Kapitel 8

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BIANCA

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, hatte ich starke Kopfschmerzen und mir war schlecht. Was war gestern Abend nur passiert? Mir tat mein ganzer Körper schrecklich weh und als ich mich aufsetzte, brannte mein Unterleib wie Feuer. Was war passiert? Ich sah mich um und bemerkte, dass Hernando weg und mein Fenster offen war. Wieso war er einfach gegangen? Und wieso hatte er mich nicht geweckt? Schmerzvoll verzog ich das Gesicht, als ich aufstand und bemerkte dann etwas Seltsames auf meinem Kleid. Einen kleinen Blutfleck. Wo kam der her? Auch auf meinem Laken war ein Blutfleck, den ich aber beim besten Willen nicht zuordnen konnte. Ich war nicht verletzt. Hatte Hernando sich vielleicht verletzt? Aber wie? Hier im Bett konnte man sich doch an nichts verletzen! Oder etwa doch? Verwirrt sah ich mich um, aber es gab keinen Anhaltspunkt dafür, dass hier jemand wirklich geblutet oder sich verletzt hatte. Woher kam dieses Blut nur? Es konnte doch nicht sein, dass es Blut ohne eine Verletzung gab! Ich schüttelte den Gedanken ab. Vielleicht hatte Hernando sich ja beim Aufstehen an einem Spreisel meines Bettes geschnitten, wer wusste das schon? Möglich wäre es. Ich zog das Laken vom Bett und mein Kleid aus. Das würde ich später direkt waschen, bevor meine Familie mitbekam, was hier los war. Ich zog mir schnell eines meiner anderen Kleider an, bevor ich mir die Haare kämmte und dann nach unten ging. Mir war leicht schwindelig, aber ich versuchte so sicher wie möglich zu laufen, damit meine Eltern es nicht bemerkten. Was hatte Hernando gestern mit mir gemacht, dass es mir nun so schlecht ging? Meine Familie sah auf, als ich mich zu ihnen an den Tisch setzte.
"Amor, du siehst krank aus! Ist alles in Ordnung?", fragte Mamá besorgt nach und strich mir über die Wange, ich nickte.
"Ja, alles in Ordnung. Ich hab wohl nur schlecht geschlafen", antwortete ich ihr. "Ist nicht so wild, ich lege mich nach dem Frühstück nur lieber noch einmal hin."
"Du siehst aus, als hättest du ordentlich einen über den Durst getrunken!", wandte Sandro ein. "Sicher, dass du dir nicht von irgendwoher ein bisschen Alkohol geholt hast?" Ich schüttelte den Kopf.
"Nein", antwortete ich ihm. "Ich würde nie trinken, das wisst ihr doch!" Als ich allerdings an gestern Nacht dachte, musste ich aber zugeben, dass ich mich an nichts erinnern konnte, nachdem Hernando ins Zimmer gekommen war. Hatte er vielleicht Alkohol mitgebracht? Aber wie hatte er mich zum Trinken überredet? Ich würde doch nie trinken! Unsicher über das, was ich getan hatte, biss ich mir auf die Lippe.
"Schon gut, mi vida, es ist alles in Ordnung", erwiderte Papá und gab mir einen Kuss auf die Stirn. "Du bist doch unser braves, kleines Mädchen, wir wissen, dass du nicht trinken würdest." Ich nickte nur und kämpfte mich wieder auf die Beine. Ich musste mit Hernando reden - sofort. Ich musste zum Gasthaus gehen.
"Schon gut. Ich frühstücke später, ja? Ich... will vorher noch ein paar Sachen erledigen", meinte ich und meine Eltern nickten.
"In Ordnung, aber mach langsam, ja? Nicht, dass du draußen noch umkippst!", bat Mamá, ich nickte.
"Na klar, ich passe auf", stimmte ich zu und verließ dann das Haus. Ich musste dringend mit Hernando sprechen, denn irgendetwas stimmte nicht mit mir! Mein Unterleib brannte immer noch wie Feuer und ich wusste nicht, was das zu bedeuten hatte. Doch als ich im Gasthaus ankam und nach Hernando fragte, sagte mir der Portier, dass er keinen Gast mit diesem Namen hatte. Das war seltsam, Hernando war doch nur zu Besuch hier! Wo würde er schlafen, wenn nicht im Gasthaus? Verwirrt ging ich wieder und lief unsicher durch das Dorf. Wo sollte ich Hernando jetzt suchen? Ich setzte mich auf den Brunnen und sah mich im Dorf um, aber ich konnte ihn nicht sehen. Wo war er? War er etwa einfach weitergezogen? Hatte er mich einfach so zurückgelassen? Ich seufzte und lief zu Casita, die mir freudig die Tür öffnete, als ich ankam. Meine Freundinnen waren in der Küche und berieten sich über das Essen für den morgigen Geburtstag, als ich reinkam. Sie drehten sich um und lächelten mich an.
"Hola, Bibi! Was machst du denn hier?", fragte Julieta nach. "Willst du uns beim Backen helfen?"
"Ja, aber könnte ich euch dabei etwas erzählen?", erwiderte ich. "Es ist wichtig und verwirrt mich im Moment sehr."
"Natürlich, was ist denn?", hakte Pepa nach, während wir uns gemeinsam daran machten, den Kuchen für morgen zu backen. Ich erzählte meinen Freundinnen alles von Hernando. Von unserer ersten Begegnung bis hin zu gestern Nacht, von der ich allerdings nicht viel wusste. Ich erzählte von meinem komischen Gefühl und den Schmerzen, die ich hatte und dass ich das Gefühl hatte, irgendwie doch Alkohol getrunken zu haben. Während ich erzählte, waren die Schwestern erstaunlich still und als ich endete, schwiegen sie immer noch.
"Und? Was meint ihr dazu?", fragte ich neugierig nach, als sie einfach still blieben.
"Es... ist seltsam", murmelte Julieta schließlich.
"Seltsam? Was genau meinst du?", fragte ich verwirrt nach, während Pepa zu regnen und zu stürmen begann.
"Pepa, tu mir einen Gefallen und geh raus, ja? Du solltest dich beruhigen und das hier drin wird nichts besser machen. Du kannst ja die Blumen gießen gehen", bat Julieta, Pepa nickte stumm und ging nach draußen. Julieta seufzte, sah mich an und legte den Teig beiseite, um mich anzusehen. "Ich sage das nur ungern, aber Hernando war einer von Brunos Fantasiefreunden. Er hat ihn immer gespielt, wenn er mutig sein wollte und hat sich dazu immer seine Kapuze übergezogen. Und er war als Kind sehr in dich verliebt, Bibi. Was mich aber noch zusätzlich stutzig macht, ist, dass du getrunken haben könntest. Bevor Bruno damals als Kind verschwunden ist, hat er in der Nacht zuvor Aguardiente getrunken, weil die Leute im Dorf ihn einen Teufel genannt haben. Aber er kann es nicht sein, er würde nicht zurückkommen, das weiß ich. Es gibt also einen Nachahmer im Dorf, der so tut, als wäre er Bruno. Wir lassen uns davon nicht beirren, ja? Versuch ihm die Kapuze abzuziehen, wenn du es kannst. Wir müssen wissen, wer uns da so eine Angst macht." Ich schüttelte den Kopf. Niemand aus dem Dorf würde so etwas tun! Hernando war einfach nur einsam und beschämt wegen seiner Narbe! Ich wollte ihn nicht damit verletzen, in seine Privatsphäre einzudringen!
"Das kann ich nicht, Julieta. Er ist so beschämt wegen der Narbe im Gesicht und ich will nicht, dass er sich verletzt fühlt", wandte ich ein. "Und niemand hier würde Bruno nachmachen! Das kann auch niemand! Das ist sicherlich nur ein großer Zufall, da bin ich mir sicher!"

The evil within Where stories live. Discover now