Kapitel 4

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BIANCA

In der Nacht hatte ich von Hernando geträumt. Ich wusste nicht wieso, aber jedes Mal, wenn ich an ihn und seine charmante Art dachte, hatte ich eine Million Schmetterlinge im Bauch! Hatte ich mich etwa in ihn verliebt? In jemanden, den ich nur flüchtig gesehen hatte? Irgendwie schon, ja. Dios, das konnte doch nicht wahr sein! Ich seufzte leise, als ich morgens aufstand. Ich hatte aber definitiv die ganze Nacht lang von ihm geträumt, so viel stand fest! Und diese Träume waren keinesfalls schlecht gewesen, im Gegenteil! Ich zog mir mein blaues Kleid über, flocht mir die Haare zu einem Zopf und ging dann nach unten, um Mamá beim Frühstück zu helfen, die sicherlich schon wach war. Als ich runterkam, stand meine Mutter tatsächlich schon in der Küche und bereitete das Frühstück vor. Ich sprang die letzten paar Stufen der Treppen hinunter und ging zu Mamá, um ihr einen Kuss auf die Wange zu geben.
"Buenos, Mamá!", sagte ich. "Kann ich dir helfen?" Mamá lächelte mich an.
"Guten Morgen, amor. Ja, du kannst schon einmal den Tisch decken, wenn du möchtest. Ich muss mich nach dem Frühstück sofort ans Nähen machen, es gibt wieder eine Menge Leute, die Kleider bestellt haben! Wieso bist du eigentlich so gut drauf? Sonst bist du morgens doch immer so müde!", fragte Mamá verwirrt nach, ich zuckte die Schultern und nahm die Teller aus unserem Schrank.
"Ach, ich hab einfach nur gut geschlafen", wich ich aus, weil ich meiner Mutter nur ungern sagen wollte, dass ich mich in einen Jungen verliebt hatte, den ich kaum kannte! Sie würde das sicherlich nicht gutheißen und dann würde sie mir verbieten, Hernando heute zu sehen! Das konnte ich nicht zulassen, ich wollte ihn unbedingt wiedersehen! Er war gestern so charmant gewesen und ich wollte unbedingt weiter mit ihm reden! Egal über was! Mamá musterte mich.
"Ach ja? Du wirkst so aufgeblüht!", hakte sie weiter neugierig nach, ich zuckte nur wieder die Schultern und holte nun die Gläser.
"Tja, was so ein bisschen Schlaf alles bewirken kann!", wehrte ich ab und legte nun auch noch das Besteck auf den Tisch. "Später gehe ich übrigens zu Julieta und Pepa."
"Ich weiß, mach das nur. Viel Spaß euch."
"Danke, Mamá. Den werden wir haben."
Wenig später schlich ich mich aus dem Haus, um zum Café zu gehen. Ich hatte keinem in meiner Familie von Hernando erzählt, aber Julieta und Pepa würde ich es später erzählen. Sie würden sich sicherlich für mich freuen! Hernando saß mit aufgezogener Kapuze an einem Tisch, als ich dazukam und mich zu ihm setzte. Ich lächelte ihn an, er erwiderte das Lächeln, als er mich sah. Ich konnte wieder einmal nicht viel von seinem Gesicht erkennen, nur seinen Mund. Diese Narbe musste ihn wirklich beschämen, wenn er sein Gesicht nicht zeigen wollte! Der Arme! Was wohl bei ihm vorgefallen war?
"Hola. Na, wie war deine Nacht?", fragte ich ihn und versuchte mir nicht anmerken zu lassen, wie verwirrt ich wegen seiner Kapuze war.
"Sehr gut, nur etwas einsam. Und deine?", erwiderte er und griff über den Tisch, um meine Hand zu drücken. Ich musste verlegen lächeln, ließ aber zu, dass er meine Hand nahm.
"Auch sehr gut, aber wie deine recht einsam", gab ich zu und drehte mir nervös eine schwarze Strähne um meinen Finger.
"Ein so hübsches Mädchen wie du, sollte sich niemals einsam fühlen", wandte er ein und gab mir einen Kuss auf den Handrücken. Er hatte einen leichten Oberlippenbart, der meine Haut kitzelte, und den ich gestern gar nicht bemerkt hatte. Ich kicherte leise.
"Das ist sehr lieb von dir zu sagen, aber wie soll ich nachts denn nicht einsam sein? Jeder schläft alleine in seinem Zimmer", erwiderte ich verwirrt, er lachte leise.
"Das muss doch aber nicht sein", widersprach er mir. "Wenn du dich nachts einsam fühlst, dann komme ich gerne zu dir." Bitte? Ich sah ihn überrascht und mit großen Augen an.
"Du? Zu mir? Nachts? In mein Bett?", fragte ich verwirrt nach, er lachte über meinen perplexen Blick und nickte.
"Natürlich, warum auch nicht? Oder möchtest du mich etwa nicht bei dir haben?", erwiderte er neugierig und ich hatte das Gefühl, einen brennenden Blick auf mir zu spüren, der mir signalisierte, dass es nur eine richtige Antwort gab. Aber die hätte ich sowieso gegeben.
"Doch, natürlich, am liebsten jeden Tag! Aber nachts... ich weiß nicht! Das ist doch gegen die Regeln und meine Eltern wären auch nicht begeistert davon", wandte ich besorgt ein.
"Müssen sie es denn wissen? Wie wäre es damit? Wir probieren es für eine Nacht und zur Not nehme ich alle Schuld auf mich. Ich komme heute Abend vorbei, verriegele dein Fenster nicht", sagte er und bevor ich reagieren konnte, stand er auf und gab mir einen Kuss auf die Stirn. "Bis dann, mi vida. Wir sehen uns heute Nacht."

The evil within Where stories live. Discover now