2. Kapitel

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Doch ob ich will oder nicht war auch egal, als eine Wache so doll an meiner Kette zog, dass ich auf die Knie fiel. Mein Knochen gaben ein ekliges knirschen und knacken von sich. Tränen traten mir in die Augen, weil ich meine Arme verdrehen musste. Zischend holte ich Luft als die Kette sich in mein Bauch grub.

"Erheb dich", die Stimme des Königs hallte in dem Saal wider.

Schwerfällig stand ich auf wieder auf. Doch ich würde mich nicht demütigen lassen. Fünf Jahre lebte ich in diesem Schloss und genoss, die beste Ausbildung. Weitere acht Jahre wurde ich bei den Rebellen ausgebildet. Dagegen war das hier gar nichts. Trotzig hob ich mein Kinn und warf mir meine Haare über die Schulter, dabei blickte ich dem König die ganze Zeit in die Augen.

"Ich hatte doch befohlen sie herrichten zu lassen, bevor sie hierhergführt wird", donnerte König Elgan. Doch er konnte nicht so wütend sein, denn er sprach gleich weiter.

"Es wird wohl auch so gehen müssen. Sag mir, Aurora Faliq, wie gefällt es dir hier in Ketten vorgeführt zu werden, wo du doch selbst mal ein Teil davon warst?"

Seine schwarzen Augen bohren sich in meine.

"Ist ganz nett.", antwortete ich mit einem schmalen Lächeln. Rasselnd hob ich meine Hand und tat so, als würde ich meine Nägel begutachten.

"Acht Jahre hast du bei den Rebellen dort draußen im Siff gelebt. Schon komisch das man dich nie aufspüren konnte", er legte den Kopf schief und starrte mich weiter an.

"Ja, wirklich sehr seltsam"

Ich biss mir auf die Lippe, warf ihm ein selbstgefälliges Lächeln zu und rückte meine Eisenketten zurecht als würde es sich, um Goldarmbänder handeln.

Sein Gesicht zeigte keine Regung, einzig seine Augen verrieten seinen Hass. Auf mich, auf das was ich war.

Dann plötzlich erhob er sich von seinem Thron. Langen Schrittes kam er zu mir rüber.

"Wie ich sehe hast du eine neue letheia für uns gefunden, Álvaro. Sehr gut", meinte Elgan.

Letheia war das Xandrianische Wort für mich und meine Spezies. Bei uns hießen Leute wie ich, die den Tod der Menschen durch eine Berührung sehen konnten, Memoria.

"Euer Wort, mein Wille, Eure Hoheit", Álvaro senkte den Kopf.

Álvaro war früher für mich wohl die Figur eines Vaters gewesen. Er hatte am Hof immer für mich eingestanden, er schenkte mir Kleider, Schmuck und süßes, hatte immer ein Lächeln für mich übrig. Am Hof war er der Wesir, die rechte Hand des Königs und hatte das höchste Amt, neben dem des Königs.

König Elgan schnalzte mit der Zunge. Er war ein ansehnlicher Mann mit muskulöser Statur, schwarzen Haar und einen gestuzten Bart. Die Falte zwischen seinen Augenbrauen und die grauen Strähnen zeugten von seinem Alter.

Er trat näher an mich heran. Die Wachen behielten ihre Hände an ihren Schwertern und beobachteten alles mit Argusaugen. Das war auch besser so. Mit nur einer Berührung könnte ich dem König seinen Tod vorhersagen. Manche sagten Letheia könnten den Tod der Menschen sogar beeinflussen, weil wir von der Göttin des Todes persönlich verflucht waren. Ob das stimmte wusste ich nicht, aber dem König sollte etwas daran liegen es niemals herauszufinden.

"Lass mich deine Hände sehen", befahl er. Die Rücken der Männer wurden steif, leises gemurmel ertönte.

Ich runzelte die Stirn, leistete seinem Befehl aber Folge und blinzelte überrascht, als der König meine Hände ohne Handschuhe packte. Er streckte meine Arme und besah sich meiner Male. Anscheinend dachte er nicht, dass ich ihm weh tun würde. In welcher Hinsicht war egal.

Die Gabe der Aurora ~ stolen memoriesOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz