5. Kapitel

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Ich sah an mir herunter und wusste nicht wie ich mich fühlen sollte. Mein neuer Anzug hüllte mich hauteng von Oben bis Unten in schwarz ein. Es war zwar so wiederstandsfähig wie Leder, aber eindeutig ein anderer Stoff. Beim anziehen konnte ich spüren das auf jeden Fall Messer eingearbeiten wurden. Beim späteren testen fand ich auch heraus wo. Wenn ich die Waffen ziehen wollte musste ich den Arm nach unten schwingen und das Handgelenk einknicken. Das verschwinden der Klingen war ein bisschen komplizierter. Dass Handgelenk musste man nach oben abwinkeln und einen bestimmten Druckknopf drücken. Wortwörtlich fühlten sich die verborgenen Klingen an meinen Unterarmen wie die Verlängerung meiner Selbst an.

Auf dem Weg zum Trainingsplatz konnte ich den gezackten Rand meine Stiefel fühlen. Perfekt zum klettern. Meine Zwillingsschwerter waren auf auf meinem Rücken geschnallt, sodass mir der Griff über die Schulter ragten und ich sie sekundenschnell ziehen konnte. An meinen Hüften befanden sich links und rechts die gebogenen Messer. Den Bogen mit dem Köcher trug Illias über die Schulter.

Ich hörte schon von weiten die Geräusche von Stahl auf Stahl, die wüsten Rufen der Soldaten und das sirren von Pfeilen.

Vor mir lief Alvaro der auch seine Kampfkleidung angezogen hatte. Ebenso wie Illias neben mir. Schweigend gingen wir den Weg entlang bis sich ein riesiger Platz vor uns auf tat.

Die Soldaten waren über das gesamte Gelände verteilt und übten. Als sie bemerkten das Wesir Alvaro kam, hörten sie augenblicklich auf zu kämpfen. Stramm stellten sie sich hin, schlugen sich mit der rechten Faust auf die Brust - da wo sich das Herz befand - und verbeugten sich.

"Weitermachen", bellte Alvaro den Soldaten zu. Schnell machten sie wieder weiter. Auch wenn ich ihre Seitenblicke und das heimliche Geflüster trotzdem wahrnahm. Nur ein junger Mann mit braunen Haaren warf mir ein Lächeln zu, ehe er sich wieder abwandte und weiter Pfeile schoss.

Ich hob das Kinn, als ich etwas aus dem Augenwinkel bemerkte. Ein Gestell mit Waffen.  Zielstrebig lief ich darauf zu, ohne auf Alvaro und Illias Zustimmung zu warten. Ich näherte mich den Waffen. Auch wenn meine Kräfte schon die größte Waffe waren, war es ein Fehler diese ganzen Waffen in meiner Reichweite rumliegen zu lassen. Dölche, Schwerter, Säbel, Äxte, Degenbrecher, Nunchaku, Kampfstöcke, Speere, Wurfmesser, Wurfsterne, Degen, Armbrüste, Bögen...

Ich liebte meine Katanas und die Dölche, war aber dennoch mit all diesen Waffen vertraut. Entgegen Alvaros Erwartung, ich hätte bei den Rebellen nichts gelernt, haben sie doch auf gewisse Weise sein Unterricht weitergeführt.

"Such dir eine Waffe aus. Ich will sehen wie viel du noch weißt", befahl Alvaro. Er hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt und musterte mich ganz genau. Illias tauchte neben mir auf und schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln. Ich erwiderte es kurz.

Ich besah mir alle Waffen ganz genau. Trotz ihrer Kratzer und offensichtlichen Kerben waren alle von gediegener Qualität und blendeten mich im Licht. Ich atmete einmal tief durch und fuhr mit den Fingern über die Waffen. Ich nahm ein Breitschwert in die Hand, es war nicht unbedingt meine lieblingswaffe, aber durch die Spiegelung der Klinge konnte ich meine Katanas erkennen. Langsam legte ich das Schwert wieder beiseite und drehte mich um. Alvaros Gesicht verriet keine Regung. Ich lief zwei Schritte in seine Richtung. Noch immer keine Waffe in der Hand. War mir der Blicke der Soldaten nur allzu bewusst.

Ich griff nach hinten und zog die Zwillingsschwerter aus der Scheide. Das Geräusch das entstand, als ich die Katanas durch die Luft schwang waren wie Musik in meinen Ohren. Es waren wunderschöne Klingen, lang - für eine große Weichreite -, geschmeidig und beidhändig wie auch einhändig zu verwenden.

In der Zeit in der ich mal wieder meine Schwerter bestaunte, hatte Alvaro sich schon seine Waffen ausgesucht. Er hatte sich für ein Daishó entschieden - das bedeutet im Alynthiischen "groß-klein" und ist das Schwertpaar der dortigen Krieger. Das Daishó-Schwerterpaar bestand entweder aus dem Tachi und einem Dolch (Tantó) oder aus einem Langschwert (Katana) und einem Kurzschwert (Wakizashi). In der rechten Hand hielt er ebenfalls ein Kantana und in der linken das Wakizashi.

Die Gabe der Aurora ~ stolen memoriesWhere stories live. Discover now