6. Kapitel

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Ruckartig drehte ich mich um. Allerdings hielt sich meine Überraschung in Grenzen, als ich sah wer sprach. War ja klar. Warum konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen?

"War ja klar, dass du das so sehen musstest", schnaubte ich. Ich hatte ganz bewusst sein Titel weggelassen. Er sollte merken das ich ihn nicht respektierte und fand er hätte seinen Titel nicht verdient.

Kronprinz Lorcan und sein Bruder Yorán standen vor mir. Beide trugen keine Hemden und ihre Hosen saßen tief auf ihren Hüften. Doch während mich Lorcan mich mit einem undefinierbaren Blick musterten, strahlten Y oráns Bewunderung aus. Ihre verschwitzten Oberkörper glänzten in der Sonne.  Aber ich gönnte es Lorcan nicht, weiter seinen muskulösen Oberkörper zu mustern und konzentrierte mich stattdessen auf Yorán. Er hatte ein Shamshir in der rechten Hand, war aber gerade dabei es auf dem Waffengestell wieder an seinen Platz zu legen. Dabei versuchte ich nicht zu auffällig seinen braun gebrannten Rücken anzustarren, dass Spiel seiner Rückenmuskeln, wenn er sich bückte. Als hatte er bemerkt wie ich ihn ansah, schoss sein Blick zu mir. Seine Augen funkelten und er griff zu den Kunai. Mit großen Schritten nahm er sich den Platz links von mir. Ren trat eilig ein Schritt zurück. Er hob zwei Finger an die Augenbraue und salutierte mir frech zu, dann verschwand der Soldat in Richtung der Übungsplätze.

Ich drehte mich wieder zu meiner Zielscheibe und griff nach einem Wurfmesser. Ich warf es in die Höhe und fing es mit einer geschickten Bewegung wieder auf. Winkelte mein Arm und machte mich bereit zu werfen, dabei umklammerte ich den Griff des Messer, dass es wehtat.

"Hör nicht auf ihn", flüsterte mir Prinz Yorán zu. "Er ist nur neidisch, weil er es selbst nicht so gut kann"

Ich hörte Schritte rechts von mir und bemerkte, wie Illias näher zu uns rückte. "Er hat Recht"

Ich war überrascht, dass Illias so frei mit den Prinzen sprach. Er musste eine hohe Stellung innehaben. Wieder einmal fragte ich mich, wer er eigentlich war.

"Was gibt es da so zu tuscheln? Weitermachen!", donnerte Alváro, der uns weiterhin fest im Blick behielt.

Ich warf mein Messer, es klirrte als es direkt neben den anderen landete. Illias zog eine Augenbraue in die Höhe, was seine unterschiedlichen Augenfarben betonte. Er konnte nicht älter als dreiundzwanzig sein.

 Er warf sein Kunai und verfehlte wieder das schwarze. Der schwarzhaarige Junge lief zur Zielscheibe und zog alle Messer heraus. Er versicherte sich mit einem Blick zu mir, dass ich nicht werfen würde, dann ging er zu meiner Scheibe vor und packte sich anschließend alle und kam wieder zu uns.

Ich flüsterte seinen Namen, um ihn auf mich aufmerksam zu machen. Mit einem fragendem mhm wandte er sich mir zu. "Du...Deine Ausgangsposition ist falsch"

"Stell deine Bein so hin und geh leicht in die Knie.", ich machte ihm alles vor. " Jetzt mach das Handgelenk ganz locker, nimm die Schulter zurück und werfe wenn du ausatmest"

Ich warf mein Messer. Als Illias wieder sah wie es die Mitte traf, folgte er meinen Beispiel. Auf seine Bitte hin, warf ich noch ein Kunai für ihn. Ein kleiner freudiger Schrei entschlüpfte mir, als das Kunai sich in den Griff des vorherigen Messers bohrte.

"Das wird jetzt unangenehm", lachte er.

Dann hob er sein Arm und warf es beim Ausatmen. Die Klinge bohrte sich in den innersten Ring. Nicht schlecht. Ich lobte ihn.

"Woher kommst du eigentlich?", fragte ich ihn.

"Aus Lichelle. Ellesmere", erklärte er. Ich erstarrte.

Als wüsste ich nicht, welche Stadt das ist. Noch immer löste der Name, meiner alten Heimat Angst und Verwirrtheit in mir aus. Vor zehn Jahren war König Elgan von Kestramore mit seinen Armeen einmaschiert ist, zehn Jahre seit ich nun in diesen Land war, zehn Jahre seitdem die Königsfamilie unauffindbar war. Warum hatte ich überhaupt gefragt? Ich hätte es nicht tun sollen.

"Aurora?", Illias Stimme holte mich wieder aus meinen Gedanken.

"Ich...Ja?", ich räusperte mich. Versuchte den Kloß in meinen Hals wegzubekommen.

"Alles okay?", fragte er mich besorgt.

"Ja. Ja, alles gut", tat ich seine Bedenken ab.

"Woher kommst du denn?", erkundigte er sich. Schaute mich dabei aber nicht an.

"Aus Lichelle. Ellesmere", wiederholte ich seine Worte.

Er hielt inne. Sein Arm der schon in der Luft hing und bereit zu werfen war, erstarrte. Er wurde blass. Dann huschten seine weit aufgerissenen Augen zu mir. Er musterte mich von Kopf bis Fuß, als sähe er mich aus anderen Augen. Dabei murmelte er unverständliches Zeug und wich ein Schritt zurück.

Ich trat ein Schritt auf Illias zu. Meine Hand zu ihm ausgestreckt. Doch dann ballte ich die Faust und zog sie zurück. Als ich den Mund aufmachen wollte, um ihn diesmal zu fragen was los war, kam plötzlich eine zierliche Dienerin auf mich zu.

Stolpernd kam sie vor mir zu stehen. "A-Aurora?", fragte sie mit leiser Stimme, sodass ich Probleme hatte sie zu verstehen bei dem Lärm hier.

Ich nickte. Doch sie sah nicht erleichtert aus, sondern wischte sich mit einer Geste den Schweiß von der Stirn. Dann schaute sie mich mit großen Augen an. Ihre Hand zitterte und sie griff in den Stoff ihres braunen Kleides, um es zu verstecken. Dann dämmerte es mir, sie hatte Angst vor mir. Auch wenn das nicht neues war schmerzte es jedesmal. Ich konnte ja nichts dafür eine Latheia zu sein.

Die gefürchteste der Magistraemagien. Insgesamt gab es fünf verschiedene Gaben. Dabei waren die letzten, die stärksten und seltensten Gaben. Die Hera - konnten Gefühle und Auren der Menschen sehen ; Die Morphae - sie konnten Gedanken lesen; die Letra - sie waren Vertraute und könnten sich in ein Tier verwandeln; die Phais - sie konnten Gegenstände durch die Kraft ihrer Gedanken bewegen (Telekinese) und zu letzt die Lethais - wir konnten mit nur einer Berührung das Ende eines jeden Menschen vorraussehen.

Dabei hatten alle Magistrae - so war der Name für uns Magiekundigen - eine Gemeinsamkeit: alle Gaben erforderten ihren Tribut. Die Hera erblindeten schnell, sodass sie keine Gefühle mehr sehen konnten, die Morphae wurden schnell verrückt, weil sie nicht mehr wussten, ob es ihre Gedanken waren die sie im Kopf hörten oder gestohlene, die Letra starben oft an Altersschwäche, die Phais erschlugen sich, im Schlaf oder sogar wenn sie wach waren, selbst, weil sie ihre Gedanken nicht unter kontrolle bringen konnten und Lethais - ich - bekamen bei jeder Vision Narben auf der Haut. Male der Erinnerungen, wie ich sie immer nannte. Außerdem passierte es nicht selten das wir uns an unsere Vergangenheit nicht mehr erinnern konnten, dass wir Lücken im Gedächnis hatten. Dazu kam das wir schnell paranoid wurden, wenn wir unseren eigenen Tod sahen.

"...Königin Eretia wünscht Euch zu sehen", holte mich die Stimme der Dienerin wieder aus meinen Gedanken. Benommen schüttelte ich den Kopf.

"Jetzt sofort?"

"Ja. Sie hat ausdrücklich darauf bestanden, dass sie jetzt kommen."

Ich nickte und bedankte mich bei ihr. Sie beachtete es nicht und war schneller wieder weg als ich auf Wiedersehen sagen konnte.





Die Gabe der Aurora ~ stolen memoriesTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon