dauerte nicht lange, da wurden ihnen die Gläser gereicht und auch die Drinks schienen perfekt umgesetzt. Der Laden hatte wahrhaftig das Zeug zum Paradies.

Burning Oaths at the Beach of PearlsWhere stories live. Discover now